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Kölner Pohl-GruppeDer Meister der Fassaden

Lesezeit 4 Minuten

Teile der Fassade des neuen One World Trade Center kommen aus dem Hause des in Köln ansässigen Unternehmens Pohl .

Köln – Stolz und ehrwürdig ragt er aus der Masse der New Yorker Wolkenkratzer heraus – der Walker Tower, benannt nach Ralph Thomas Walker, einem Stararchitekten des amerikanischen Art déco. 1929 erbaut, ist das ehemalige Fernmeldeamt derzeit eines der spannendsten Bauprojekte Manhattans. Im Jahr 2008 wurde der Wolkenkratzer an den Investor Michael Stern verkauft. Mitten in der US-Finanz- und Immobilienkrise kaufte der damals 30-Jährige das Gebäude für den Schnäppchenpreis von umgerechnet 19 Millionen Euro – in bar. Seit 2011 wird der Tower nun zu einem Wohngebäude mit 50 Luxuswohnungen umgebaut.

Neben dem aufwendigen Innenausbau soll vor allem die schöne Originalfassade restauriert werden. Fenster- und Rinnenverkleidungen im Art-déco-Stil wurden von einem Kölner Unternehmen gefertigt – der Pohl-Gruppe. „Ein Auftrag, der fast an uns vorbeigegangen wäre“, erzählt Heinrich-Robert Pohl, der das Unternehmen in dritter Generation leitet. „Wir waren dem Auftraggeber zwar bereits bei anderen Objekten wegen unserer planebenen Fassaden aufgefallen. Aber er dachte auch, dass wir uns genau darauf spezialisiert hätten und dass er uns wegen solch aufwendiger Schmuckelemente nicht anzusprechen bräuchte.“ Die Pohl-Gruppe baute ein Muster eines kompletten Fensterelementes, samt dem dazugehörenden Stern-Relief. Der Auftraggeber war so begeistert, dass er schließlich den Auftrag nach Köln vergab.

Mittlerweile prägen Pohl-Fassaden das Stadtbild zahlreicher Metropolen in der ganzen Welt. Auch Teile der Fassade des One World Trade Center, des Nachfolgers der zerstörten Zwillingstürme, kommen aus Köln. In Hongkong, Singapur oder Chicago wurden Elemente imposanter Wolkenkratzer von Stararchitekten wie Frank Gehry oder Richard Meier im Kölner Norden gefertigt.

Und wenn demnächst Weltraumbegeisterte vom „Spaceport America“, den Milliardär Richard Branson von Sir Norman Foster bauen ließ, in Richtung Weltraum abheben, werden sie durch die sanft geschwungene Halle gehen, deren Verkleidungselemente ebenfalls von Pohl stammen. In Köln sieht man Pohl-Fassaden unter anderem am neuen Eingang der Kölner Messe, dem RTL-Gebäude oder dem Görg-Haus vor dem Lanxess-Tower.

Mit rund 500 Mitarbeitern in sechs Produktionsstätten in Deutschland und einer im amerikanischen Salt Lake City gilt das Kölner Unternehmen mittlerweile als einer der Weltmarktführer für hochwertige, maßgefertigte Metallfassaden.

Dass sich die 1856 von Pohls Großvater gegründete Stellmacherei derartig entwickeln würde, war nicht absehbar. Mit Anfang 20 hatte Heinrich-Robert Pohl, der die Firma in den vergangenen 40 Jahren aufgebaut hat, eigentlich ganz andere Pläne, als in die väterlichen Fußstapfen zu treten. „Ich wollte Bildhauer werden und habe mich mehr für Kunst und Architektur interessiert als für die Blechverarbeitung“, erzählt der 64-Jährige. „Bedingt durch die Krankheit meines Vaters und die anstehende Gründung meiner eigenen Familie, blieb mir damals erst einmal nichts anderes übrig, als in die Firma meines Vaters einzusteigen, um die junge Familie zu ernähren.“ Pohl gibt sein Kunststudium auf und arbeitet im elterlichen Betrieb, der damals gerade mal drei Mitarbeiter hat.

In den 80er Jahren boomt die Verkleidung von Gebäuden mit Aluminiumfassaden. Pohl erkennt den Trend und steigt in das Geschäft ein. Kontinuierlich baut er das Unternehmen aus und wagt schließlich den Schritt in die USA und damit auf den internationalen Markt. „Es ging längst nicht immer nur steil bergauf, wir hatten zwischendrin auch schwierige Zeiten“, sagt Pohl.

Mittlerweile steht die Gruppe allerdings wieder vor neuen Herausforderungen. Zum einen werden schon seit geraumer Zeit immer mehr Hochhäuser mit Glas-Fassaden bestückt, zum anderen drängt auch die Konkurrenz aus Fernost massiv auf den Markt und drückt die Preise. „An manchen Tagen erinnert mich das Bau-Projektgeschäft nur noch an Krieg auf der Baustelle. Dass Qualität einen Preis hat, verstehen immer weniger Menschen, und dass sie am Ende bei mangelhafter Qualität draufzahlen, das begreifen die meisten erst, wenn die Fassade bereits hängt.“

Diese Entwicklung führte dazu, dass das Unternehmen vor einigen Jahren damit begann, nach innovativen Materialien zu suchen. Mit Erfolg: Aluminium-Schaum-Sandwichplatten, kurz AFS, heißt das Produkt, in dem Pohl viel Potenzial sieht. „Das Paneel ist sehr belastbar und langlebig und wiegt gerade mal ein Drittel des Vollmaterials“, sagt Kirstin Pohl, Geschäftsführerin von pohltec metalfoam und Tochter des Firmenchefs. Da kein Klebstoff verwendet wird, kann das Material wie Aluminium verarbeitet werden und ist dabei zu rund 98 Prozent recycelbar.

Eingesetzt wird AFS bereits in der Autoindustrie, in der Schifffahrt und der Raumfahrt, es kann aber auch zur Produktion von Kochtöpfen benutzt werden. Und mittlerweile hat auch die Architektur das Material für sich entdeckt.