Einer Studie zufolge ist ein Seilbahn-System über den Rhein in Köln denkbar. Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim hält das Potenzial für groß.
Verkehrsexperte über Kölner Seilbahn-Idee„Ein Rheinpendel könnte weltweit für Furore sorgen“
Herr Monheim, was halten Sie von der Idee, ein Seilbahn-System über den Rhein zu bauen?
Das Konzept ist bemerkenswert und wirklich innovativ. Ich halte es für eine hochrelevante Option, die weiter verfolgt werden muss. Ein Rheinpendel könnte weltweit für Furore sorgen.
Inwiefern ist Köln aus Ihrer Sicht als Standort für ein solches Großprojekt geeignet?
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Die Stadt hat im Vergleich zu vielen anderen Metropolen mit Flüssen ein großes Defizit an Brücken. Mit dem Rheinpendel würden völlig neue Dimensionen entstehen, weil die Reisezeit für rheinquerende Relationen extrem verkürzt werden könnte. Die nun vorgelegte Machbarkeitsstudie unterschätzt sogar noch den Verkehrswert der Seilbahnen aus meiner Sicht, weil die Reisezeiteffekte enorm hoch wären. Das Konzept ist so ausgelegt, dass es für einige Relationen ein völlige neue Leistungsfähigkeit in den ÖPNV bringt, durch die möglichen Querverbindungen.
Wäre es denkbar, die Idee Schritt für Schritt umzusetzen?
Ja, das ist ein gangbarer Weg. Die Bonner Seilbahn, die in der Realisierung schon wesentlich weiter ist, besteht auch aus zwei Teilabschnitten, die unabhängig voneinander umgesetzt werden können. Es spricht vieles dafür, dass sich auch in Köln die Dimensionierung der einzelnen Teilabschnitte an den jeweiligen Fahrgast-Prognosen orientiert – und nicht jeden Abschnitt mit der gleichen Kapazität der teuersten Seilbahn ausstattet.
Aber das sind Überlegungen, die in weiteren Studien konkretisiert werden müssen. Das Netz kann auch schrittweise wachsen, es muss nicht sofort vollständig beschlossen werden. In Köln gibt es aber die Chance, dass die Seilbahnen gerade wegen solcher Differenzierungen nach Teilabschnitten System-Charakter bekommen könnten. Das wäre für Deutschland sensationell, weil dort bislang nur kleine und kurze Seilbahnoptionen diskutiert werden.
Wie realistisch ist die Finanzierung? Schon jetzt ist von mehr als 200 Millionen Euro die Rede.
Bund und Land fördern urbane Seilbahnen inzwischen genauso wie normale ÖPNV-Investitionen. Und aus dem Charakter eines Pilot-Projektes könnten sich zusätzliche Föderoptionen ergeben. Denn bislang ist der Fortschritt im Bereich urbaner Seilbahnen in Deutschland noch nicht sehr groß. Es gibt zwar in rund 20 Städten Seilbahndiskussionen. Aber die Netz- und Systemrelevanz des Kölner Rheinpendels ist einmalig.
Halten Sie die Seilbahnen für ausgeschlossen, wenn die Wasserbusse tatsächlich kommen sollten? Beide Konzepte verfolgen ein ähnliches Ziel.
Nein, aus meiner Sicht ist das kein Entweder-oder. Das Wasserbus-Konzept betrifft nur die unmittelbare Flusstrasse mit ihren potenziellen Anlegern und deren Verknüpfung mit weiterführenden ÖPNV-Linien. Das Rheinpendel-Konzept geht viel weiter in die Breite und auch weit über die Innenstadt hinaus. Deswegen sollte die Stadt beide Optionen weiter verfolgen, kann allerdings bei der Frage sinnvoller Anleger für den Wasserbus auch schon die potenziellen Haltepunkte der Seilbahn einbeziehen. Deswegen halte ich es für falsch, dass die KVB eine parallele Umsetzung beider Projekte grundsätzlich ausschließt.
Wie lange würde der Bau der Seilbahnen in der Innenstadt dauern?
Nach den Detailstudien und einem Beschluss bräuchte es für die rein bauliche Umsetzung je nach der Länge der Trassen und Zahl der Stationen zwischen fünf und zehn Jahren.
Wie realistisch ist es, mitten in die Kölner Innenstadt mehrere Haltepunkte zu bauen, die mehr als 50 Meter hoch sind?
Sie meinen die Höhe der Stützen. Die Stationsgebäude selber reichen normalerweise nicht so hoch, ideal ist, wenn sie ebenerdig liegen oder nur auf der Plus-1-Ebene. Diese Frage der Stationsgestaltung in Höhe, Länge, Breite und Architektur ist aber in der Tat die größte Herausforderung. Und diese Fragen erfordern jedenfalls eine intensive Bürgerbeteiligung. Es geht hier um sehr viele stadtgestalterische Themen, die eine Rolle spielen würden. Aber auch die Stützen würden das Panorama der Stadt verändern, auch hier geht es dann neben der Funktionalität auch um die gestalterischen Details. Im Grunde bräuchte man je nach Umfeld für jede Station einen einzelnen Gestaltungswettbewerb, weil die Bauten optimal städtebaulich integriert werden müssen. Aber diese Herausforderung darf nicht dazu führen, dass man gleich zu Anfang wegen solcher Schwierigkeiten das Projekt ad acta legt.
Zur Person: Heiner Monheim, geboren 1946, ist Verkehrswissenschaftler, Geograph und emeritierter Professor der Universität Trier. Im Jahr 2011 hat er das Planungshandbuch „Urbane Seilbahnen – Moderne Seilbahnsysteme eröffnen neue Wege für die Mobilität in unseren Städten“ gemeinsam mit weiteren Fachleuten veröffentlicht. Er befasst sich seit Jahren mit der Idee des Kölner „Rheinpendels“.