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Spurensuche in Köln-DeutzDie geheime U-Bahn-Station unter dem Bahnhof Deutz

Lesezeit 4 Minuten

Tief unter dem Deutzer Bahnhof ruht seit Jahrzehnten eine ungenutzte Haltestelle

Köln – Eine unscheinbare Tür mit Rippenmuster verbirgt das Geheimnis der U-Bahn-Haltestelle am Deutzer Bahnhof. Nur Mitarbeiter des Amts für Brücken und Stadtbahnbau haben einen Schlüssel, um die Unterwelt, von deren Existenz nur wenige wissen, betreten zu können.

Hinter der Tür befindet sich ein Abgang, der mit einem deckenhohen Drahtzaun verschlossen ist. Über eine lange Betontreppe führt der Weg nach unten, nur wenige Leuchtstoffröhren erhellen den Raum, dessen Dimensionen nur langsam zu erahnen sind. Hier, im 90-Grad-Winkel unter den Bahnsteigen der Stadtbahnlinien 1 und 9, befindet sich seit Jahrzehnten ein zweiter U-Bahnhof – allerdings einer, in dem nie ein Zug gehalten hat und das in absehbarer Zeit auch nicht tun wird.

„Unsere Vorgänger haben diesen zweiten U-Bahnhof für eine zukünftige rechtsrheinische Nord-Süd-U-Bahn als Vorleistung gebaut“, sagt Gerd Neweling. Der Leiter des Amts für Brücken und Stadtbahnbau steht inmitten der ungefähr 2000 Quadratmeter großen Halle mit ihren Wänden aus unverkleidetem, grauen Beton. Die Luftfeuchtigkeit ist enorm hoch, das Klima erinnert an die Tropen. Immerhin liegt der Geisterbahnhof 15 Meter unterhalb des mittleren Grundwasserspiegels.

Haltestelle vor dem Stadthaus könnte wegfallen

In der Mitte sind Vertiefungen für die Gleistrasse zu erkennen. Davor und dahinter befinden sich Abgrenzungswände für die Bahnsteige. Beinahe kann man sich vorstellen, wie die Schienen einmal verlaufen sollen. Jetzt endet die Trasse vor einer meterdicken Wand. Abgesehen von einer langen Holzleiter und einer einsamen Absperrbake, die irgendjemand irgendwann einmal vergessen haben muss, ist der Raum komplett leer.

Der zweite Deutzer U-Bahnhof ist so alt wie der erste: 1979 wurde er beim Bau der Anlage für die Linien 1 und 9 mitangelegt, um Kosten zu sparen. Denn ein nachträgliches Hinzufügen der tiefer gelegenen Gleisebene wäre immens teuer geworden. Die Baugrube war damals 36 Meter lang, 33 Meter breit und 20 Meter tief.

Ob die rechtsrheinische Nord-Süd-Achse allerdings jemals realisiert wird, ist völlig unklar. „Dann könnten die Linien 3 und 4 hier in Deutz unterirdisch fahren, und die oberirdische Haltestelle vor dem Stadthaus könnte wegfallen“, sagt Neweling. Er wolle nicht ausschließen, dass der Stadtrat die Entscheidung für den Ausbau eines Tages treffen könnte. „Ich glaube aber nicht, dass ich die Arbeiten als Amtsleiter noch erleben werde“, schränkt er gleich wieder ein. Grundsätzlich gilt eine Umsetzung als eher unwahrscheinlich. Auf einer jüngst von der KVB erstellten Prioritätenliste von Projekten steht die Strecke nicht.

Newelings Mitarbeiter müssen das Bauwerk, das sich wie der Rest der Anlage im Besitz der Stadt befindet, dennoch regelmäßig überprüfen. Die Ingenieure untersuchen die Wände auf Risse und eindringendes Wasser. Bislang sei es noch nicht zu Schäden gekommen. Ansonsten steht der versteckte U-Bahnhof leer und bleibt ungenutzt. „Wir hatten schon mehrmals Anfragen von Geschäftsleuten, die den Raum gerne nutzen wollten“, erinnert sich Neweling.

Modenschauen und Kartrennen ?

In Berlin, wo es aufgrund großzügiger U-Bahn-Planungen viele derartige Geisterbahnhöfe gibt, wird eine im Rohbau fertige Haltestelle unter dem Potsdamer Platz etwa für Modenschauen und Kartrennen genutzt. Ein solches Vorhaben dürfte in Köln aber keine Chance haben. Zum Beispiel habe es Überlegungen gegeben, eine Diskothek oder eine Kunstgalerie im Deutzer U-Bahnhof zu eröffnen, sagt Neweling. Das sei allerdings jedes Mal an den Kosten gescheitert, da zurzeit nur ein einziger Ein- und Ausgang existiert. Eine Abluftanlage fehlt ebenfalls.

„Das ist aus Gründen des Brandschutzes natürlich nicht zulässig, Veranstaltungen in einem solchen Raum zu organisieren“, so Neweling. Darüber hinaus hätte ein Lastenaufzug eingebaut werden müssen, um Getränke und Essen anbieten zu können. Es sei damals geprüft worden, was ein Umbau gekostet hätte. Dabei sei ein zweistelliger Millionenbetrag herausgekommen. „Diese Investition hat sich dann für die Interessenten offensichtlich nicht gerechnet“, sagt der Amtsleiter. Seitdem habe es keine weiteren Anfragen gegeben.

So wird der verborgene Bahnhof wohl auch weiterhin im Dornröschenschlaf verweilen. Bis vielleicht doch jemand im Rathaus oder bei der KVB auf die Idee kommt, die Nord-Süd-U-Bahn zum Leben zu erwecken.