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Ludger Stratmann„Nach 20 Jahren habe ich keine Lust mehr“

Lesezeit 4 Minuten

Ludger Stratmann hat keine Lust mehr auf das Tourleben.

KölnHerr Stratmann, Ihre Abschiedstournee „Dat Schönste“ neigt sich dem Ende zu. Ihr letzter Auftritt ist am 8. Januar im Tanzbrunnen. Wie fühlt sich das an?

Ich bin emotional wirklich berührt. Das war ein ganz fantastisches Jahr. Ich bin ja nur an Orte gefahren, die ich in schöner Erinnerung hatte, wo auch der Hausmeister nett war. An all diesen Orten habe ich mich richtig wohl gefühlt.

Welcher Ort ist Ihnen denn in bester Erinnerung geblieben?

Am liebsten spiele ich in Ostwestfalen, in meiner Heimat. Der Ostwestfale spricht ein sehr klares Hochdeutsch. Da merkt man so richtig, wie weh ihnen das tut, wenn ich ruhrig spreche.

Und wie ist das bei den Rheinländern?

Die sind sofort da. Beim Rheinländer wundert man sich immer, wie schnell der kommt. Da hat man überhaupt keine Arbeit. Das ist nicht negativ gemeint, das ist einfach eine Mentalitätsfrage. Da geht man raus und die machen schon Trouble. In Ostwestfalen muss man erst mal ein Viertelstündchen arbeiten. Irgendwann kriegt man sie dann. Das ist ein wunderschönes Gefühl.

„Ich habe richtig geklotzt“

Haben Sie das Tourleben satt? In Ihrem Theater werden Sie ja nach wie vor auftreten, auch die WDR-Sendung „Stratmanns“ wird weiterhin zu sehen sein.

Ja. Nach 20 Jahren habe ich keine Lust mehr, in Hotels zu wohnen. Ich habe ja nicht gespielt wie andere Kleinkünstler – 50-, 60-mal im Jahr. Ich habe 250- bis 300-mal im Jahr gespielt. Allein in meinem Theater waren es sechs bis zehn Vorstellungen im Monat. Ich habe richtig geklotzt, volles Programm.

Vor etwa zehn Jahren haben Sie dann einen Schlaganfall erlitten.

Ja, da habe ich schon gemerkt, dass ich kürzer treten muss. Aber das ging gar nicht. Weil ich die Bühne einfach immer brauchte. Wenn ich zwei Tage alleine bin, fehlt mir die Zuneigung. Ich bin so ein Typ, der immer irgendwie Ansprache und Lob braucht. Deswegen gehe ich ja auch auf die Bühne. In der Arztpraxis kriegst du das ja nicht unentwegt.

Jetzt werden Sie wirklich kürzer treten. Was heißt das für Sie?

Selbstbestimmt leben. Das konnte ich weder in der Arztpraxis – da musste ich immer auf die Sorgen und Nöte und die Zeit der Patienten eingehen – und in den 20 Jahren auf der Bühne war ich eigentlich auch immer darauf angewiesen, was mir mein Agent für Events rausgesucht hat. Das will ich nicht mehr. Ich will jetzt in meinem Theater spielen. Da kann ich abends um halb sieben zu Hause los fahren, bin um sieben in der Garderobe und um 23 Uhr wieder zu Hause. Das ist eine reizvolle Vorstellung für mich.

Haben Sie sich etwas bestimmtes vorgenommen?

Wir haben jetzt in Essen ein sehr nettes Ensemble. Ich habe immer schon davon geträumt, mal ein Theaterstück zu schreiben.

„Nicht als Greis über die Bühne laufen“

Momentan schreiben Sie aber noch an ihrem neuen Programm – auf Norderney. Warum hat es Sie dorthin verschlagen?

Schon als Student hatte ich dort einen Wohnwagen, auf dem letzten Wohnwagenplatz der ganzen Insel – so ein kleines Ei. Meine Kinder sind da quasi groß geworden. Wenn meine Frau nicht gesagt hätte, dass sie keine Lust mehr hat, abends zum Pinkeln in den Hühnerstall zu laufen, hätten wir den noch immer. Ich fand das toll. Jetzt habe ich dort ein Haus, direkt gegenüber vom Friedhof. Ich habe also ganz ruhige Nachbarn. Da kann ich mich in Ruhe hinsetzen. Auf Norderney fällt mir außer einem Strandspaziergang nichts anderes ein.

Wird es Ihr letztes Programm?

Ja. Ich werde nicht als Greis über die Bühne laufen. Das werde ich in Essen noch ein, zwei Jahre spielen – dann ist Schluss.

Dann werden Sie in spätestens drei Jahren viel freie Zeit haben, sich keine Anerkennung mehr auf der Bühne holen können.

Ich kenne so einen Psychiater in Bottrop. Der wird mir helfen. Ich habe auch Spaß am Nichtstun. Ich bin ein unheimlich fauler Sack geworden. Nach 15 knochenharten Jahren in der Praxis und der Bühnenzeit werde ich es genießen, einfach mal nichts vor der Brust zu haben. Wir haben Nussbäume vor der Haustür. Ich fege gerne die Straße. Danach sehe ich, was ich getan habe. Die Gegenwart ganz exzessiv leben, das kann ich jedem nur raten. Von der Vergangenheit hat man nix und bei der Zukunft weiß man nicht, wie lange man sie noch hat.

Der Kabarettist Ludger Stratmann spielt sein Abschiedsprogramm „Dat Schönste“ am 8. Januar um 20 Uhr im Theater am Tanzbrunnen. Es wird der letzte Tour-Auftritt des 66-Jährigen sein.