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Kölner VeedelshistorieRomy Schneider und Rex Gildo waren Stammgäste in Weiden

Lesezeit 5 Minuten

Heute ist Henry Faust noch immer Stammgast in der gemütlichen Restaurant-Kneipe „Zur alten Post“.

Köln – Lustige Clowns, kauzige Trolle und niedliche Tiere sitzen reihenweise auf der Fensterbank des Lokals. Mit Karnevalsorden und FC-Devotionalien bilden die Figuren ein buntes Durcheinander und sind Ausdruck von jahrzehntelanger Sammelleidenschaft. Schon sehr lange ist die Gaststätte „Zur alten Post“ eine zentrale Anlaufstelle für die Weidener Jecken, Fußballfans und Thekenhocker. Für Henry Faust ist sie eine feste Größe im stetigen Wandel.

„Das hier ist eine Kultkneipe“, sagt der Mann, der nicht mehr Heinrich genannt wird, seitdem er im Viertel als DJ unterwegs war. Das war nur wenige Jahre, nachdem mit seinen Eltern und seiner Schwester nach Weiden gezogen war, 1963. Faust war damals 18 Jahre alt und erlebte in dem damaligen Kölner Vorort prägende Jugendjahre.

Weiden Romy

Seit vielen Jahrzehnten befidnet sich das Lokal „Zur alten Post“ an der Kreuzung Aachener Straße, Goethestraße.

Heute ist er 72, mit Unterbrechungen hat er immer wieder im Viertel gewohnt, dort viel erlebt und seine Erlebnisse nun bereits zum zweiten Mal schriftlich festgehalten. Bereit 2014 hat er ein Buch mit dem Titel “Bahnstraße Weiden 1914“ veröffentlicht. Das neue Werk „Hinter den Kulissen. Köln-Weiden, wie es einmal war“ gibt ein weiteres mal Einblicke in das Veedelsleben früher und heute, erzählt von Menschen, die dort einmal gelebt und gearbeitet haben, und von Orten, die längst verschwunden sind.

Alles zum Thema Aachener Straße (Köln)

Weiden und die Fußballstars

Einer davon ist das ehemalige Weidener Kino Central. „Es befand sich an der Goethestraße 4“, erzählt Faust. Wichtiger als die Lichtspielstätte selbst waren die Bänke davor. Sie waren ein Treffpunkt für die Jugend. Dort habe er manchmal gesessen, erinnert sich Faust – beispielsweise mit den Millowitsch-Geschwistern. Sie wohnten mit Vater Willy und Mutter Gerda in Lövenich.

Aber es gab auch andere Treffen die den musik- und fußballbegeisterten Mann im Gedächtnis geblieben sind. Damals trainierte er bereits die jungen Kicker beim SV Weiden, dessen Vorsitzender er später zehn Jahre lang war und auf den er heute noch als Sportwart ein Auge hat.

Doch als der TSG Ulm 1846 in der Saison 67/68 zu einem Spiel anrückte, beschränkte Faust sich nicht auf die vereinseigenen Mannen, sondern sammelte die besten Fußballer in der ganzen Gemeinde Lövenich, zu der außer Weiden auch noch Junkersdorf und Königsdorf gehörten. Es half nichts. Sie verloren, Drei zu Eins. Denn zum gegnerischen Team zählten auch Uli und Dieter Hoeneß. Natürlich wurde anschließend gemeinsam gefeiert.

Prominente Kundschaft

An der Bahnstraße ging ab den 70er-Jahren eine ganze illustre Gesellschaft ein und aus: Rex Gildo, Barbara Valentin, Romy Schneider, Heidelinde Weiß, Gitte und Gisela Uhlen machten dort Stop, wenn sie in Köln waren. Denn an der Hausnummer 161 betrieb der Friseur Michaelis sein Geschäft. Dort ließen sich berühmte Damen aufhübschen – und DJ Henry.

Faust war mittlerweile aus der elterlichen Wohnung in das Haus gezogen, das sich gegenüber befand. Auf seine Beschwerde über die Nobelkarossen, die ihm dort ständig den Weg versperrten, gab es für den jungen Mann ein besonderes Angebot: einen Gratis-Haarschnitt – regelmäßig.

Wirtschaftswunder verändert den Kleiderschrank der Weidener Damen

Die Wirtschaftswunderzeiten hinterließen auch ihre Spuren im Kleiderschrank der weiblichen Weidener. Eine Anekdote, die auch ihren Weg in Faust Buch gefunden hat, machte im Viertel die Runde: „In der Bahnstraße gab es zwei Bäckereien, die gegenüber lagen“ erzählt Faust, und zwar die Bäcker Joisten und Höhne.

„Als eines Morgens die beiden Bäckerinnen pünktlich um neun Uhr die Rollläden hochzogen“, schildert der Weiden-Kenner, „als sie die Tür öffneten und schauten, ob schon Kundschaft wartete, da warfen sie sich ein kurzen Blick zu – voller Entsetzen.“

Die beiden Damen hätten exakt das gleiche Kleid getragen. Sie seien sofort verschwunden, eine habe sich um-, die andere schnell eine Schürze angezogen. Der Otto-Versand hatte mit seinem Hochglanzkatalog die beiden Bäckerinnen zum gleichen Kauf verführt.

Einzelhander in der Bahnstraße blühte auf

In der Bahnstraße blühte damals vor allem der Einzelhandel, berichtet Faust. Es gab einen Metzger, einen Lebensmittelhändler, später den Buchladen Brand, ein Elektrogeschäft und viele andere Dinge. Und um die Ecke, an der Aachener Straße war ebenfalls eine Menge los.

Wo sich mittlerweile das Gotteshaus der evangelische Gemeinde befindet, war früher ein Tanzlokal zu finden. „Das hatte eine ganz tolle Terrasse zur Aachener Straße hin“, schwärmt Faust. Zudem lag es perfekt direkt an der Bahnlinie L, die bis 1956 nach Weiden fuhr, die viele Besucher dorthin brachte.

Regelmäßig wurde dort höchst ausgelassen gefeiert. „Dann kamen die Inhaber auf die blöde Idee, im ersten Stock Gästezimmer einzurichten, für diejenigen, die nicht mehr nach Hause fanden“, so Faust.

Auch horizontales Gewerbe mischte mit

Das horizontale Gewerbe machte sich die Gelegenheit zunutze. Aus dem Tanzlokal wurde ein Stundenhotel. „Irgendwann hat das Ordnungsamt den Laden dann geschlossen“, weiß Faust. Und auch die kleinen Läden, die in der Bahnstraße ansässig waren, machten einer nach dem anderen dicht, nachdem das Rhein-Center seine Pforten geöffnet hatte.

Ein Lokal aber widersetzt sich stoisch dem Wandel der Zeit. Die Gaststätte Zur Alten Post. Sie hat eine sehr lange Geschichte. „Ab 1760 gab es hier eine Poststation des Fürstentums Thurn- und Taxis an der Aachener Straße “, erzählt Faust. 1840 wurde Weiden als Eisenbahnnetz angeschlossen und die Postkutschenstation hatte sich erledigt.

Das Haus wurde zur Brauerei und Gaststätte und erinnerte fortan mit dem Namen „Zur alten Post“ an seine ehemalige Funktion. Mehrfacher Abrisse und Umzüge zum Trotz ist es heue an der Ecke Goethestraße, Aachener Straße, immer noch ganz in der Nähe seines ehemaligen Standortes beheimatet – und ist eine beliebte Anlaufstelle für Weidener, die sich hier an die alten Geschichten erinnern.

Bücher können ab dem 2. Juli unter folgender E-Mail-Adresse bestellt werden: henry.faust@gmx.de, oder telefonisch unter der Rufnummer 02234 – 689 46 51.

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