Weil die Stadt zu wenige Ingenieure hat, arbeitet sie KVB-Ausbauprojekte nacheinander statt parallel ab. Das sorgt für Unmut.
Linie 4 wird später ausgebautVerkehrswende verzögert sich wegen Personalmangel bei der Stadt Köln erneut
Die geplante Erweiterung der KVB-Linie 4 verzögert sich. Grund ist die personelle Notlage im Verkehrsdezernat der Stadt. Weil die Stadt zu wenige Ingenieure im Verkehrsdezernat hat, sah sie sich im vergangenen Jahr gezwungen zu priorisieren: Weil die weitere Planung für den Ausbau der Linie 17 in Richtung Niederkassel Vorrang hatte, ist die Linie 4 liegengeblieben. Ursprünglich sollte die Machbarkeitsstudie bis 2024 fertiggestellt sein. Nun läuft es frühestens auf das Jahr 2026 hinaus.
Ausbau der Linie 17 hatte Vorrang
Bereits im vergangenen Februar deutete sich an, dass sich die Pläne verzögern: „Aufgrund von personellen Engpässen mussten die konzeptionellen ÖPNV-Projekte priorisiert werden. Im Resultat musste dann die Vorbereitung der Machbarkeitsstudie (MBS) zur Verlängerung der Linie 4 zugunsten des Projektes „Stadtbahn Bonn-Niederkassel-Köln (Linie 17)“ zurückgestellt werden“, hieß es damals von der Stadt.
Nun teilte die Stadt mit, die Arbeiten an dem Linie-4-Projekt im Oktober wieder aufgenommen zu haben. Vor der Planung des Ausbaus hatte die Stadt mit dem Rhein-Erft-Kreis prüfen lassen, ob eine Verlängerung der Stadtbahnlinien 1 oder 4 über Widdersdorf und Brauweiler bis Niederaußem förderfähig ist. Das Ergebnis einer Vorstudie hatte ergeben, dass die Verlängerung der Linie 4 von Bocklemünd bis Niederaußem am aussichtsreichsten ist. An dem Projekt sind auch die angrenzenden Städte Bergheim und Pulheim beteiligt.
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Es gilt nur als umsetzbar, wenn es von Bund oder Land gefördert werden kann. Die Verwaltung will dem Rat bis März eine Beschlussvorlage präsentieren, damit dieser offiziell den Ausbau-Bedarf feststellen kann. Nach dem Sommer soll dann die Vergabe der Machbarkeitsstudie ausgeschrieben werden. Die Stadt rechnet damit, dass diese anderthalb bis zwei Jahre in Anspruch nehmen wird. Frühestens 2026 liegt die Studie also vor.
Ratloser Stadtrat: „Es ist natürlich total enttäuschend“
Nachdem sich zuletzt der Ausbau der Linie 5 im Kölner Süden wegen Bombenfunden um zwei Jahre verzögert hatte, ist nun klar, dass auch die Anbindung der Linie 4 an den Rhein-Erft-Kreis in weiter Ferne liegt. Dabei hatte der Stadtrat die Verwaltung noch im vergangenen Jahr beauftragt, den Ausbau der Linie 4 vorzuziehen und bis 2030 umzusetzen. Mit dem neuen Zeitplan ist klar, dass diese Vorgabe nicht zu erreichen ist. Auch andere Aufträge wie die linksrheinische Gürtelverlängerung bis 2030 scheinen angesichts des Personalmangels utopisch.
Ist die Glaubwürdigkeit von Politik und Verwaltung gefährdet, wenn mehr Tempo beschlossen wird, die Projekte in Wirklichkeit aber noch länger dauern als bislang geplant? Ja, meint Lukas Lorenz, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Rat. Und dennoch sei der Beschluss richtig: „Denn ohne die Beschlüsse würde niemand im Stadtvorstand Druck machen, dass das Verkehrsdezernat mehr Ingenieure einstellt. Der Mangel an Ingenieuren ist unser Hauptproblem“, so Lorenz. Auch, dass die Linie 17 nach Niederkassel vorgezogen wird, sei inhaltlich richtig, weil die Zusammenarbeit mit dem Rhein-Sieg-Kreis weiter gediehen sei als jene mit dem Rhein-Erft-Kreis. Der Rat sei hier allerdings vor vollendete Tatsachen gestellt worden.
Teresa de Bellis (CDU) sagte: „Es ist natürlich total enttäuschend. In Widdersdorf glaubt niemand mehr daran, dass diese Bahn kommt. Die Stadt hat dort ein riesengroßes Baugebiet hingesetzt und die Bahn-Anbindung verschlafen.“ Sie fürchtet, dass Fördermittel durch die Verzögerung verloren gehen. Das sei der Worst Case. Lars Wahlen (Grüne) sagte zwar, er freue sich, dass die Verwaltung sich nun um das Thema kümmere. Doch auch er spricht mit Blick auf die Personalsituation von einer „Notlage“. Und deutete an, zu wissen, dass nicht jeder gefasste Beschluss umgesetzt werden kann. „Wir müssen uns auch als Politik ehrlich machen: Es können Dinge beschleunigt werden, aber eben nur dann, wenn wir andere zurückstellen.“
Mit Blick auf die zunächst bearbeiteten Ausbaupläne für die Linie 17 sagte er: „Es ist besser, ein Projekt nach dem anderen mit voller Kraft anzugehen als zwei mit halber Kraft.“ Dass die Stadt bei der Verkehrswende entgegen aller Willensbekundungen nicht aus dem Vollen schöpfen kann, bestreitet niemand.