Beim Jahresempfang der Synagogen-Gemeinde Köln sprachen OB Henriette Reker, Landesinnenminister Herbert Reul und Rabbiner Jechiel Brukner.
Synagogen-Gemeinde KölnEin Zeichen gegen Antisemitismus setzen
Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat der Synagogen-Gemeinde Köln (SGK) bei ihrem Jahresempfang dafür gedankt, dass sie „mit uns so großartig zusammenarbeitet“, nicht zuletzt bei der Unterbringung, Betreuung und Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine.
Diese Hilfe sei gerade in den ersten Wochen nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs, „als wir am Rande unserer Leistungsfähigkeit waren“, für die Stadt eine „große Erleichterung“ gewesen, sagte Reker beim Jahresempfang der Gemeinde in der Synagoge an der Roonstraße.
Die SGK habe über ihren Sozialdienst eine Anlaufstelle geschaffen und leiste zudem geistlichen Beistand. Bettina Levy und Felix Schotland vom Gemeindevorstand dankten ihrerseits der Stadt für „die Bereitschaft, unbürokratisch und direkt zu handeln“.
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Antisemitismus verlagert sich in den digitalen Raum
„Wir sind Vielfalt“ lautete das Motto des Empfangs. „Antisemitismus, Rassismus, Gewaltverherrlichung - die tatsächliche Bereitschaft, Gewalt auszuüben, wächst. Dagegen müssen wir alle arbeiten“, sagte Schotland.
Levy sprach an, dass sich die Probleme in die digitale Welt hinein erweitern würden, etwa durch Cybermobbing. Dem hielt Schotland die Möglichkeiten der analogen Welt entgegen: „Wir müssen miteinander sprechen, widersprechen und in die Bildung investieren.“ Reker sagte, der Antisemitismus in Deutschland stelle weiterhin eine „bedrohliche Herausforderung“ dar.
Damit meine sie nicht nur mörderische Taten, sondern auch „alltägliche Begebenheiten“. Als Beispiel nannte sie das – inzwischen aufgegebene – Vorhaben des Privatsenders RTL Zwei, Sänger Michael Wendler trotz Verbreitung von Verschwörungstheorien und Holocaust-Leugnung ins Fernsehen zurückzuholen.
Kölns OB Reker sieht „latente Bereitschaft“ zur Antisemitismus-Toleranz
Kritik übte Reker auch daran, dass Rockmusiker Roger Waters, der für die antiisraelische BDS-Bewegung wirbt, in der Lanxess-Arena auftreten soll. Sie sei „froh und dankbar“, dass der Stadtrat sich eindeutig dagegen positioniert habe.
Beide Fälle zeigten, dass es eine „latente Bereitschaft“ gebe, „den Antisemitismus hinzunehmen, solange andere Interessen überwiegen“. Doch „es kann keine Interessen geben, die über der Menschlichkeit stehen“.
„Wenn wir heute erleben, dass Polizisten und Polizistinnen vor Synagogen stehen müssen, dann kann man damit nicht zufrieden sein, dann muss einen das ungeheuer unruhig machen“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul. Er versicherte zugleich: „So lange Schutz nötig ist, werden Polizistinnen und Polizisten jüdisches Leben in Deutschland schützen.“
Die Geschichte zeige, dass Juden immer wieder zu Sündenböcken gemacht wurden, sobald die Menschen von Unsicherheit und Krisen erfasst worden seien. „Das jahrhundertealte Muster ist traurigerweise aktuell noch da“.
Herbert Reul: Rechtsextremismus darf nicht hingenommen werden
Zweierlei sei wesentlich im Kampf dagegen. Zum einen die Erinnerung an die Gräueltaten der Nazi-Zeit. Zum anderen müsse der Staat verlässlich sein und den Menschen „Geborgenheit und Sicherheit“ geben, damit sie sich nicht alleingelassen fühlten und keinen Grund hätten, nach Sündenböcken zu suchen.
Reul ging kurz darauf ein, dass „bei uns, bei meiner Polizei“ rechtsradikale Chatgruppen aufgedeckt wurden. „Das geht nicht, das darf man nicht dulden.“ Der funktionierende demokratische Rechtsstaat sei „die Bastion gegen Antisemitismus“.
Bevor Rabbiner Jechiel Brukner den Segen erteilte, kam er auf die Situation in Israel zu sprechen, wo seit Wochen Hunderttausende Demonstranten gegen die geplante Justizreform auf die Straße gehen. Die „Vielfalt der Meinungen“ sei „aktuell in Israel sehr auffällig“.
Diese Meinungen würden „lautstark und sehr leidenschaftlich geäußert“. Dies sei ein „Beweis dafür, dass die Meinungsfreiheit zur Äußerung dieser Vielfalt besteht, und das ist doch etwas sehr Positives und Schönes“.