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„Wenig Weitsicht“SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach gegen Klinik-Fusion in Köln

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Karl Lauterbach

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach im Bundestag in Berlin

Köln – Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitsexperte im Bundestag, hält wenig von den aktuellen Plänen der Stadt, wie sie die Städtischen Kliniken aus der wirtschaftlichen Krise führen möchte. „Ich bin von dem jetzigen Konzept nicht überzeugt. Es ist nicht ehrgeizig genug und zeugt von wenig Weitsicht“, sagte der Abgeordnete, zu dessen Wahlkreis auch der Stadtbezirk Mülheim gehört, am Freitag vor Pressevertretern. Es gebe zudem gute Gründe, die aus seiner Sicht gegen eine Fusion von Uniklinik Köln und den Kliniken der Stadt Köln sprechen.

„Eine Kooperation, eine vernetzte Krankenhausstruktur, die auch weitere Kliniken in dieser Stadt mit einbeziehen kann, ist die erfolgversprechendere Variante.“ Die Idee, über eine Fusion die städtischen Kliniken wirtschaftlich zu sanieren, sei falsch. „Das funktioniert nicht. Ebenso wenig wie das Hangeln von Zuschuss zu Zuschuss. Und immer enger geschnürte Sparprogramme sind kontraproduktiv. Damit werden die Kliniken völlig abgewirtschaftet, am Ende droht die Insolvenz. Das ist eine Spirale nach unten.“ Der Stadtrat hat erst im Februar der Zahlung von 30 Millionen Euro für die Kliniken zugestimmt, je zehn Millionen Euro sollen 2020 und 2021 fließen.

Lauterbach: „Derzeitige Situation ist unerträglich“

Die Lösung liege ganz woanders. „Oberbürgermeisterin Henriette Reker muss ein klares Bekenntnis zur Zukunft der Kliniken abgeben. Und sie muss es rasch tun. Die derzeitige Situation ist unerträglich. In erster Linie für die Beschäftigten in den Krankenhäusern.“ Ganz konkret bedeute dies: „Die Stadt muss als Eigentümerin das bestehende Defizit komplett ausgleichen und zugleich die künftigen Zuschüsse für die Kliniken deutlich erhöhen.“

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Die wirtschaftliche Sanierung sei aber nur ein Baustein. Ein davon abgekoppeltes Zukunftskonzept für die Gesundheitsstadt Köln sei mindestens so wichtig. Man dürfe diese beiden Bereiche nicht vermengen. „Bislang liegt der Focus in den Diskussionen auf dem finanziellen Aspekt. Dagegen fehlt ein tragfähiges Konzept für die kommenden zehn Jahre.“

Lauterbach stützt sich auch auf Berliner Bericht

Spitzenmedizin und wissenschaftliche Forschung, um den Patienten die optimale Versorgung zu bieten, seien keine Selbstläufer. „So etwas kann man meiner Erfahrung nach nicht in die Hände von Unternehmensberatern legen. Da müssen Experten aus Medizin, Wissenschaft und Wirtschaft, von Verbänden, Kliniken und Patientenvertreter zusammenarbeiten.“

Lauterbach stützt sich bei seiner Einschätzung der Kölner Situation unter anderem auf den gerade erschienenen Ergebnisbericht der Zukunftskommission „Gesundheitsstadt Berlin 2030“, erstellt im Auftrag des Regierenden Bürgermeisters von Berlin. An dem Bericht arbeiteten 13 Wissenschaftler etwa ein Jahr lang, den Vorsitz der Expertenkommission hatte Lauterbach.

„Dramatische Herausforderung des demografischen Wandels“

Eine der Kernfragen war, welche Weichen jetzt gestellt werden müssen, um bis zum Jahr 2030 die stationäre Krankenversorgung in Berlin auf europäischem Spitzenniveau zu erreichen. In dem Bericht steht auch, warum diese Positionierung keinen Aufschub duldet: „Die Krankenhausversorgung steht vor der dramatischen Herausforderung des demografischen Wandels, der die Zahl der chronisch Kranken massiv erhöhen und die Zahl der Fachkräfte gleichzeitig massiv senken wird. Dazu entwickeln sich neue medizinische Verfahren wie die personalisierte Medizin, die eine viel bessere Zusammenarbeit von Kliniken, Spezialisten und Forschern, Versorgungsärzten und Pflegepersonal notwendig machen.“

Lauterbach ist davon überzeugt, dass Köln ebenso wie Berlin und Heidelberg das Potenzial für ein Zentrum der Spitzenmedizin hat.