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EklatVizepräsident des Zentralrats der Juden sagt Teilnahme bei „Arsch huh“ ab – Künstler-Initiative reagiert

Lesezeit 4 Minuten
Eine Bühne mit dem Logo von Arsch Huh im Hintergrund

Kundgebung von „Arsch huh“ auf der Deutzer Werft am 9. November 2012

Abraham Lehrer und die Deutsch-Israelische Gesellschaft üben deutliche Kritik am Aufruf der gegen rechte Gewalt engagierten Künstlerinitiative.

Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln, hat am Donnerstag seine Teilnahme an der für Sonntag (3. Dezember) geplanten Friedenskundgebung der gegen rechte Gewalt engagierten Künstlerinitiative „Arsch huh, Zäng ussenander“ am Aachener Weiher abgesagt. „Ich habe gestern den Aufruf erhalten und festgestellt, dass darin nicht das steht, was ich unterstützen kann“, sagte Lehrer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Der Aufruf beginnt mit diesen Worten: „Am 7. Oktober verübte die Hamas ein Massaker an über 1200 israelischen Bürgern und nahm 220 Israelis als Geiseln. In dem darauf folgenden Krieg wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza, die unter anderem vom amerikanischen Außenministerium für glaubwürdig gehalten werden, bisher über 13.000 Palästinenser getötet, davon 5500 Kinder.“

Auch Deutsch-Israelische Gesellschaft kritisiert Arsch-huh-Kundgebung

„Ich habe meine Teilnahme zurückgezogen, weil die Veranstalter den Terrorangriff der Hamas mit der Reaktion Israels darauf gleichsetzen“, sagte Lehrer. Das von Arsch huh verwendete Logo sehe zudem aus wie eine Palästinenserflagge, die in eine runde Form gepresst wurde. „Jedes Leben, das verloren geht, ist eines zu viel“, sagte Lehrer. Das bedeute aber nicht, dass ein Massaker der Hamas und die Reaktion Israels darauf gleichgesetzt werden dürften. Völkerrechtlich hat Israel aufgrund des Terrorangriffs der Hamas ein Recht auf Selbstverteidigung.

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft AG Köln (DIG) und das Bündnis gegen Antisemitismus – BgA Köln haben ebenfalls eine Erklärung verabschiedet. „Die doppelte Solidarität mit Israelis und den PalästinenserInnen nehmen wir den Musikern nicht ab. Sie sind einseitig und ihr Aufruf unterstützt die palästinensische Forderung nach einer Waffenruhe im Gazastreifen“, teilten beide mit. Es handele sich um eine „unselige Friedenskundgebung“ des „naiven Musikerinnenbündnis Arsch huh“.

Unsere Parole lautet: ‚Lang lebe Israel!‘ – ‚Am Israel Chai!‘
Johannes Platz, DIG-Vorsitzender

„Die Deutsch-Israelische Gesellschaft AG Köln jedenfalls geht nirgends hin, wo uns das Tragen der israelischen Fahne verboten wird, ebenso wie das Rufen von Parolen. Unser Lied ist die ‚Hatikva‘, die wir mit allen singen, die mit uns solidarisch die IDF unterstützen! Unsere Parole lautet: ‚Lang lebe Israel!‘ – ‚Am Israel Chai!‘“, sagte der DIG-Vorsitzende Johannes Platz.

Arsch huh verurteile zwar pflichtschuldig den Terror und den Massenmord an 1200 israelischen Bürgern, verschweige aber, dass die weit überwiegende Zahl der Opfer Jüdinnen und Juden seien und dass die Ursache für den Massenmord in eliminatorischem Judenhass zu suchen sei. Die Zahl der Todesopfer in Gaza sei furchtbar. Die Quelle Hamas, auf die sich Arsch huh im Aufruf bezieht, sei jedoch mit Vorsicht zu genießen.

Kölner Künstler wollen sich am Nachmittag zu der Kritik äußern

„Bei der Trauer um die Toten in Gaza darf aber vor allem nicht aus dem Fokus geraten, dass die Hamas den Krieg begonnen hat und sich bewusst hinter der Zivilbevölkerung versteckt sowie versucht hat, die Flucht von Menschen in den Süden des Gaza-Streifens zu verhindern“, heißt es in der Erklärung. „Wir empfehlen allen Kölnerinnen und Kölnern, es sich zweimal zu überlegen, an dieser friedensseligen Kundgebung teilzunehmen.“

Das Organisationskomitee von Arsch huh reagierte am Nachmittag mit außerordentlichem Bedauern auf Lehrers Absage. In einer Mitteilung bezieht sich die Künstler-Initiative dabei auf Lehrers Verweis auf eine „schwierige Rednerliste“, mit der er unter anderem seine Absage begründet hatte. So sind neben Auftritten von Bands wie Brings oder Erdmöbel als Redner unter anderem Kabarettisten wie Wilfried Schmickler, Jürgen Becker sowie Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, vorgesehen.

Arsch huh bedauert Absage Abraham Lehrers

„Kann man gegen den schrecklichen und bedrohlich zunehmenden Antisemitismus in Deutschland erfolgreich kämpfen, ohne zumindest zu versuchen, den muslimischen Teil unserer Bevölkerung mit ins Boot zu holen?“, fragen die Arsch-huh-Veranstalter. Mazyek sei deshalb eingeladen worden, weil er die Muslime und Moscheegemeinden in Deutschland mehrfach aufgefordert habe, sich eindeutig gegen Antisemitismus in unserem Land zu positionieren.

Im Aufruf zur Kundgebung stehe eindeutig: „Für uns sind das Existenzrecht und die Sicherheit Israels eine dauerhafte Verpflichtung.“ Die Veranstalter weiter: „Und dazu gehört für die deutsche Gegenwart unser Bemühen, ein breites Bündnis gegen Rassismus und Antisemitismus zu schmieden. Wie schwer das ist, wird uns nun schmerzhaft bewusst. Wir würden uns freuen, wenn sich Abraham Lehrer doch noch für eine Teilnahme entscheiden kann.“

Am 9. November 1992 fand die Großveranstaltung „Arsch huh, Zäng ussenander“ erstmals als Kundgebung gegen Rassismus, Intoleranz und rechtes Gedankengut auf dem Kölner Chlodwigplatz statt. Rund 100.000 Menschen nahmen teil. Seitdem folgten mehrere größere und kleinere Veranstaltungen. Zu den Teilnehmern der ersten Stunde zählen unter anderem bekannte Kölner Musiker und Bands wie Wolfgang Niedecken (BAP), Bläck Fööss, Brings und Höhner.