500 soziale Einrichtungen in Köln schließen für zwei Tage und protestieren für mehr Geld. Der LVR hat eine Mail an die Kitas geschickt und hebt den Zeigefinger.
LVR kündigt Prüfungen anKölner Kitas schließen für zwei Tage – Leitungen zeigen sich befremdet
Rund 500 soziale Einrichtungen in Köln bleiben am Dienstag, 28. November, und Mittwoch, 29. November, geschlossen. Einrichtungen von Caritas, Diakonie, Paritätischem Wohlfahrtsverband, AWO, Rotem Kreuz und Synagogengemeinde, die als Spitzenverbände der freien Wohlfahrt eine Arbeitsgemeinschaft bilden, wenden sich mit den Schließungen dagegen, dass die Stadt Köln sich weigere, Kostensteigerungen und Tariferhöhungen von im Schnitt zehn Prozent zu übernehmen.
Dem Landesverband Rheinland (LVR) scheint die Ankündigung, dass sich auch rund 100 Kitas an den Protesten beteiligen wollen, ein Dorn im Auge zu sein. In einer internen Mail an die Verantwortlichen der betroffenen Kindertagesstätten weist die Fachbereichsleitung des LVR in bürokratischem Ton auf die rechtlichen Grenzen eines solchen Protests hin. Unzulässig sei eine Schließung zum Beispiel, „wo das Feld geistiger Auseinandersetzung verlassen wird und Druckmittel anstelle von Argumenten eingesetzt werden“.
Sofern sich eine Kita für eine Teilnahme an den Protestaktionen entscheide, kündigt der LVR an, sehr genau hinzuschauen – und die Einrichtungen zu überprüfen: „Schließungen als Ausdruck politischen Protests werde ich daher im Hinblick auf eine möglicherweise eingeschränkte Trägerzuverlässigkeit hin überprüfen. Das LVR-Landesjugendamt Rheinland behält sich vor – sollte es zu Schließungen kommen – diese Prüfungen vor Ort und nach Aktenlage gem. § 46 SGB VIII durchzuführen“, schreibt der LVR.
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An anderer Stelle der Mail, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, weist der LVR als den Trägern übergeordnete Behörde darauf hin, an wie viel Tagen im Jahr eine Kita schließen darf und was es juristisch heißt, dass eine Kita „zuverlässig“ geöffnet haben müsse. „Der Ton der Mail hat uns schon sehr irritiert“, sagt eine Kita-Leiterin aus dem Rechtsrheinischen. „Da gibt es kein empathisches Wort – und der Hinweis zum Beispiel darauf, an wie viel Tagen wir schließen dürfen, ist überflüssig: Das wissen doch alle.“ Die Vorsitzende einer Elterninitiative sieht es ähnlich: Viele Kitas öffneten an den beiden Tagen für Notgruppen, sagt sie. „Der Ton macht die Musik – und der ist in diesem Fall befremdlich.“
Der LVR-Brief verkenne zudem, dass es sich bei den aktuellen Schließungen um eine „Verzweiflungstat“ handele, die gerade die Unentbehrlichkeit von Kitas und Einrichtungen verdeutlichen soll. „Sollte die Beschlusslage auf Landes- und Kommunalebene so bleiben, würde eine Schließung wegen Unzuverlässigkeit, eine Schließung wegen Unwirtschaftlichkeit oder Personalmangels nur um wenige Monate vorwegnehmen. Insofern haben wir nichts zu verlieren. Auch wir wünschen uns nur, dass wir täglich arbeiten gehen können, während unsere Kinder gut aufgehoben sind“, sagt die Mutter.
Wenn Eltern zum Wohl ihrer Kinder und der Zukunftsfähigkeit einer Kita abwägten, zu protestieren, „wird wohl kaum die Zuverlässigkeit insgesamt in Frage gestellt“. Genau das impliziere der LVR-Brief aber.
Protest gegen Stadt Köln: Kundgebung am 29. November
Am Dienstag, 11 Uhr, sammeln Mitarbeitende und Unterstützer der betroffenen Einrichtungen am Deutzer Rheinufer unter dem Motto „Köln bleib(t) sozial! Wir packen an, damit wir nicht einpacken müssen!“ Müll. Für 14 Uhr am Dienstag ist eine Menschenkette am Fußweg der Deutzer Brücke geplant.
Für Mittwoch, 29. November, haben die Wohlfahrtsverbände eine Kundgebung angemeldet, die um 11.11 Uhr vom Deutzer Bahnhof startet und in die Altstadt führt. Peter Krücker, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft und Vorstand der Caritas, hatte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ jüngst gesagt, die Situation „weiter eskalieren zu lassen“, sofern die Verbände finanziell nicht abgesichert würden. Der Protest mit Schließungen von 500 Einrichtungen an zwei Tagen sei „historisch einmalig“.