Die Initiative „Raum 13“ verwandelte die Zentrale des Weltkonzerns Klöckner Humboldt Deutz in das „Deutzer Zentralwerk der schönen Künste“ – und das jahrelang.
Doch nun sollen die Künstler ausziehen. Der Kündigung folgte eine Räumungsklage.
Doch die Künstler wollen nicht gehen. Im Gegenteil: Sie haben große Pläne.
Köln-Mülheim – Jahrelang hat das Miteinander gut funktioniert. Der private Investor, der die ehemalige Hauptverwaltung von Klöckner Humboldt Deutz gekauft hat, ließ Kunst und Kultur als Zwischennutzung in das imposante Gebäude an der Deutz-Mülheimer Straße. Die Initiative „Raum 13“ verwandelte die Zentrale eines Weltkonzerns in das „Deutzer Zentralwerk der schönen Künste“. Für den Investor Gottfried Eggerbauer eine gute Idee: Er ließ nicht nur eine kulturelle Zwischennutzung zu. Seine Mieter sicherten auch das riesige Gebäude vor dem Verfall und vor Vandalismus.
Nun sollen sie ausziehen. Auf die Kündigung zum 30. April folgte jetzt die Räumungsklage der Eggerbauer Grundbesitz- und Vermögensverwaltungs GbR. Die Künstler haben daraufhin am Dienstag ihrerseits eine Anwältin eingeschaltet. Sie wollen nicht gehen. Im Gegenteil: Nachdem sie in den vergangenen Jahren ein breites parteiübergreifendes Netzwerk mit Vertretern aus Politik, Verwaltung, Kultur und Wissenschaft geknüpft haben, sehen sie sich als Antreiber für die weitere Entwicklung des „Otto-und-Langen Quartiers“.
„Reallabor“ für die Zukunft der Stadt Köln
Das auf die Schiene gesetzte Projekt ist ehrgeizig: Auf dem Areal voller industriegeschichtlicher Zeugnisse soll bei einem weitgehenden Erhalt der vorhandenen Bausubstanz eine „Mustersiedlung für die Stadt des 21. Jahrhunderts“ entstehen, wie es der Architekt Paul Böhm ausdrückt. Kunst und Kultur verbinden sich mit den Bereichen Wohnen und Arbeiten. Die Wissenschaft nennt so etwas „Reallabor“, in dem Zukunftsweisendes und Nachhaltiges ausprobiert wird, um Vorbildliches für ganze Städte zu entwickeln.
Solche Reallabore gibt es überall auf der Welt. Aber keins wäre so groß und vielfältig, wie das, was für das ehemalige KHD-Gelände angedacht wurde. Der Stadtrat hat beschlossen, Eggerbauer das Verwaltungsgebäude und dem Land NRW das dahinter liegende Areal mit alten Fabrikhallen abzukaufen, um einen bislang völlig ungewohnten stadtentwicklungspolitischen Weg zu gehen.
Die Stadtverwaltung ist in Verhandlungen eingetreten. Über das rechtliche Instrument eines Vorkaufsrechts hat sie verhindert, dass die Grundstücke an ihr vorbei an andere private Investoren und Entwickler verkauft werden können.
Stadt Köln kritisiert Investor
Über die Motivation Eggerbauers, die Initiatoren dieses stadtentwicklungspolitischen Projekts vor Abschluss der Verhandlungen rauswerfen zu wollen, wird nun munter spekuliert. Eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ließ er unbeantwortet. In seiner Räumungsklage verweist er auf die Aktivitäten der Künstler, die mit mehreren Aktionen deutlich gemacht haben, dass sie nicht freiwillig gehen wollen, und auf die seiner Meinung nach „negative Presseberichterstattung“.
Im Umfeld der Künstlerinitiative glaubt man, dass Eggerbauer schlicht sauer auf die Künstler ist. Sie hätten schließlich dafür gesorgt, dass die Rendite beim Weiterverkauf seines Besitzes nicht ganz so hoch ausfällt, wie es vielleicht ohne Intervention der Stadt möglich gewesen wäre. Kölns Baudezernent Markus Greitemann sagt zur aktuellen Entwicklung: „Mit dem Vorgehen des Investors bin ich nicht einverstanden.“ Allerdings könne die Stadt nicht in private Mietgeschäfte eingreifen.
Die Zukunft des Areals ist weiterhin auch Thema auf Landesebene, wo sich Finanzminister und Bauministerin immer noch nicht einig darüber geworden sind, unter welchen Bedingungen sie das Gelände hinter der KHD-Hauptverwaltung verkaufen wollen. Die Kölner Politik und Stadtverwaltung setzt auf ein Entgegenkommen des Landes, das das Grundstück ohne Bieterverfahren direkt an die Stadt abgeben soll.
Vandalismus in der Nachbarschaft
In einer kleinen Anfrage im Landtag hat der SPD-Abgeordnete Martin Börschel nach dem Stand der Verhandlungen gefragt. Vor allem nimmt er aber Bezug auf das, was sich seit einigen Wochen in den alten Hallen abspielt. Anders als in dem von den Künstlern genutzten Verwaltungstrakt breiten sich nebenan chaotische Zustände aus. „Aufgrund der jahrelangen Vernachlässigung und eines passiven Wachdienstes“ hätten sich gefährliche Nutzungen und Vandalismus gehäuft, heißt es in der Anfrage.
Offenbar sind ganze Gruppen junger Menschen, darunter viele Drogenabhängige, in die Hallen eingezogen. Stromleitungen liegen offen. Lockere Gebäudeteile werden demontiert. Die Feuerwehr bestätigt drei Einsätze in den letzten zwei Wochen. In seiner Anfrage will Börschel wissen, warum das Land das Gelände nicht besser sichert und welche Maßnahmen für die Zukunft geplant sind.