Köln – Jahrelanger Betrug zu Lasten privater Krankenkassen wird einem Arzt vorgeworfen, dem seit Mittwoch vor dem Landgericht der Prozess gemacht wird. Zwar ist der 74-jährige Allgemeinmediziner, der eine Praxis im Kölner Süden unterhält, gesundheitlich angeschlagen, doch ein Kardiologe und eine Psychiaterin waren nach Untersuchungen zu dem vorläufigen Befund gekommen, der Angeklagte sei zwei bis drei Stunden verhandlungsfähig. Trotzdem erschien er zum Prozessauftakt nicht zur festgesetzten Zeit.
Es hieß, er sei bei einem Neurologen. Atteste lagen nicht vor. Die 16. Große Strafkammer, deren Vorsitzende zwei Mal mit dem behandelnden Arzt telefonierte, war kurz davor, den Angeklagten von der Polizei vorführen zu lassen, als er nach dreieinhalb Stunden endlich auftauchte.
Abrechnungen im Namen eines anderen Kölner Arztes
Treffen die Vorwürfe zu, hat er von Anfang 2008 bis zum 27. August 2012 in über 600 Fällen Rechnungen für Privatpatienten ausgestellt, obwohl er dazu keine Befugnis hatte. Weil ihm diese Erlaubnis fehlte, rechnete er nach Darstellung der Anklage die Leistungen, die er erbrachte, unter dem Namen eines anderen, mittlerweile verstorbenen Mediziners ab oder ließ dies seine Angestellten tun. Die Patienten, die annahmen, es habe alle seine Richtigkeit, reichten die Papiere bei ihrer jeweiligen Krankenversicherung ein. Nicht immer bewilligten deren Mitarbeiter die Kostenübernahme; deshalb blieb es in zahlreichen angeklagten Betrugsfällen beim Versuch.
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Wenn die Kassen zahlten, gelangte das Geld auf das Konto des anderen Arztes, für das der Angeklagte eine Vollmacht hatte; immer wieder leitete er hohe Beträge auf sein eigenes Konto weiter. Im Laufe der Jahre soll der Mediziner unberechtigt Rechnungen in einer Gesamthöhe von circa 562.000 Euro erstellt haben; von den geltend gemachten Kosten erstatteten die Krankenkassen insgesamt rund 270.000 Euro. Soweit die Zusammenfassung der Anklage.
Gesundheitszustand des Arztes wird geprüft
Ihr Mandant werde sich nicht einlassen, erklärten die Verteidiger. Der Angeklagte entschuldigte seine große Verspätung damit, er habe am Morgen einen „Anfall“ gehabt. Der Neurologe hatte befunden, der Arzt sei in der Lage, am Prozess teilnehmen. „Man kann sich nicht aussuchen, ob man an einer Hauptverhandlung teilnimmt“, machte ihm die Vorsitzende Richterin klar. Erscheine ein Angeklagter trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht, bleibe dies nur bei ein attestierten Verhandlungsunfähigkeit „ohne Folgen“. Der Gesundheitszustand des Arztes soll nun weiter überprüft werden. Als nächster Termin der Prozesses, für den zehn Verhandlungstage vorgesehen sind, ist der 15. Juli festgesetzt.