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Menschen statt Klütten auf die Bahn

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Ehrenfeld/Lindenthal – Viele Jahre waren die Erzeugnisse der Braunkohlegrube in Frechen in Waggons auf der Bahntrasse der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK, ehemals der Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn) durch den Kölner Westen unterwegs. Anschließend gingen sie über den Güterbahnhof Ehrenfeld und den Rheinhafen in Niehl auf die Reise in andere Regionen. Die Eisenbahn, die sie durch Junkersdorf, Lindenthal, Braunsfeld und Müngersdorf bis nach Ehrenfeld fuhr, war daher auch als „Klüttenbahn“ bekannt.

Sie wird bald endgültig Geschichte sein, denn der Braunkohleausstieg ist beschlossene Sache – und Briketts, die Nachfolger der „Klütten“, werden danach weder benötigt noch transportiert. Eine Weile wird noch Braunkohlestaub in Güterwägen über die Schienen rollen, dann nur noch Quarzsand. Somit sind sie frei für andere Nutzungen, beispielsweise den Personentransport.

Vorausschauend hatte eine Bürgerinitiative bereits vorgeschlagen, dass auf der Bahntrasse künftig auch die Stadtbahn verkehren könnte. Der Stadtrat hatte dies bereits im Rahmenplan Braunsfeld/Müngersdorf/ Ehrenfeld im Jahr 2004 festgelegt. Die Bezirksvertretungen Ehrenfeld und Lindenthal möchten nun in ihren kommenden Sitzungen per Beschluss anregen, dass die Stadtverwaltung das Vorhaben endlich umsetzt und für die „Westtrasse“ eine Machbarkeitsstudie vorlegt.

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Mitglieder der Bezirksvertretung Lindenthal und Ehrenfeld erläuterten bei einem Ortstermin das Vorhaben: Danach soll die Stadtbahn zunächst vom Braunsfelder Markt/Aachener Straße und S-Bahn Haltepunkt bis zum S-Bahnhof„Köln-Müngersdorf/ Technologiepark“ und weiter über Vogelsang und Bickendorf bis Ossendorf verkehren. In einer weiteren Stufe könnte die Strecke über den Stadtwald, die Dürener Straße und den Militärring nach Frechen verlängert werden. In einer dritten von Ossendorf in Richtung Niehl.

Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksvertretung Ehrenfeld, nannte einen guten Grund für die anstehenden Beschlüsse: „Wenn wir es ernst meinen, mit der Mobilitätswende, dann müssen wir jetzt anfangen, entsprechend zu planen“, sagte sie. Deswegen müsse die Stadtverwaltung möglichst bald eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Eine Arbeitsgemeinschaft aus Bürgern hat die neue Stadtbahnstrecke auf eigene Faust bereits zum öffentlichen Nahverkehrsplan angemeldet.

Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass ein Vorhaben von Bund und Land gefördert werden kann. Und so soll es nun möglichst innerhalb der kommenden fünf Jahre umgesetzt werden. Auch der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Lindenthal, Roland Schüler, betonte die Bedeutung der neuen Strecke: „Es geht darum, dass so einmal nicht alle Straßenbahnlinien durch das Stadtzentrum fahren müssen, sondern Alternativstrecken entwickelt werden.“

Im Stadtbezirk Lindenthal wäre diese Alternative beispielsweise für den Anschluss des äußersten Westen an den ÖPNV interessant: Die Stadtbahnlinien, mit denen künftig auch Widdersdorf an das Stadtbahnnetz angeschlossen wird, könnten an der Aachener Straße auf die HGK-Trasse abbiegen und müssten nicht mehr über den bereits überlasteten Neumarkt fahren. Nach der späteren Verlängerung würde die Haltestelle „Tierpark“ den Besuchern ermöglichen, mit der Bahn, statt mit dem Auto anzureisen. In der Nähe der Dürener Straße könnte zudem ein Park-and-Ride-Platz gebaut werden, so dass Pendler dort ihre Autos stehen lassen und mit der Bahn weiterfahren könnten.

Der Weg nach Norden bis zum Hafen Niehl führt durch die Stadtteile Braunsfeld, Vogelsang, Bickendorf, Ossendorf, Longerich, Weidenpesch, und das Industriegebiet Niehl. Eine Vielzahl möglicher Haltepunkte bietet sich somit an.

Die vorgeschlagene erste Ausbaustufe soll Braunsfeld mit Ossendorf verbinden. „Gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Entwicklungen beim Wohnungs- und Schulbau in unserem Stadtbezirk ist es wichtig, an die Verkehrsinfrastruktur zu denken“, betont Martin. So verfüge das Max-Becker-Gelände über ein Anschlussgleis. In ein paar Jahren soll der Schrottsortier-Betrieb aufgegeben und das Areal zu einem Wohngebiet entwickelt werden.

„Der künftige Investor hat bereits von einer möglichen Anbindung an den Bahnhof Technologiepark gesprochen“, ergänzt Schüler. Auch für die Gesamtschule Wasseramselweg wäre eine weitere Anbindung aus Richtung Süden zu begrüßen. Im weiteren Verlauf wäre eine Haltestelle in Vogelsang denkbar sowie eine weitere in Bickendorf mit Verknüpfung zu den Linien 3 und 4. Denkbar wäre ein weiterer Halt in der Westendsiedlung.

In Ossendorf durchquert die Strecke das Wohn- und Gewerbegebiet Am Butzweilerhof. „Sowohl für das nahezu fertige Wohnquartier als auch für die dort entstehenden neuen Schulen wäre eine zusätzliche Stadtbahnanbindung interessant“, betont Martin.

Eine Bewertung der Idee durch die Kölner Verkehrs-Betriebe und die HGK steht noch aus. Jedoch nutzen die KVB bereits bei der Linie 7 (bis Frechen) und den Linien 16 und 18 (bis Bonn) zum Teil auch Gleise der HGK.

Christiane Martin, Grüne, Bezirksvertretung Ehrenfeld