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Kölner Kult-Fotoladen„Die Kunden wollen einfach wieder etwas in der Hand haben“

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Fotoladen

Das Ehepaar Toodeh in seinem Laden

Köln – In dem winzigen Laden an der Neusser Straße geht es ein bisschen zu wie in einem Boulevardstück. Tür auf, Tür zu. Kunde rein, Kunde raus. Und alle Hineinkommenden werden mit Namen begrüßt. „Könnten Sie mir Abzüge von den vier Bildern hier aus meinem Handy machen? Das eine müsste vielleicht ein bisschen bearbeitet werden, da ist das Gesicht meiner Mutter so blass“, sagt einer.

Kein Problem, Fereschteh Toodeh erledigt die Sache am Bildschirm und lässt die Fotos gleich in dem ebenfalls winzigen Labor hinter der Kassentheke ausdrucken. „Wir kennen alle Leute hier, wir haben Kinder großwerden sehen, die jetzt auch schon Kinder haben“, sagt ihr Mann Alireza. Seit 1996 führt das Paar den Laden in Ebertplatz-Nähe.

Anfragen von Designern

Der nächste Kunde bestellt gleich 100 Abzüge. Mit der Qualität der Ausdrucke, die er zuvor im Drogeriemarkt selber gemacht hat, ist er nicht zufrieden. Smartphones, Selbstbedienungs-Fotoautomaten – die klassische Fotobranche sei eigentlich tot, sagt Alireza Toodeh. Mit der selben Begründung wurde jetzt auch die Photokina nach 70 Jahren aus dem Kölner Messe-Programm gestrichen.

Aber: Das Artfoto-Labor hält sich wacker – und ist nicht nur in der Nachbarschaft eine Institution, sondern auch bei Designern und Kunststudenten. Die kommen auf das Ehepaar zu, wenn besondere Bildformate gefragt sind. Oder wenn mit analogen Kameras gearbeitet wird. Da steigt seit etwa zwei Jahren die Nachfrage. „Wir gehören zu den Letzten in Köln, die Filme entwickeln“, sagt der Chef.

So manchem jungen Kunden, der eine Kamera geerbt hat, müsse man überhaupt erst einmal zeigen, wie man den Rollfilm einlegt. Aber hier muss niemand Angst zu haben, wegen technischer Unkenntnis belächelt zu werden. Alireza und Fereschteh Toodeh stammen aus dem Iran. Das Land haben sie allerdings schon zu Zeiten des Schahs verlassen. Die Arbeit als Bauzeichner wurde dem Hobbyfotografen Alireza Toodeh zu langweilig – und so mietete das Paar den kleinen Laden an der Neusser Straße.

Noch nie Angestellte

Angestellte hatten sie noch nie. Jahrelang arbeiteten sie zehn Stunden am Tag, heute nur noch acht. Als Fereschteh Toodeh an Krebs erkrankte und nicht im Laden war, stand alles voller Blumen, die die Stammkunden vorbeigebracht hatten.

Der Ehemann wartet die Geräte selbst und hat für Passfotos das kleine ausklappbare „Art-Studio“ gebaut, das nach Gebrauch platzsparend wieder zusammengefaltet wird. „Meine ganze Familie hat die Fotos von hier in ihren Pässen“, erzählt ein Kunde. Fereschteh Toodeh steht schon wieder im kleinen Labor und macht Abzüge.

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Ob sich die Motive im Laufe Zeit verändert haben? „Oh, wir schauen eigentlich nicht auf die Inhalte, sondern nur auf die Qualität“, sagt sie. Aber ein Trend sei klar: „Die Kunden wollen einfach wieder etwas in der Hand haben, anstatt Tausende Fotos im Smartphone-Speicher.“

Mit 58 und 63 denken die beiden noch lange nicht ans Aufhören. Ihre beiden Kinder – deren Aufwachsen man auf den Fotobeispielen an den Wänden verfolgen kann – werden den Laden nicht übernehmen. „Kinder wollen immer etwas anderes machen, das ist ja ganz normal“, sagt Alireza Toodeh.