Köln – Die Schildergasse bekommt einen ganz besonderen neuen Mieter. Das ehemalige Gebäude des Kölner Schuhhauses Kämpgen, die Schildergasse 70 gegenüber der Antoniterkirche, wird seit einiger Zeit komplett umgebaut. Unten wird der Online-Versender Zalando mit seinem Outlet einziehen und verlässt damit das Shoppingcenter Quincy an der Breite Straße. In den oberen Stockwerken wird sich aber noch viel mehr verändern.
Dort soll von der dritten bis zur sechsten Etage eine Boulderhalle entstehen. Dazu müssten einige Decken durchbrochen werden, um hohe Kletterwände einbauen zu können. Betreiber der Halle ist die Firma Element Boulders mit Sitz in Chemnitz. Die hat sich ganz bewusst für die Innenstadtlage entschieden. Boulderanlagen befinden sich üblicherweise am Stadtrand in ehemaligen Industriehallen mit vielen Parkplätzen.
„Doch da ist man viel zu weit weg von den Nutzern“, sagt Tom Petzold, Geschäftsführer von Element Boulders. „Wir sind keine Eventbranche, wo Leute mal hinkommen, um etwas auszuprobieren. Bei uns trainieren die Kunden regelmäßig.“
Und Erhebungen hätten gezeigt, dass die Nutzer den Trainingsort höchstens 15 Minuten von ihrem Wohn- oder Arbeitsort haben möchten. „Wir wollen deshalb dahin gehen, wo unsere Kunden sind und sie nicht irgendwo ins Gewerbegebiet fahren lassen.“ Die Schildergasse sei zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen, deshalb brauche man auch keine Parkplätze.
Bouldern – also das Klettern ohne Seil und Gurt an Steilwänden – sei ein Feierabendsport, ab 17 Uhr steige die Frequenz deutlich an und die Kunden blieben bis in den späten Abend. Die Klientel sei eher jung und eher kaufkräftig. Deshalb könne gerade auch eine Boulderhalle zur Belebung der Innenstadt am Abend nach Geschäftsschluss beitragen, sagt Tom Petzold. Profitieren könnten davon zum Beispiel die beiden großen Gastronomiebetriebe, die im Antoniterquartier entstanden sind.
Schildergasse ist im Umbruch
Zu sehen ist von der Kletterhalle noch nichts. In dem Gebäude laufen bisher lediglich Abrissarbeiten. Der Genehmigungsantrag für die Umnutzung des Hauses soll noch in diesem Monat eingereicht werden. Mit der Eröffnung der Halle sei nicht vor Mitte nächsten Jahres zu rechnen, so Petzold.
Damit bleibt zunächst also eine weitere Baustelle auf der Schildergasse, die derzeit – und stärker noch die Hohe Straße – im Umbruch ist. Die Neubelegung des Gebäudes passt aber genau zu der angestrebten Neuausrichtung der Fußgängerzonen. Klassische mehrstöckige Modehäuser und eine reine Aneinanderreihung von Kettenfilialen funktionieren nicht mehr. Früher standen Mieter für die Gebäude Schlange, das ist schon länger nicht mehr der Fall. Während man in guten Zeiten noch mit bis zu 260 Euro pro Quadratmeter rechnen konnte, muss nun verhandelt werden. „Die Mieten sind um 20 bis 40 Prozent heruntergegangen“, sagt Thomas Nandzik vom Immobilienberatungsunternehmen CBRE, der das neue Dom-Carré und viele weitere Objekte betreut.
Neue Mischung auf der Schildergasse
Früher waren Zehn-Jahres-Verträge üblich, so lange Laufzeiten werden selten. Manche Mieter wollen nur das Erdgeschoss oder möchten – wie im Fall der Boulderhalle – stark umbauen. Hausbesitzer, Mieter, der Verein Stadtmarketing und die Stadt entwickeln derzeit mit Hilfe von Experten ein neues Leitbild für die Einkaufsmeilen. Es soll im September vorgestellt werden und setzt vor allem auf eine Mischung von Einkaufen, Gastronomie, Freizeit, Wohnen und der Verbesserung des Umfeldes.
Einige der Veränderungen wurden durch die Abwanderung von Kunden zum Online-Handel verursacht. Doch auch da gibt es nun eine kleine Gegenbewegung: Online-Händler wollen verstärkt auch stationär präsent sein. So eröffnete die Firma Waterdrop, die ihre Geschmackszusätze für Wasser bisher nur online verkaufte, einen Flagship-Store auf der Hohe Straße. Und der Online-Versandhändler Zalando wechselt mit seinem Outlet aus dem Quincy an der Breite Straße auf die 1a-Lage an der Schildergasse.
Zalando wechselt auf Schildergasse
Im Outlet gibt es zum Beispiel Ware in Einzelgrößen und aus der Vorsaison oder Artikel mit kleineren Mängeln. Zalando hat in Deutschland 13 solcher Outlets. Deren Einnahmen sind gestiegen und machten laut dem Fachmagazin „Textilwirtschaft“ zuletzt 16 Prozent der Gesamtumsätze aus.