Erneut kam es am Sonntag zu einer Gewalteskalation. Eine Clubbetreiberin sieht die Lage so angespannt wie seit Jahrzehnten nicht mehr, andere geben sich gelassen.
Nach Schüssen in Kölner DiscoDas sagen Clubbetreiber auf den Ringen über die Gewalt auf der Partymeile
Die Schüsse in einer Diskothek am Hohenzollernring am frühen Sonntagmorgen werfen erneut ein Schlaglicht auf die Gewalt auf der Kölner Partymeile. Erst vor wenigen Wochen kam es vor dem Club „Vanity“ am Hohenzollernring zu einer Explosion. Sie steht, so wie die vielen weiteren Sprengstoff-Anschläge in Köln, im Zusammenhang mit einem offen ausgetragenen Konflikt zwischen Drogenbanden. Die Schüsse im „Mio Club“ haben damit allerdings wohl nichts zu tun.
„Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es keinen Zusammenhang mit der Explosions-Serie“, sagte ein Polizei-Sprecher am Montag. Auch Verbindungen zu den Auseinandersetzungen im Rockermilieu, die am vergangenen Dienstag in einem tödlichen Anschlag auf einen 32-Jährigen vor einem Fitnessstudio in Köln-Kalk gipfelten, gebe es bisher nicht.
Gegen 4.38 Uhr fielen am Sonntag im Bereich der Garderobe des „Mio Club“ Polizei mehrere Schüsse, nachdem dort ein Streit zwischen mehreren Personen eskaliert war, so Polizei und Staatsanwaltschaft. Eine unbeteiligte Person wurde am Fuß verletzt und ins Krankenhaus gebracht. Bei dem 31-Jährigen besteht keine Lebensgefahr, hieß es weiter.
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Schüsse in Kölner „Mio“-Club: Zwei Tatverdächtige festgenommen
Beide Streitparteien flüchteten nach der Schussabgabe zunächst. Im Club wurden eine scharfe Schusswaffe vom Kaliber 22 und mehrere Projektile sichergestellt. Streifenteams nahmen dann zwei vom Tatort geflüchtete mutmaßliche Tatverdächtige nur wenig später auf der Olpener Straße in Köln-Höhenberg vorläufig fest. Bei den Festgenommenen handelt sich um einen 24-Jährigen und einen 28-Jährigen.
Wer von den beiden geschossen hat, ist noch unklar. Beide Tatverdächtige befinden sich weiterhin in Gewahrsam, so eine Polizeisprecherin am Montag. „Aktuell wird geprüft, ob sie einem Haftrichter vorgeführt werden.“ Hinweise zu weiteren Tatverdächtigen gebe es nicht. Die Ermittlungen zu den Hintergründen des Streits dauern an, so die Sprecherin.
Auch abseits des Rocker- und Drogenmilieus war der Hohenzollernring in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz von Gewalt, vor allem am Wochenende. Und oft werden die Konflikte mit Waffen ausgetragen. Seit Dezember 2021 ist der Hohenzollernring deswegen genauso wie das Zülpicher Viertel eine Waffenverbotszone. Das Mitführen gefährlicher Gegenstände wie Schusswaffen, Messer mit Klingen länger als vier Zentimeter oder Elektroschocker ist freitags, samstags und vor Feiertagen zwischen 20 und 6 Uhr untersagt.
Die Polizei kann das Verbot anlasslos kontrollieren, bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro. 2023 stieg die Zahl der sichergestellten Waffen in den beiden Zonen im Vergleich zum Vorjahr. Laut Einsatzstatistik stellten die Beamten dort 153 Waffen sicher. Das sind 20 mehr als im Jahr davor, zumeist handelte es sich dabei um Messer. 2023 kontrollierte die Polizei rund 11.000 Personen in den Waffenverbotszonen.
Kölner Clubbetreiberin hat in Sachen Sicherheit aufgerüstet
Yener Kisla ist Mitbesitzer des Clubs „Bollwerk“ schräg gegenüber vom „Mio“-Club. In seinem Club könne er nicht über Probleme mit Gästen klagen. Daher gibt es auch nach der jüngsten Schießerei keine Pläne, das Security-Personal aufstocken. „Die Polizei zeigt starke Präsenz auf den Ringen und das finde ich gut“, sagt Kisla. Sobald Gäste Stress machen, solle das Security-Personal nicht zögern und direkt die Beamten hinzuziehen, lautet die Anordnung. „Bei uns heißt es: Kontrollieren, Tür zumachen und Polizei rufen.“ Das Security-Personal solle sich erst gar nicht auf Konfrontation einlassen, „das geht meistens schief“, sagt Kisla.
Er habe sich kürzlich selbst nachts ein Bild von den Ringen gemacht. Andrang herrsche vor allem auf den Bürgersteigen, wo sich viele betrunkene Menschen tummelten. An jeder Ecke werde zudem Lachgas verkauft. „Das finde ich sehr problematisch.“ Kisla glaubt jedoch nicht, dass die Sicherheit auf den Ringen in besonderem Maße gefährdet sei. „Schießereien und Überfälle passieren überall in Köln“, so der Clubbesitzer.
Anders sieht das Claudia Wecker vom Studentenclub „Das Ding“ auf dem Hohenstaufenring. Für sie ist die Sicherheitslage am Ring schon seit Jahrzehnten nicht so angespannt gewesen wie jetzt. „Auch andere Kollegen aus der Clubszene sind besorgt, sagen aber nichts, weil sie Angst haben, die Gäste zu verschrecken.“ Für ihren Club habe sie in Sachen Sicherheit schon vor Wochen aufgerüstet, vor allem im Hinblick auf den 11.11. „Wir haben für unser Sicherheitspersonal schusssichere und nicht nur stichsichere Westen gekauft. Außerdem haben sie nun Bodycams.“
Zwei bis dreimal im Jahr nimmt der Club mit seinem Personal an Sicherheitstrainings teil. Dort werde eingeübt, wie man sich bei Gefahr im Club verhalten soll. „Wenn jemand zum Beispiel etwas versprüht im Club, muss man die Menschen evakuieren. Das üben wir, auch wie man sich vor der Tür verhält, wenn jemand mit Flaschen wirft oder eine Schlägerei passiert“, sagt Wecker.
Im Vanity-Club auf dem Hohenzollernring gibt man sich hingegen gelassen. Trotz der Explosion vor über einem Monat sieht der Betriebsleiter, der namentlich nicht genannt werden will, kein erhöhtes Sicherheitsrisiko für sein Publikum. „Wir haben hier elf Personen pro Abend für die Sicherheit, drei bis vier vor der Tür und der Rest im Club verteilt. Wer bei uns an der Tür abgewiesen wird, geht dann weiter zu den Clubs, die sich in diesem Bereich befinden. Wir haben gehobenes Publikum.“
Mit „diesem Bereich“ meint der Betriebsleiter den Straßenabschnitt, wo sich das „Mio“ befindet. Einen Rückgang der Gästeanzahl könnten sie im Vanity nach der Explosion nicht feststellen. Finden die Türsteher bei der Personenkontrolle an der Tür Waffen, werde die Polizei hinzugezogen und die Person des Platzes verwiesen. Der Betreiber des „Mio Club“ war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.