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Kölner Verwaltung„Kein Fehler, den Profis zu vertrauen“

Lesezeit 4 Minuten

Anne Luise Müller

Köln – Für die Stadt zu arbeiten, sei immer ein „wirkliches Privileg“ gewesen. „Sich in die Geschichte einer Stadt einzuschreiben zu dürfen, ist schon was besonderes.“ Die zwei Sätze zum Abschied nach fast 18 Jahren an der Spitze eines der wichtigsten Ämter der Stadtverwaltung sind durchaus typisch für Anne Luise Müller. Mit Höflichkeit und Bescheidenheit verbindet sich ein gesundes Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigene Kompetenz.

Mit kölscher Hemdsärmligkeit hat sie nichts zu tun. Eine Antreiberin und Macherin ist sie trotzdem gewesen – aber eben auf ihre eigene, ganz spezielle Art. Eine Architektin unter Juristen, eine Fränkin im Rheinland – und nicht zuletzt eine Frau unter vielen Männern, denn als sie 2001 in Köln anfing, gab es kaum weibliches Führungspersonal in der Stadtverwaltung.

Erstes Großprojekt war der Rheinauhafen

Ihr erstes Großprojekt war der Rheinauhafen – 13 Jahre hat es gedauert, bis er fertig wurde. Ein Jahr nach ihrem Amtsantritt sagte sie für 2003 die Erschließung des neuen Stadtteils Kreuzfeld voraus. Den gibt es bis heute nicht. Planen sei ein langwieriger Prozess, sagt sie. Wenn dann – wie in diesen Fällen – ein wirtschaftlicher Abschwung oder der Wankelmut der Politik hinzu kommt, kann es Ewigkeiten dauern. Nun müsse alles deutlich schneller gehen. Das sei verständlich. „Doch das führt auch zu Überforderungen und schlechteren Ergebnissen.“ Müller hat sich immer auch als Streiterin für eine gute Baukultur verstanden. Die dürfe nicht unter die Räder kommen, weil überall das Tempo angezogen werden soll.

Alles zum Thema Rheinauhafen

Nach den größten Erfolgen während ihrer Amtszeit gefragt, an denen sie mitwirken konnte, nennt sie den Deutzer Rheinboulevard. „Ich bin sehr froh, dass der Stadtrat damals nicht der kürzeren Sparvariante der Verwaltung zugestimmt hat.“ Das Projekt sei ein Vorbild für die Gestaltung des öffentlichen Raums. Als gelungenes Wohnungsbauprojekt bezeichnet sie die Bebauung des Kinderheimgeländes in Sülz, weil es hier gelungen ist, eine anspruchsvolle Architektur mit der Wohnnutzung zu verbinden. Auch das Nippeser Clouth-Quartier werde vorbildlich, wenn es ein bisschen „Patina“ angesetzt hat.

Den Rheinauhafen würde man heute anders planen, damit das Quartier lebendiger werde, glaubt sie. Auch bei der Umsetzung des größten Wohnungsbauprojekts der vergangenen Jahren in Widdersdorf habe man aus Fehlern für die Zukunft gelernt. Müller wirbt für gemischte Quartiere. „Die Vielfalt macht den Reiz der Stadt aus.“ Als sie 2001 anfing, stand die Stadt noch am Anfang eines Lernprozesses, was den praktischen Umgang mit diesem stadtentwicklungspolitischen Ziel angeht.

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Bei der Stadtplanung gab es weniger „Stolpersteine“, sagt sie im Rückblick. Auch sahen sich die Planer nicht so häufig lauten Anwohnerprotesten gegenüber. Sie erinnert sich an die Debatten um den L.-Fritz-Gruber-Platz – „eine kleine Preziose“ – am Museum Kolumba, den einige nicht wollten, weil dafür Parkplätze wegfielen. „Es war nicht einfach zu vermitteln, dass etwas Besseres entsteht als eine Abstellfläche für Blechkisten.“

Heute ist es noch schwerer, gesamtstädtische Anliegen gegen Einzelinteressen durchzusetzen. Müller formuliert das feiner: „Bürger sind mit ihrer Kenntnis und Expertise Gesprächspartner, den man auf Augenhöhe begegnen und die man ernst nehmen muss.“ Doch genau wie sich Bürger auf ihren Arzt verlassen, sollten sie akzeptieren, dass es „einfach auch Experten für Stadtplanung, Architektur, Gestaltung oder Mobilität gibt“. Es sei kein Fehler, den Profis mehr zu vertrauen. Das gelte auch für den Konflikt um die Nutzung der freien Flächen in Köln. Die beiden Grüngürtel seinen ein „Schatz“, den man nicht beschädigen dürfe. Bei anderen Freiflächen sei angesichts des Drucks durch die Bevölkerungsentwicklung etwas mehr Bereitschaft zum Verzicht nötig.

Mahnung zum Abschied

Der Profi Müller mahnt zum Abschied – freundlich, zurückhaltend, aber doch deutlich. Eine Stadt dieser Größenordnung brauche mehr Personal für ihr Planungsamt. Mit rund 80 Mitarbeitern könne man „nicht alles in der entsprechenden Tiefe und nötigen Geschwindigkeit“ bearbeiten. Jetzt, wo man wisse, dass man Personal zusetzen müsse, sei es schwierig, welches auf dem leer gefegten Markt zu finden. Die Chance, gute Leute einzustellen, habe die Stadt verpasst.

Pläne für den Ruhestand hat sie noch keine. Fest steht aber, dass sie in Köln bleiben wird. Aus der Fränkin ist eine Kölnerin geworden. Ein kölsches „Tschö“ wird ihr jedoch nie über die Lippen kommen. Müller verabschiedete sich auch an ihrem letzten Arbeitstag wie immer mit einem vornehmen „Ade“.