Bocklemünd/Widdersdorf – Bis man von Widdersdorf in die Innenstadt mit der Straßenbahn fahren kann, wird noch viel Wasser durch den Randkanal fließen. Dass die Verbindung nötig ist, steht außer Frage.
Uneinigkeit herrscht aber darüber, welche Strecke die attraktivere ist. Nachdem sich die Stadt Köln im Bedarfsplan zur Freude der Bezirksvertretung Lindenthal für den Ausbau des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs auf die Verlängerung der Linie 1 von Weiden bis nach Widdersdorf und möglicherweise bis Pulheim-Brauweiler festgelegt hat, regt sich in Ehrenfeld Widerstand.
Die Kosten sprechen gegen die Variante der Linie 4
Dort wird eindeutig die Variante bevorzugt, die Linie 4 von Bocklemünd aus nach Widdersdorf zu verlängern. Der Bedarfsplan ist jedoch eine entscheidende Voraussetzung für die Finanzierung.
In der Ehrenfelder Bezirksvertretung gab sich die SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Bossinger kämpferisch: „Wir fordern, dass die Verlängerung der Linie 4 bis nach Widdersdorf und nach Pulheim-Brauweiler als Variante für einen Straßenbahnanschluss dieses Stadtteils weiter berücksichtigt wird“, sagte sie und schob nach: „Mit der Linie 4 gelangt man viel schneller in die Innenstadt als mit der Linie 1“.
Verwaltung und Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) sollen beide Varianten inklusive einer detaillierten Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile vorstellen. Bezirksvertreterin Petra Bossinger wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Linie 4 eine um sieben Minuten kürzere Verbindung zwischen Widdersdorf und dem Neumarkt (Innenstadt) ermöglichen würde.
Zudem zeigte sich Bossinger überzeugt, es sei im Interesse vieler junger Menschen aus Widdersdorf und – falls die Trasse bis Pulheim-Brauweiler verlängert würde – auch aus Brauweiler, wenn sie die Clubs und Diskotheken in Ehrenfeld schnell per Bahn erreichen könnten.
Unterstützung aus Widdersdorf
Schützenhilfe für die Ehrenfelder Sichtweise kommt aus Widdersdorf: „Wir würden auch lieber in die 4 steigen, um in die City zu gelangen“, sagt Stefan Dößereck, Sprecher von „Wir für Widdersdorf“, einer Interessengemeinschaft der Gewerbetreibenden im Stadtteil. Man sei eng verknüpft mit anderen Ortsvereinen.
„Da ist zum einen die kürzere Fahrzeit, zum anderen das bloße Gefühl für den Stadtbahnnutzer. Wenn man in die Innenstadt will, setzt man sich doch nicht in eine Bahn, die zunächst Richtung Frechen nach Weiden-West fährt. Alleine wegen dieses Umwegs wäre die Linie 1 nicht attraktiv genug“, sagt Dößereck.
Generell übt der 49-Jährige gebürtige Widdersdorfer scharfe Kritik an der Tatsache, dass die Einwohnerzahl des Stadtteils von 5000 auf 10 000 Menschen verdoppelt wurde, jedoch praktisch nichts für die Verkehrsinfrastruktur getan worden sei. „Wir haben täglich einen Verkehrskollaps im Dorf“, beschreibt er die Situation auf den Straßen. Daher gebe es eine gewisse Ungeduld im Ort.
Ende der Planung ist erst 2030 in Sicht
Das jedoch ist Wasser auf die Mühlen der Linie-1-Befürworter. Zwar werde es möglicherweise bis 2030 dauern, dass alle Planungen fertig seien, sagte KVB-Planungschef Gunther Höhn vor wenigen Wochen bei einer Informationsveranstaltung. Das jedoch bezog sich auf die Linie-1-Variante. Würde die Linie 4 in den Planungen berücksichtigt, dauere es noch länger, bis überhaupt eine Bahn fährt, weil es hier überhaupt noch keine Vorplanungen gebe.
„Nun braucht es ein Voran und nicht wieder eine neue, teure und verzögernde Gutachterschleife“, sagt daher Roland Schüler, Experte vom Verkehrsclub Deutschland VCD und stellvertretender Bezirksbürgermeister in Lindenthal. So leid es ihm für die Ehrenfelder Kollegen tue: „Der Zug mit der Linie 4 ist sozusagen abgefahren.“ Schüler weiter: „In den Gremien Nahverkehr Rheinland und im Regionalrat ist schon im Sommer einstimmig beschlossen worden, für die Verlängerung der Linie 1 von Weiden-West nach Widdersdorf vordringlichen Bedarf anzumelden.“
Kosten und baulicher Aufwand sind seiner Auffassung nach das wichtigste Argument gegen die Linie-4-Variante. Schüler bezieht sich dabei aber auf ein Gutachten aus dem Jahr 2000.
Für die Linie 4 müssten Unterquerungen unter dem Militärring, der Venloer Straße, der Eisenbahnstrecke Köln-Pulheim sowie der Autobahn A1 erstellt werden. Dagegen sei für Linie 1 nur ein Durchstich unterhalb der Eisenbahntrasse Köln-Aachen notwendig. Zum Teil sei dieser bereits beim Neubau der S-Bahn konstruktiv vorbereitet. Außerdem müssten einige kleinere Brücken über den Randkanal geschlagen werden. Das sei es dann aber auch.