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Trockenheit in NRW„Wir erleben einen ungewöhnlichen Dürre-Frühling“

Lesezeit 6 Minuten
Zwei Traktoren auf einem Acker im Kölner Norden. Im letzten Jahr ähnelten die Kölner Acker einer Seenlandschaft, nun verstauben sie.

Zwei Traktoren auf einem Acker im Kölner Norden. Im letzten Jahr ähnelten die Kölner Acker einer Seenlandschaft, nun verstauben sie. 

Nordrhein-Westfalen hat schon lange keinen Regen mehr erlebt. Wieso Meteorologen trotzdem entspannt bleiben.

Während sich die ersten grünen Blätter aus den blanken Ästen zwängen, färbt sich Nordrhein-Westfalen rot. Jedenfalls auf der Karte des Dürremonitors des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung. Fast im ganzen Land machen die Forscher im Oberboden in dunkelrot eine „außergewöhnliche Dürre“ aus, nur kleine Flecken markieren sie heller - für „extreme Dürre“. Die Auswirkungen zeigen sich bereits in Köln und der Region in Waldbränden, einem niedrigen Rhein-Pegel und müffelnder Luft. Bei den Landwirten hält sich die Sorge trotzdem noch in Grenzen. 

Umweltminister Krischer: „Müssen besser denn je auf unsere Natur aufpassen“

Nur einmal war ein März in NRW seit Beginn der Wetteraufzeichnungen trockener als in diesem Jahr. Pro Quadratmeter fielen im Schnitt zehn Liter Niederschlag, normal wären 65 Liter. Auch der Februar war mit 20 Litern pro Quadratmetern besonders trocken. „Wir erleben einen ungewöhnlichen Dürre-Frühling und müssen besser denn je auf unsere Natur aufpassen“, sagte NRW-Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) bei der Vorstellung des hydrologischen Berichts des Landesumweltamtes (LANUK) am Dienstag. „Dieser Frühling zeigt, wie massiv und unvorhersehbar der Klimawandel uns zusetzt und wie wichtig der Umwelt- und Naturschutz ist.“

Vor allem die Oberböden darben. „Aber auch in tieferen Schichten treten besonders in den Mittelgebirgsregionen bereits Dürreerscheinungen auf“, erläuterte LANUK-Präsidentin Elke Reichert. Im gebirgigen Süden, Südwesten und Nordosten Nordrhein-Westfalen stuft der aktuelle Bericht den Zustand der Gesamtböden bei „moderater Dürre“ bis hin zur „außergewöhnlichen Dürre“ ein.

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Landwirte noch nicht in Alarmbereitschaft, aber hoffen auf Regen

„Eine achtlos weggeworfene Zigarette“ könne momentan einen Flächenbrand entzünden, so Krischer. In der Kölner Region begann die Zeit der Waldbrände in diesem Jahr tatsächlich ungewöhnlich früh: Rund 2000 Quadratmeter Wald standen am Montagabend im Königsforst in Flammen. Zwar ist die Brandursache nach Polizeiangaben noch nicht abschließend geklärt, doch die anhaltende Trockenheit hat das Feuer nach ersten Erkenntnissen begünstigt. Der Brand zwischen Rath/Heumar und Bergisch Gladbach-Frankenforst habe sich zügig ausgebreitet, sagte Feuerwehr-Sprecher Ulrich Laschet dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. 100 Einsatzkräfte waren bis kurz nach 21 Uhr mit den Löscharbeiten beschäftigt – und es war nicht der erste Brand im Königsforst: Vergangene Woche musste die Kölner Feuerwehr bei einem Waldbrand in Overath im Sülztal aushelfen.

Während die Feuerwehr Waldbrände bekämpft, stehen Kölner Bauern vor komplett anderen Herausforderungen als im Vorjahr. 2024 ähnelten die Felder von Peter Wermes in Porz nämlich einer ausgedehnten Seenlandschaft. „Im letzten Jahr war der Frühling zu nass, da sind mir die Erdbeeren verregnet“, sagt der Landwirt. „In diesem Jahr ist er bislang zu trocken.“ Für den Spargelanbau spiele der fehlende Niederschlag momentan keine Rolle, aber beim Getreide zeigten die Pflanzen erste Anzeichen von Trockenstress. „Es ist noch nicht dramatisch, aber so langsam könnte mal was von oben kommen.“ Wermes führt seit Jahren monatlich Buch über die Niederschlagsmengen. Seine privaten Aufzeichnungen belegen: „Die Extremata in den letzten Jahren haben deutlich zugenommen.“

Landwirt Peter Wermes bei der Spargelernte (Archivbild)

Landwirt Peter Wermes bei der Spargelernte (Archivbild)

Auch bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen blickt man noch relativ entspannt in den Himmel. Es gibt sogar Vorteile: Dank der trockenen Böden habe man die Felder gut mit Traktoren befahren können, schreibt die Kammer auf Anfrage. Sind sie zu nass, drücken die schweren Maschinen die Erde zusammen, was zu schädlichen Verdichtungen führt. In diesem Jahr waren die Bedingungen für Bodenarbeit und Aussaat demnach weitgehend gut. Junge Zuckerrüben und frisch gepflanzte Kartoffeln brauchen in dem frühen Entwicklungsstadium noch nicht viel Wasser, auch in den Spargeldämmen ist noch ausreichend Wasser verfügbar. Gemüse wird laut Kammer vereinzelt beregnet, um das Wachstum zu sichern. 

Trotzdem: Regen ist willkommen, denn er lässt die Pflanzen wachsen und Dünger wirken. „Auch für die anstehende Maisaussaat wären Niederschläge wichtig, damit dem Saatkorn ausreichend Feuchtigkeit in der oberen Bodenschicht zur Verfügung steht“, heißt es von der Kammer. Mäßiger Regen und Sonne - das täte der Ernte in den nächsten Wochen gut. 

Niedrigwasser am Rhein: Zusätzliche Schiffe eingesetzt

Deutlich sichtbar ist die Trockenheit am niedrigen Pegelstand des Rheins abzulesen. Er lag am Dienstagmorgen in Köln bei 1,54 Metern. In den nächsten Tagen werde sich der Wasserstand am Kölner Pegel kaum verändern, heißt es bei den Stadtentwässerungsbetrieben Kölns. Grund für das Niedrigwasser ist neben dem fehlenden Regen auch eine geringe Schneeschmelze in den Alpen. „Dass der Rhein so früh im Jahr schon so wenig Wasser führt, ist ungewöhnlich“, sagt Minister Krischer. „Das ist auch schwierig für die Tankschifffahrt, die viel für die chemische Industrie im Raum Köln fährt.“

Einschränkungen gibt es auch in den Kölner Häfen: Wegen des Niedrigwassers können viele Schiffe nicht voll beladen werden. Zusätzliche Schiffe müssen dann die restliche Fracht übernehmen - mit zusätzlichen Kosten, sagt Christian Lorenz, Sprecher der Häfen und Güterverkehr Köln (HGK) und des Hafenbetreibers Rheincargo.

Die HGK-Gruppe reagiert bereits seit einiger Zeit auf Niedrigwasserstände, die sich in den vergangenen Jahren gehäuft haben. So werden alle neuen Schiffe der HGK Shipping tiefgangsoptimiert gebaut, um auch bei niedrigen Pegelständen noch laden zu können.

Nachfrage für Wassersäcke steigt, Gestank aus Gullys

In Kölner Parks ist die Trockenheit ebenso so zu bemerken wie in Privatgärten. Bepflanzte Flächen wie Schmuckbeete mit Stauden und Zierpflanzen wie im Botanischen Garten oder im Rheinpark müssen bereits gewässert werden. Das gilt auch für Jungbäume in den Grünanlagen. Sie haben noch kein ausgeprägtes Wurzelwerk, um sich aus tieferen Bodenschichten Feuchtigkeit zu holen.

Die Trockenheit ruft Bürgerinnen und Bürger in Köln auf den Plan: Die Nachfrage nach Wassersäcken für Bäume ist nach Auskunft der Stadt gestiegen und höher als im vergangenen Jahr, als das Frühjahr regenreicher war. Die Wassersäcke werden vom Amt für Landschaftspflege und Grünflächen kostenfrei bis September ausgegeben. Diese Behälter werden am Baumstamm fixiert und mit Wasser gefüllt. Das Wasser wird so tröpfchenweise in Richtung der Wurzeln abgegeben.

Der fehlende Niederschlag führt dazu, dass es im Kölner Stadtgebiet häufiger schlecht riecht. Wie Birgit Konopatzki, Sprecherin der Stadtentwässerungsbetriebe, mitteilt, kann anhaltende Trockenheit zu einer „verstärkten Geruchsentwicklung in der Kanalisation“ beitragen. Besonders in der Nähe von Gully-Deckeln müffelt es – ein Phänomen, das bereits 2022 stark zu bemerken war. Der Grund: Die übel riechenden Feststoffe sind normalerweise im Wasser der Kanäle gebunden. Mit niedrigem Wasserstand bleibt der Dreck liegen und stinkt mehr als sonst.

Regen am Wochenende

Trotz der Trockenheit - Andreas Brömser vom Deutschen Wetterdienst sieht die Situation in NRW „noch im grünen Bereich“. In den tieferen Schichten sei durch den Winter noch genug Wasser vorhanden, das die Pflanzen versorge. Schließlich kommen sie erst im Frühjahr ins richtige Wachstum und beginnen, dem Boden mehr Wasser zu entziehen. 

Ob in den nächsten Monaten genug Regen fällt, um die Trockenheit auszugleichen, lässt sich noch nicht genau sagen. Es deute sich jedoch ein Umschwung an, so Brömser. „Die Hochdruckperiode scheint zu enden. Von Westen rücken Tiefdruckgebiete näher.“ Ab Sonntag ziehen laut Vorhersage schauerartige Regengebiete über Nordrhein-Westfalen, auch in der kommenden Woche bleibt es wahrscheinlich regnerisch. „Damit wird sich die Situation vermutlich entspannen“, sagt Brömser.

Nach zwei Monaten Trockenheit hat zumindest eine Gruppe Grund zur verhaltenen Freude. Im Zusammenhang mit dem hydrologischen Bericht sagt Krischer: „Die Gärtner dürfen zurecht darauf hoffen, dass 2025 kein Schnecken-Jahr wird.“