Innenstadt – Staunende Passanten zücken ihre Smartphones, als sich die lange Menschenkette vom Eingang der Philharmonie über den Roncalliplatz zu den Domtreppen schlängelt. Anerkennender Applaus begleitet die Menschen, die den rund 200 Meter langen Schal mit den Flaggen von 207 Nationen in die Höhe halten. Mit der außergewöhnlichen Aktion setzen Kölner und Flüchtlinge am späten Samstagabend ein Zeichen für Toleranz, Solidarität und ein vertrauensvolles Miteinander.
Auf den Domtreppen bietet sich um kurz vor Mitternacht ein eindrucksvolles Bild: Hunderte Menschen halten den farbenfrohen Weltschal des Hamburger Integrationsprojektes „Made auf Veddel“ als Symbol für Freiheit, Zusammenhalt und Demokratie in den Händen. Als der Chor „Grenzenlos“, der aus jungen Flüchtlingen und Mitgliedern des Kölner Jugendchors St. Stephan besteht, die Bläck-Fööss-Hymne „Unsere Stammbaum“ in sieben verschiedenen Sprachen anstimmt, singen nach und nach immer mehr Zuschauer mit.
Konzert „Liebe Verbindet“
Der Ort für die Solidaritätsaktion war keinesfalls zufällig gewählt: Das Team des Sommerblut-Festivals hatte zu der friedlichen Demonstration aufgerufen, um ein Zeichen gegen die Ereignisse der Silvester-Nacht zu setzen und die Inhalte der Kölner Botschaft zu unterstreichen.
Die Teilnehmer hatten zuvor das Konzert „Liebe Verbindet“ im Rahmen des Sommerblut-Festivals besucht, das von Hedwig NevenDuMont, dem Kölner Flüchtlingsrat, dem Forum für Willkommenskultur sowie der Oberbürgermeisterin Henriette Reker und ihrem Vorgänger, dem Schirmherrn des Sommerblut-Kulturfestivals Jürgen Roters, unterstützt wurde. Der Kölner Kabarettist Fatih Çevikkollu führte durch den Konzertabend in der Philharmonie, bei dem Künstler verschiedener Nationen auf der Bühne standen.
Für viele junge Besucher war der Auftritt des im Kölner Exil lebenden Musikers Shahin Najafi der Höhepunkt des Abends. Begeisterte Fans stürmten die Bühne und fielen ihrem Idol um den Hals, bis Sicherheitskräfte den Künstler aus dem Saal zogen. Der iranische Singer/Songwriter wird in seinem Heimatland mit dem Tod bedroht, weil er sich in seinen Texten für Meinungsfreiheit, Revolution und den Willen, für die eigenen Werte einzustehen, ausspricht.