AboAbonnieren

Kölner Liedermacher Björn Heuser„Ich war als kleines Kind immer ein Außerirdischer“

Lesezeit 6 Minuten
Interview Björn Heuser

Der Kölner Liedermacher Björn Heuser 

  1. Der Kölner Liedermacher Björn Heuser ist mit Mitsingkonzerten mit den Hits bekannter Bands bekannt geworden.
  2. Nun hat er sein bereits zehntes Studioalbum veröffentlicht und sich damit einen Traum erfüllt: „Café Schmitz“ ist eine Vinylscheibe, mit Cover zum Aufklappen.
  3. Im Interview spricht der 40-Jährige über Musikhören als Erlebnis, seine Sorgen wegen einer Stimmband-OP und den Tod seines Vaters.

KölnHerr Heuser, Ihr neues Album „Café Schmitz“ starte mit dem Song „Em nächste Levve“. Nach den ersten Tönen hab ich gedacht, och, da haben die Höhner aber einen schönen Song gemacht…Der Song hat irische Einflüsse, das gibt es bei den Höhnern ja durchaus auch. Wer dann denkt, da kommt wieder ne kölsche Karnevalsplatte, wird ab dem zweiten Lied merken, dass das doch ganz anders ist. Kölsch ja, aber mit einer ganz anderen Stilistik, denn eine weitere Karnevalsnummer gibt es nicht.

Aber die erste ist das schon?

Ja, die habe ich ja auch im Karneval gespielt. Der Text behandelt das Thema Karneval aber eher kritisch. Ich habe ja nie so richtig dazugehört, ich war als kleines Kind immer ein Außerirdischer. Ich wurde im Sport als letztes in die Mannschaft gewählt, weil kein anderer mehr da war. Alle hörten Britney Spears, und ich die Bläck Fööss. Heute bin ich da stolz drauf, aber als ich in die Grundschule kam, musste ich erstmal Hochdeutsch lernen. Ich war der Außenseiter, der so komisch sprach.

Neuer Inhalt (5)

Das zehnte Studioalbum von Björn Heuser heißt "Café Schmitz" und erscheint als Vinyl-Schallplatte.

Dass ich heute sagen kann, ich würde alles nochmal genauso haben wollen in einem anderen Leben, ist mir wichtig, das ist mein Statement am Anfang der Scheibe. Ich bin sicher Lokalpatriot, aber nicht um jeden Preis. Im Text steht: „Ich sage, wat ich denke, hau wenn´t sinn muss op de Trumm.“ Aber das muss ich nicht immer machen, ich habe ja auch keine rot-weiße Klobrille.

Bekannt geworden sind Sie durch Mitsingkonzerte mit den Hits bekannter Bands, was die nicht immer geil fanden.

Was ich auch verstehen kann. Ich habe sehr viele Covernummern im Programm, aber ich spiele ja nicht einfach alles und wenn, dann mit sehr viel Respekt. Ich sage immer, von wem die Songs sind. Wenn ich „Ich ben ene Räuber“ spiele, was ich fast immer tue, sage ich, dass das von Peter Horn ist. Das sind alles kleine Schätze, Volkslieder, die man dem Volk auch geben sollte. Ich habe in den letzten zwanzig Jahren aber auch immer mehr eigene Songs eingebaut. Wenn ich allwöchentlich freitags im Gaffel spiele, sind mindestens ein Drittel der Lieder aus meiner Feder. Ich schreibe ja durchaus für andere Bands. „Ich bin jedäuf met 4711“ ist kein Klüngelköpp-Cover, sondern ich hab den Song für die Band geschrieben.

„Café Schmitz“ ist bereits Ihr zehntes Studioalbum mit eigenen Songs. Ist das ein Wendepunkt?

Wendepunkt würde ich nicht sagen. Erstmal habe ich mir einen weiteren Traum erfüllt. Beim vorletzten Album habe ich in den Abbey Road Studios aufgenommen, beim letzten in Nashville, für mich als Country-Fan auch ein Traum. „Café Schmitz“ ist eine Vinylscheibe, mit Cover zum Aufklappen. Das habe ich mit zum 40. Geburtstag geschenkt. In der großen Hoffnung, dass viele Menschen, wenn sie das in der Hand haben, erleben, wie schön das ist, wenn man bewusst Musik hört. Man muss nach 20 Minuten die Platte rumdrehen, das gibt es beim Streamen nicht. Musikhören als Erlebnis, das hat eine ganz andere Wertigkeit.

Kölle singt3

Björn Heuser bei "Kölle singt" in der Lanxess-Arena. 

Das ist ein Liedermacher-Werk. Ich erzähle elf Geschichten und möchte auch, dass man denen zuhört. Das ist etwas anderes als im Brauhaus die bekannten Texte mitzusingen. „Kölle singt“ ist das Stück, dass wunderbar die Mitsingkonzerte und mein Liedermacherdasein miteinander verbindet. Und in der Pandemie Hoffnung und Zuversicht verbreitet. Dieser Gänsehautmoment, als zum ersten Mal um 21 Uhr die Menschen auf den Balkonen gesungen und geklatscht haben, das hat mich sehr ergriffen. Daraus ist der Song entstanden. Den dann in der Arena singen zu können mit 13.000 Menschen zeigt mir, dass ich mit meinen Liedern auf dem richtigen Weg bin.

Das Album ist ansonsten recht sentimental. Midlife-Crisis mit 40?

Da bin ich weit von entfernt. Mir liegen eher die melancholischen Lieder, Balladen. Sentimental im positiven Sinne. Ich habe in der Pandemie gemerkt, dass ich die letzten zehn, fünfzehn Jahre oft auf der Überholspur unterwegs war. Ich hatte ja schon mal einen Burn-Out. Durch die Corona-Vollbremse habe ich mit klar gemacht, wie sich Prioritäten verschoben haben. Beispiel Freundschaften: Die zu pflegen ist in meinem Beruf total schwierig. Man hat die von ganz früher. Die, die dazu kommen, sind oft eher an dem bekannten Musiker als an dem privaten Björn Heuser interessiert. In „Sunnesching“ geht es um wahre Freundschaft: „Wer em Rään nit met dir danz,/ weed och im Sturm nit bei dir sin./ Wer em Rään nit met dir danz,/bruchste och nit im Sunnesching.“

Op ne schöne Ovend: Björn Heuser beim 400. Auftritt im Gaffel am Dom.

Es gibt viele schöne Zeilen. In „Veezich Winter“ schreiben sie „Un ich däär jään ens durch ding Auge luure,/öm ding Welt ze sinn,“ met dinge Uhre hüre,/wie ich för dich sing.“

Zu dem Song habe ich ein zauberhaftes Video gemacht, in dem ich meinem Sohn meinen Hut überreiche, den Staffelstab weitergebe. Mein Sohn kommt jetzt in die Schule und übernimmt die Hauptrolle in meinem Leben. Die Partynächte nach einem Konzert spare ich mir und bringe lieber morgens den Kleinen in die Kita. Die Prioritäten haben sich verschoben, das hört man dem Album an.

Ihr Sohn ist auf dem Album zu hören…

Bei „Spökes“ kommt am Ende ein kleine Reprise, weil er mich zu dem Song inspiriert hat. Einem Kleinkind muss man schon mal sagen: „Mach keinen Spökes“. So ist das überhaupt in meinem Wortschatz gelandet, das ist ja ursprünglich kein kölsches Wort. Familie und die Werte, die mir gerade wichtig sind, spielen die Hauptrolle auf dem Album.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ihre Karriere stand zwischenzeitlich auf des Messers Schneide.

Ich hatte eine Stimmband-OP 2020. Die Ärzte haben gesagt, es sei ein Routineeingriff, aber es könne keiner garantieren, dass die Stimme nach der OP so ist wie vorher. Horror für einen Sänger. Deshalb habe ich „Diamante“ noch schnell aufgenommen. Im Geiste war das mein letzter Song. Gott sei Dank ist es anders gekommen, aber wenn man genau hinhört, stellt man fest, dass die Stimme deutlich kratziger, rustikaler ist.

Ein einschneidendes Erlebnis war der Tod ihres Vaters, dem sie in „Do un ich“ ein Denkmal gesetzt haben.

Das Lied habe ich nur einmal gesungen, für das Demo, das jetzt auf der Platte ist. Emotional ist das nur einmal echt. Es war in der Corona-Zeit so, dass man keine Besuche im Krankenhaus machen durfte. Ich habe dann ganz oft unten gesessen auf eine Bank vor der Uniklinik, während mein Vater mutterseelenallein im 15. Stock lag. Das war grausam, und das mussten viele Menschen erfahren, das ging ja nicht nur mir so. So ein Song schreibt sich von selbst, weil es genau das ist, was man fühlt. Das ist authentisch.

„Cafe Schmitz“ ist ab sofort erhältlich. Am 4. April spielt Björn Heuser das Album in der Volksbühne am Rudolfplatz, weiter Konzerte sind in Planung.