- Das Verwaltungsgericht hatte die Stadt Köln verpflichtet, ab 22 Uhr für Ruhe auf dem Brüsseler Platz zu sorgen.
- Dagegen legte die Kölner Stadtverwaltung vor einem Jahr Berufung ein. Seitdem tut sich nichts.
- Darum gehen die lärmgeplagten Anwohner jetzt einen ganz besonderen Weg.
Köln – Die lärmgeplagten Bewohner am Brüsseler Platz fühlen sich verschaukelt und ziehen daher juristisch ein neues Register. Ein Jahr ist es nun her, dass die Stadt Köln Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingereicht hat. Es hatte die Stadt verpflichtet, im Belgischen Viertel zwischen 22 und 6 Uhr für Nachtruhe zu sorgen und damit die Gesundheit der Anwohner zu schützen.
Aber ein Jahr danach ist die Berufung noch nicht einmal terminiert. Der Grund: Der gleiche Senat ist auch mit der Bearbeitung der Verfahren um mögliche Diesel-Fahrverbote beschäftigt und damit mehr als ausgelastet. Erst im August wird über Köln und Bonn entschieden, danach folgen noch weitere NRW-Städte.
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„Es ist davon auszugehen, dass das bis Mitte 2020 dauern kann, ehe überhaupt über die Berufung verhandelt wird“, konstatiert Detlef Hagenbruch vom Bürgerbüro Brüsseler Platz. Das hieße: ein weiterer Sommer im Lärm-Streit ohne klare Regeln. „Es ist ein Unding, dass hier jetzt kein Recht gesprochen wird und die Leute in der Luft hängen bleiben.“
Daher haben die Anwohner jetzt „den einzigen Hebel gezogen, den man jetzt juristisch wirksam ziehen kann“, wie Hagenbruch formuliert: Sie haben über ihren Anwalt Wolfgang Sedlak einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) eingereicht. Mit der Begründung erheblicher gesundheitlicher Risiken für einen Anwohner, wenn der Lärm zwischen 22 Uhr und 6 Uhr über dem als gesundheitsgefährdet eingeschätzten Wert von 60 Dezibel liegt. Wolfram Sedlak, der Anwalt der klagenden Anwohner, stützt sich dabei auf ein Gutachten des Kölner Arztes Thomas Kurscheid. Das konstatiere ein erhöhtes Schlaganfallrisiko für die Anwohner, da der Dezibel-Wert nachts regelmäßig über 60 hinaus gehe.
Die Stadt hat nun die Pflicht, bis Mitte Juni zu dem Antrag Stellung zu beziehen. Gibt das Gericht dem Antrag statt, muss die Stadt sofort für eine Übergangszeit Maßnahmen ergreifen, um die Nachruhe sicherzustellen. „Es ist das Ziel dieses juristischen Schrittes, dass dort endlich etwas passiert“, sagt Sedlak, der der Stadt Köln vorwirft, das Problem auszusitzen. „Sie hat Berufung eingelegt und macht nun in der Zwischenzeit nichts, außer zu warten, ob das Urteil bestätigt wird oder nicht.“
„Polizei statt Sozialarbeit“
Dabei gebe es viele mögliche einfache Maßnahmen, ohne dass die Räumung des Platzes, „das Schreckgespenst der Stadt“, zum Tragen kommen müsste. So schlägt Anwalt Sedlak beispielsweise die Installation eines Lärmmessgerätes mit einer Dezibel-Anzeigetafel vor. Außerdem plädiert der Anwalt statt des Einsatzes von Sozialarbeitern für regelmäßige Polizeipräsenz auf dem Platz. „Die Sozialarbeiter werden von den Feiernden nicht ernst genommen und alarmieren das Ordnungsamt. Die Mitarbeiter erscheinen aber erst Stunden später, weil sie woanders unterwegs sind.“ Eine Ordnungspartnerschaft mit der Polizei sei deutlich wirkungsvoller. „Aber sie wird verweigert, weil sie politisch nicht gewollt ist.“