- Seit zehn Monaten wütet die Corona-Pandemie in Deutschland. Aktuell fordert sie mehr Todesopfer als je zuvor. Aber es gibt Hoffnung: 2021 könnte das Jahr der Impfungen werden.
- Wir haben Kölner Mediziner, Psychologen und weitere wissenschaftliche Beobachter zurück und voraus blicken lassen.
- In diesem Text: Die Kölner Psychologin Damaris Sander.
Köln – Meiner Wahrnehmung nach sind wir nicht mehr in einer akuten, sondern einer chronischen Stress-Situation. Die Bewältigung der Pandemie verlangt uns allen nach wie vor große Anstrengungen ab, aber für die meisten von uns hat sich ein gewisser „neuer Alltag“ eingespielt. Ich denke, dass wir besser mit der Situation klarkommen als im Frühjahr.
Die Pandemie ist ein Naturereignis, das uns in hohem Maße herausfordert. Und wie jede Herausforderung, die nicht ausschließlich traumatisch und überwältigend ist, stößt auch diese Krise Veränderungs- und Wachstumsprozesse auf gesellschaftlicher und individueller Ebene an. Die Digitalisierung wird stark vorangetrieben, es gibt viel internationale Zusammenarbeit, und auf einer intrapsychischen Ebene würde ich sagen, dass wir durch die Pandemie alle viel über uns selber lernen.
Mein Weihnachten wird nicht völlig anders
Mit Blick auf Weihnachten muss ich sagen: Was ich schon im Vorfeld anstrengender fand als gewöhnlich, war, mit anderen Familienmitgliedern abzustimmen, wie wir mit der Situation umgehen wollen. In meiner Familie gibt es kein festes Weihnachtsritual; wer sich mit wem wo trifft wird Jahr für Jahr neu geschaut, aber es war noch nie wie in diesem Jahr, dass am vierten Advent noch nicht ganz feststeht, wie es aussehen wird.
Außer einem Weihnachtskaffeetrinken im kleinen Kreis werden wir aber wahrscheinlich niemanden von der Familie treffen, dafür aber vielleicht ein oder zwei alleinstehende Personen aus unserem Freundeskreis. Was bleiben wird: ein schön geschmückter Baum, sehr leckeres Essen und Champagner. Für mich hat Weihnachten auch viel mit leiblichen Genüssen zu tun, worin sich vielleicht meine französischen Wurzeln zeigen, und die sind ja zum Glück nicht eingeschränkt.
Grenzen in der Krise bewusst wahrnehmen
Diese Krise zwingt mich dazu, sehr viel stärker als sonst darauf zu achten, wie es mir gerade geht, was meine Energiequellen sind und wo ich an Grenzen komme. Diese Grenze versuche ich zu respektieren, sowohl bei mir als auch bei anderen.
Ich genieße die wenigen sozialen Kontakte, die ich zurzeit habe, sehr, und nehme bewusster wahr, wofür ich sie benötige: um aus dem eigenen Kopf herauszukommen und mich verbunden zu fühlen. Kürzlich habe ich mit einer Freundin zusammengesessen, und eigentlich war es egal, worüber wir geredet haben; es hat mir einfach gut getan, sie anzuschauen und ihre Stimme zu hören.
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