Bei einer Bürgerversammlung räumte die Stadt ein, dass Maßnahmen nicht gefruchtet hätten. Uneinigkeit bestand bei Konzepten für die Zukunft.
„So kann es nicht bleiben“Hitzige Diskussion über Kriminalität und Drogenszene auf Kölner Ebertplatz
Während der Pandemie ist die Zahl der Straftaten spürbar gesunken, doch nun ist der Ebertplatz wieder zurück in den Negativ-Schlagzeilen. 997 Delikte registrierte die Polizei im vergangenen Jahr, davon etwa zwei Drittel Rauschgiftdelikte – ähnlich viele wie 2018, als die Stadt allmählich damit begann, den verwinkelten Knotenpunkt aus den 1970er Jahren für die breite Bevölkerung attraktiver zu gestalten und den Brunnen wieder in Gang setzte. Das Projekt „Zwischennutzung“ stieß zwar auf positive Resonanz. Doch die Drogendealer scheinen aktiv zu sein wie eh und je. Das Sicherheitsgefühl vieler Anwohner ist erschüttert.
Wie sehr den Menschen des Eigelsteinviertels und drumherum das Thema unter den Nägeln brennt, zeigte die jüngste Diskussionsveranstaltung des Bürgervereins Kölner Eigelstein. Rund 300 Teilnehmer waren nach Veranstalterangaben in das Lokal „Em Kölsche Boor“ gekommen, um zu hören, was Polizeipräsident Johannes Hermanns, Stadtdirektorin Andrea Blome, KVB-Chefin Stefanie Haaks und Streetworker Stefan Lehmann vom Kölner Gesundheitsamt zum Thema zu sagen hatten.
Der Ebertplatz als Brennpunkt der Kriminalität in Köln
„Die Menschen haben teilweise Angst, wir sprechen auch von Gewalt hier“, so ein Besucher. „Es wird Jahr für Jahr und Monat für Monat schlechter“, sagte Moderatorin Ruth Wennemar: „Es sind die Begleiterscheinungen, die uns echt stressen.“ Nachts komme es zu Lärmbelästigungen, wie ein Tonmitschnitt pöbelnder Männer belegte: „Da wollen Sie nicht mehr mit dem Hund rausgehen.“ Die Probleme weiteten sich mittlerweile auf den Eigelstein und die Weidengasse aus.
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Bedrohung, Nötigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Sexualdelikte „und natürlich Rauschgiftdelikte“. Es sei überwiegend Straßenkriminalität, die auf dem Ebertplatz stattfinde, sagte der Polizeipräsident. Es handele sich um einen Brennpunkt der Kriminalität im Allgemeinen und der Betäubungsmittel-Kriminalität im Besonderen. Für Stefan Lehmann vom „Aufsuchenden Suchtclearing“ der Stadt ist der Ebertplatz allerdings kein Drogen-Hotspot. Während es etwa am Neumarkt oder am Wiener Platz auch um harte Drogen gehe, liege hier der Schwerpunkt auf Marihuana und Amphetaminen.
Aufenthaltsqualität ist laut Haaks gestiegen
Johannes Hermanns brachte viele Zahlen mit, die belegen sollten, dass „die Kollegen Tag und Nacht am Ebertplatz aktiv sind“. 2023 etwa seien an 332 Tagen Beamtinnen und Beamte vor Ort gewesen, im Schnitt gebe es fünf Einsätze pro Tag. Das „gezielte Heranführen von polizeilichen Einsatzkräften“ ermöglichten fünf Videokameras.
Erst vor wenigen Tagen machte die Polizei zusammen mit Ämtern und Behörden eine Großkontrolle. Auch künftig werde die Polizei verstärkt vor Ort sein, etwa mit Spürhunden. Stefanie Haaks verwies auf ein bis Ende März laufendes Projekt, bei dem KVB-Mitarbeiter tags und nachts in der U-Bahn-Haltestelle kontrollierten und gegebenenfalls Platzverweise aussprächen. Die Aufenthaltsqualität sei dadurch gestiegen.
Viele Teilnehmer vermissten jedoch nachhaltige Lösungsansätze. Andrea Blome räumte ein, dass die städtische Strategie der Wiederbelebung „nicht gefruchtet“ habe. Zwar sei ein siebenstelliger Betrag in die Zwischennutzung investiert worden, die unter anderem aus der Revitalisierung der finsteren Fußgängerpassage durch Kunsträume besteht, einem Biergarten und Open-Air-Aktionen. Aber auf die Drogenszene hätten die Maßnahmen keine Wirkung: „So kann es nicht bleiben.“
Die Breite der Gesellschaft kaufe am Ebertplatz Drogen
Was also tun? Die von Teilnehmern geforderte Polizeiwache vor Ort sah Johannes Hermanns kritisch. Die Videoüberwachung sei sehr wirksam, von der Wache Stolkgasse sei der Ebertplatz schnell zu erreichen. Doch auch für Streetworker Franco Clemens ist mehr Präsenz sinnvoller als Videokameras. Als „ganzheitliches“ Konzept schlug er vor, den Ebertplatz als Spielplatz umzuwidmen.
Dann gebe es rechtlich mehr Möglichkeiten, gegen Kriminelle vorzugehen. Von einem Container aus, der auch von der Polizei genutzt werden könnte, würden Streetworker dann „im Sinne des Kindes agieren“. Andrea Blome zeigte sich grundsätzlich nicht abgeneigt. Patentrezepte gebe es jedoch nicht. Auch Sozialarbeiter Stefan Lehmann sieht keine einfachen Lösungen. „Es wird immer Drogen geben, es wird immer Dealer geben, wenn die Nachfrage da ist.“ Es sei die Breite der Gesellschaft, die am Ebertplatz Drogen kaufe.
Burkhard Wennemar, Vorsitzender des Bürgervereins, zeigte sich anschließend vor allem von der Stadtverwaltung enttäuscht. Neue Lösungsansätze seien nicht präsentiert worden und Konzepte, die bereits seit einiger Zeit auf dem Tisch lägen, seien noch nicht einmal geprüft worden.