Köln – Es ist 22.30 Uhr und noch immer heiß, als sich Dirk Herr mit einer Wunderkerze und einem Kölsch in der Hand dem Rhein zuwendet. Bisher galt seine Aufmerksamkeit noch dem Schlager-Feuerwerk, das Guildo Horn und seine Gäste auf der Bühne des Tanzbrunnens abfackelten. Doch nun kündigen die ersten Raketen die große Himmels-Sause an. „Die Atmosphäre hier ist einfach schön“, sagt Dirk Herr, der Hüne aus Porz-Urbach, der bisher keine der 14 Ausgaben der Kölner Lichter verpasst hat.
Pünktlich um 23.30 Uhr startet das Hauptfeuerwerk zu Disko-Krachern der 1970-er Jahre. Schätzungsweise 600.000 Besucher lassen sich von roten Herzen und riesigen Goldregen-Kaskaden berauschen. Doch mittendrin ist es plötzlich vorbei mit dem Sommernachts-Traum. Nach Angaben von Veranstalter Werner Nolden versagte die Musiksteuerung, woraufhin auch der für das Feuerwerk zuständige Computer gestoppt werden musste. Erst nach zwei Minuten war die Technik wieder synchronisiert und konnte das Spektakel fortgesetzt werden.
Einige waren enttäuscht
Einige Besucher sind anschließend enttäuscht. „Mit Abstand das schlechteste Feuerwerk aller Zeiten, selbst ohne Unterbrechung“, lautet ein Eintrag auf der Facebook-Seite der Kölner Lichter. Werner Nolden räumt ein, dass wegen der Panne etwa 60 Sekunden Programm ausfallen mussten. „Das hängen wir nächstes Jahr wieder hinten dran“, verspricht er. Andere Gäste sehen es ohnehin nicht so eng: „Das war eine sehr schöne Veranstaltung“, resümiert Dirk Herr, der den Abend Arm in Arm mit seiner Frau Yvonne genoss.
Aber es ist auch wiedermal eine sehr gedrängte Veranstaltung. Schon lange vor dem Feuerwerk ergießen sich hunderttausende Menschen bei tropischen Temperaturen über die Kölner Innenstadt. Dass es etwa 200 000 weniger sein sollen als 2013 ist zumindest am Deutzer Tanzbrunnen nicht zu spüren. Jeder Zentimeter Rheinufer wird zum wertvollen Grund und Boden für Decken und Klappstühle, der Rheinpark zum Schauplatz einer riesigen Open-Air-Party. Wer seinen Standort oder gar auf die andere Rheinseite wechseln will, braucht Geduld. Es sind einfach zu viele Feiernde auf den Beinen.
Werner Nolden zeigte sich anschließend zufrieden mit dem Verlauf. Zwischenfälle habe es kaum gegeben, die Zahl der Alkoholisierten habe sich in Grenzen gehalten. Auch der Rückreise-Verkehr lief offenbar reibungslos. Die Deutsche Bahn meldete jedenfalls keine Störungen.
Ein Festival der Liebe
Musikalisch läuft sowieso alles wie geschmiert. Kurz nach 20 Uhr bittet Guildo Horn, begleitet von den Orthopädischen Strümpfen, unter gigantischer Diskokugel zur „gemischten Sauna am Tanzbrunnen“. „Heut leuchtet der Dom“, singt der selbst ernannte Meister zur Melodie von „YMCA“, es folgt ein mehrstündiges Festival der Liebe mit allen nur erdenklichen Gassenhauern der Hitparaden-Ära. Denn „Schlagermusik ist die Sprache der Liebe“, ist sich Guildo sicher. Schaumwaffeln, Polyacryl und „Frotteehandtücher ohne Weichmacher“ – das sind die Stichworte, die dem langhaarigen Wirbelwind aus Much spontan zu den 70-er Jahren einfallen, bevor er in quietschgelbem Hemd und grobgemusterter Schlaghose die noch gröber gemusterte Bühne stürmt.
Zu dieser Zeit sitzen Ulrike vom Stein, ihre Schwester Angelika Genster und ihr Bruder Bernhard Bülten samt weiterer Verwandtschaft schon neun Stunden am Rheinufer. „Das Feuerwerk ist einfach genial“, sagt Ulrike vom Stein bei „unverbaubarem“ Blick auf das Linksrheinische. Da lohne sich die frühe Platzreservierung. Während die Sonne langsam hinter der Altstadt untergeht, schweifen die Gedanken in die 70-er ab. Angelika Genster erinnert sich an Düsseldorfer Disko-Besuche mit horrenden Getränkepreisen und eine Band namens „Dave Dee, Dozy, Beaky, Mich und Tich“. Bruder Bernhard, heute 53 Jahre alt, liebte den Hardrock von Nazareth oder Led Zeppelin. Schlager eher nicht. Seine Meinung zu Gitte Haenning heute? „Okay“, immerhin.
Nach Kurzauftritten von Karel Gott („Biene Maja“), Harpo („Moviestar“) und Linus als Tina Turner, ist die Dänin die letzte im Bunde von Guildos Gaststars. „So schön kann doch kein Mann sein“, singt Gitte in die Kölner Nacht, kurz bevor 4,7 Tonnen Pyrotechnik am Himmel verpuffen.
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Polizei und Feuerwehr mit gemischter Bilanz
von Brian Schneider
Auch für Polizei und Feuerwehr bedeuten die Kölner Lichter alljährliche Großeinsätze. Die Polizei zieht eine positive Bilanz des Abends: „Gemessen an der großen Menge Menschen ist es größtenteils friedlich geblieben“, sagte ein Behördensprecher. Insgesamt wurden 21 Menschen in Gewahrsam und eine Person festgenommen. 42 Mal wurden Platzverweise erteilt und 22 Strafanzeigen geschrieben, in erster Linie wegen Körperverletzungs- und Eigentumsdelikten.
Deutlich mehr zu tun hatten Feuerwehr und Rettungsdienst. „Auch aufgrund des heißen Sommerabends gab es deutlich mehr Einsätze als an üblichen Samstagen“, sagte ein Sprecher. Normalerweise gehen im Schnitt an diesem Tag etwa 430 Notrufe ein, der deutlich größte Teil davon entfällt auf den Rettungsdienst. Der wurde am letzten Samstag allerdings zu 523 Einsätzen gerufen, 75 Mal ging es um Brandschutz und sonstige Hilfeleistungen.
Brücken mussten gesperrt werden
Wegen der hohen Temperaturen zog es viele Menschen an und zum Teil auch in den Rhein. Dreimal lautete das Einsatzstichwort darum „P-Rhein“, also eine Person im Fluss, die sich in Gefahr befindet. Bei der ersten Meldung um 18:12 Uhr handelte es sich in um einen Fehlalarm. Bei den beiden anderen Einsätzen um 21:24 Uhr und um 23:53 Uhr wurde jeweils eine Person durch Kleinboote der DLRG gesichert und anschließend dem Rettungsdienst übergeben.
Heikel war nach dem Feuerwerk der Heimweg zehntausender Menschen, die alle gleichzeitig besonders über den Auenweg in Richtung Deutzer Bahnhof strömten. Wegen des großen Andrangs musste sowohl der Haltepunkt in Deutz als auch der Hauptbahnhof immer wieder kurz gesperrt werden. Dadurch kam es zu Wartezeiten für die Reisenden. Aus Sicherheitsgründen wurde zudem die Hohenzollernbrücke für 30 Minuten gesperrt, weil mehrere Feuerwerksbesucher über die Gleise liefen.
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Promis feierten auf den Schiffen
von Christian Hümmeler
Gefeiert wurde nicht nur am, sondern auf auch auf dem Rhein: Etwa auf dem KD-Schiff „MS Rheinenergie“, die als zentraler Bestandteil des großen Schiffskonvois bis Rodenkirchen gefahren war, um dann rechtzeitig zum zentralen Feuerwerk in die Innenstadt zurückzukehren.
Zu den Gästen von Dieter Steinkamp, Vorstandschef des Energieversorgers Rhein-Energie zählten unter anderem NRW-Innenminister Ralf Jäger, Michael Vesper, Generalsekretär des Deutschen Olympischen Sportbundes, Oberbürgermeister Jürgen Roters und Ehefrau Angela Roters, FC-Präsident Werner Spinner, sein Vize Markus Ritterbach sowie FC-Trainer Peter Stöger mit seiner Frau Ulrike Kriegler.
Von den Rheinterrassen aus erlebten etwa 200 Kunden des Verlags M. DuMont Schauberg das Feuerwerks-Spektakel. Auf Einladung von Verlagsgeschäftsführer Philipp Froben feierten unter anderen Frank Buschhorn (Karstadt), Ralph Caba (Ford-Werke), Ingeborg Hamann (Toyota Deutschland), Michael Hövelmann (Galeria Kaufhof), Eugen Kreten (Media Markt), Stephan Lützenkirchen (Citroën) und Annegret Weingarten (Bekleidungshaus Weingarten).