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Ehemaliger Weltzoopräsident:„Der Kölner Zoo ist global einer der führenden“

Lesezeit 7 Minuten
Zoodirektor Theo Pagel

Theo Pagel, Direktor des Kölner Zoos, war zwei Jahre lang Weltzoopräsident.

  1. Der Kölner Zoodirektor Theo Pagel war zwei Jahre lang Präsident des Weltzooverbands.
  2. Im Interview spricht er über seine Arbeit dort, den Kölner Zoo und darüber, wie er mit Zookritikern umgeht.

Herr Pagel, Sie waren zwei Jahre lang Präsident des Weltzooverbands (Waza). Welcher ist der schönste Zoo der Welt?

Der Kölner Zoo natürlich. Ich glaube, wir können uns tatsächlich global sehr gut sehen lassen, weil man bei uns die Entwicklung zoologischer Gärten schön ablesen kann. Wir haben viele unter Denkmalschutz stehende Häuser, wie das nun wiedereröffnete Arnulf-und-Elizabeth-Reichert-Haus. Da sehen wir außen aus wie 1899 und zeigen innen moderne Tiergärtnerei.

Wie viele Zoos auf der Welt haben Sie als Präsident besucht?

Ich war der erste Präsident dieses Weltzooverbands, der nur lokal gearbeitet hat. Ich war, Corona geschuldet, ein virtueller Präsident und habe in meiner Amtszeit nur zwei Zoos besucht, weil wir ja nicht reisen konnten. Ich habe natürlich schon vorher ein paar Hundert Zoos besucht, deshalb war das nicht so tragisch. Wir haben die ganzen internationalen Tagungen online durchgeführt.

Wie wird man überhaupt Weltzoopräsident?

Ich bin zunächst in den Vorstand der Waza gewählt worden. Die Zoowelt ist in drei Regionen aufgeteilt, ich bin einer der Vertreter der Region Europa. Dann wählt der Vorstand aus seinen Reihen für zwei Jahre einen Präsidenten, so wurde ich in Buenos Aires gewählt. Ich habe aber die Satzung geändert, jetzt kann jeder aus dem Verband zum Präsidenten gewählt werden.

Wo steht der Kölner Zoo im weltweiten Vergleich?

Ohne anmaßend zu wirken, aber der Kölner Zoo ist nicht nur europaweit, sondern auch global einer der führenden Zoos. Das bemisst sich nicht nach der Fläche oder der Besucherzahl, sondern daran, was die Zoos machen. Wir haben, neben der Erholungsfunktion, die Aufgaben Bildung, Forschung, Natur- und Artenschutz. Und da sind wir ganz vorn mit dabei. Wir machen Unmengen an Bildungsangeboten, mehrere unserer Mitarbeiter sind an der Uni in der Biologischen Fakultät in der Lehre tätig. Wir forschen im Zoo und außerhalb, entdecken neue Arten, machen Zucht- und Arterhaltungsprojekte, zum Beispiel in Südamerika, aber auch in Köln. Natürlich gibt es noch bedeutendere Einrichtungen wie die Wildlife Conservation Society in New York oder San Diego Global, die riesige Budgets haben und deshalb noch mehr machen können. Aber es geht nicht nur um monetäre Aspekte, sondern darum, was am Ende herauskommt. Und da spielen wir ganz oben mit.

Das ist der Weltzooverband

Die Word Association of Zoos and Aquariums (Waza) ist der internationale Dachverband aller größeren zoologischen Gärten der Welt. Rund 400 Einrichtungen sind darin zusammengeschlossen, die jährlich von mehr als 700 Millionen Menschen besucht werden. Alle zwei Jahre wählt die Waza einen neuen Präsidenten. Auf den Kölner Zoo-Direktor Theo Pagel, dessen Amtszeit am 14. Oktober endete, folgte nun Clément Lanthier, Chef des Zoos in Calgarary, Kanada.

1934 wurde der Weltverband in Basel gegründet als „Internationale Union von Direktoren Zoologischer Gärten“, im Zweiten Weltkrieg jedoch wieder aufgelöst und 1946 in Rotterdam neu gegründet. Im Jahr 2000 änderte die globale Organisation ihren Namen in Waza. Heute hat er seinen Hauptsitz in Barcelona.

Der Waza vertritt Zoologische Gärten und Aquarien in anderen internationalen Organisationen, fördert die Zusammenarbeit mit Naturschutzorganisationen und unterstützt ihre Mitglieder bei der Bewältigung ihrer Aufgaben von der Tierhaltung, Tierzucht bis hin zur Bildung in Umwelt- und Naturschutzfragen.

Hat der Kölner Zoo von ihrer Weltzoopräsidentschaft profitiert?

Wir konnten Weichen stellen und Kontakte knüpfen. Wir waren als Weltzooverband zum ersten Mal bei der größten Naturschutztagung der Welt von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) in Marseille. Ich habe Vorträge gehalten, wie Zoos am Naturschutz mitarbeiten können. Ich habe jetzt direkten Kontakt zur IUCN. Das wiederum hilft uns, Türen zu öffnen für bestimmte Projekte. Der Kölner Zoo hat also nicht nur Renommee gewonnen, sondern auch neue weltweite Kontakte. So wird der Kölner Zoo weltweit bekannter, und vielleicht kommt der ein oder andere nicht nur wegen des Doms nach Köln.

Was haben Sie in Ihrer Amtszeit erreicht?

Wir haben eine neue Geschäftsstelle des Verbands in Barcelona eingerichtet und wichtige Werkzeuge entwickelt. Es gibt jetzt Fach-Broschüren zu Strategien, wie sich Zoos verbessern können, wie sie Nachhaltigkeit umsetzen, die Umweltbildung der Besucher verstärken oder Plastik vermeiden, CO2 reduzieren. Der Kölner Zoo macht das alles auch, wir arbeiten an Strategien. Wir wollen ja die Natur retten und müssen das leben, was wir predigen. In die Zoos des Verbands kommen jährlich 700 Millionen Besucher. Wir erreichen also sehr viele Menschen, und es ist eine große Chance, sie für Arten- und Umweltschutz zu sensibilisieren. Der Weltzooverband war zudem finanziell angeschlagen, das konnten wir gerade rücken. Vor allem haben wir es geschafft, mit der IUCN, der größten nicht staatlichen Naturschutzorganisation der Welt, in Koalition zu treten. Das war früher undenkbar, weil einige aus dem Naturschutz Zoos sehr kritisch sehen. Aber man hat erkannt, wie wichtig Zoos sind, dass wir auch Zuchtprojekte außerhalb natürlicher Lebensräume brauchen. Ich hatte als Präsident in der IUCN-Arten-Kommission einen Sitz und wurde im Zuge dessen Chef von „Reverse the Red“. Das ist ein ganz neuer Ansatz, der eine Bewegung initiieren möchte, die zum Ziel hat, den Erhalt der Bio-Diversität, also der Artenvielfalt, in die Bevölkerung zu bringen.

Wie funktioniert „Reverse the Red“?

Neben der Initiierung einer breiten Bewegung, wollen wir ein weltweites Netzwerk schaffen mit Zentren, in denen Fachleute ermitteln, mit welchen Tier- und Pflanzenarten es ein Problem gibt. Es soll eine Datenbank entstehen, in der sämtliche Natur- und Artenschutzprojekte der Welt verknüpft werden, um die Arbeit effektiver zu machen. Das wird viele Millionen Euro kosten, deshalb müssen viele Menschen mitspielen, auch Politiker. „Reverse the Red“ ist ein sehr großes Unterfangen, zu dem wir jetzt den Startschutz gegeben haben und das nun dauerhaft weiterentwickelt wird. Die Menschen müssen begreifen, dass der Verlust von Artenvielfalt genauso gefährlich für das Überleben der Menschheit ist wie der Klimawandel.

Welche Aufgaben haben die modernen Zoos heute?

Ich spreche immer von den wissenschaftlich geleiteten Zoos, die Naturschutz, Bildung und Forschung als Zielorientierung haben. Diese Zoos werden immer wichtiger. Wir sind oft die einzigen Flecken, wo sie mit Natur in Verbindung kommen, denn wir leben in einer Zeit zunehmender Urbanisierung. Als wir vor acht Jahren im Zoo den Clemenshof mit heimischen Tiere gebaut haben, haben die Leute gelacht: Warum baut ihr hier einen Bauernhof mit Kühen? Aber Kinder brauchen nur 20 Minuten ins Bergische Land, viele haben aber trotzdem noch nie eine echte Kuh gesehen. Zoos sind Botschafter, die die Menschen sensibilisieren und ihnen anschaulich machen, was sie selbst zum Umwelt- und Artenschutz beitragen können. Und Zoos können gezielt Arten erhalten wie wir das zum Beispiel bei uns im Aquarium mit den Philippinenkrokodilen machen, wo wir Bestände aufbauen und zurückbringen. Die Menschen müssen verstehen, dass Umwelt- und Artenschutz für sie essenziell ist.

Wie überzeugen Sie Zoo-Kritiker?

Wir diskutieren zum Beispiel an der Uni mit jungen Biologinnen und Biologen die Frage: Tiergefängnis oder Naturschutzzentrum. Meist bezieht sich die Kritik auf die Größe der Gehege. Aber auch in der Natur sind die Reviere unterschiedlich. Unsere Tiere sehen ihre Gehege genauso an wie in der Natur, es gibt feste Punkte, Kratzstellen, Versteckmöglichkeiten. Man muss den Tieren ein verhaltensgerechtes Leben ermöglichen. Wir möchten den Leuten klar machen, dass die Tiere auch in der Natur nicht frei sind, es lauern überall Feinde. Das beschränkt den Lebensraum auch. Die Natur ist nicht nur die freie heile Welt, da geht es ums Überleben. Man muss auch sehen, dass die Tiere im Zoo nicht gefangen werden, sondern irgendwo in einem Zoo zur Welt kamen. Zoos sind keine Gefängnisse, sondern eigentlich Fünf-Sterne-Hotels mit allen, was man sich wünschen kann. Natürlich sind wir begrenzt, aber wichtig ist nicht die Quantität des Lebensraums, sondern die Qualität. Die Pfleger fordern die Tiere, sie müssen sich zum Beispiel ihr Essen immer auch erarbeiten. Unsere Mitarbeiter sind ausgebildete Fachleute. Ich behaupte, die Tierschutzprobleme in Zoos sind deutlich geringer als die in der Heimtierhaltung.

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Wo muss der Kölner Zoo besser werden?

Wir müssen die Haltung für bestimmte Tierbereiche verbessern. Wir werden zu Beispiel die Giraffenanlage etwas größer machen. Wir wollen stetig in der Wissensvermittlung und in der Nachhaltigkeit besser werden. Ich möchte, dass jeder Besucher, der den Zoo verlässt, ohne dass er es gemerkt hat, mehr weiß und sich mehr für die Natur interessiert als vorher.