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Messerattacke auf Wiener PlatzAngeklagter soll 23 Mal in die Brust gestochen haben

Lesezeit 3 Minuten

Der jüngere der beiden Angeklagten – mit seinem Verteidiger (r.) und einem Dolmetscher – verbirgt sein Gesicht hinter einem Ordner.

Köln-Mülheim – Tödlich endete in der Nacht zum 24. März dieses Jahres in Mülheim ein Streit zwischen zwei afghanischen Männern und einer anderen Gruppe von Männern auf dem Wiener Patz. Am Montag hat vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter begonnen.

Der ältere ist 33, das Alter des Jüngeren ist ungewiss. Zwar wird er bei amtlichen Stellen mit 21 Jahren geführt, doch auf Fragen den Vorsitzenden der 4. Großen Strafkammer sagte er, er „gehe davon aus, dass ich zurzeit etwa 17 Jahre alt bin". Den Beschuldigten wird gemeinschaftlicher Totschlag zur Last gelegt, dem Jüngeren zudem mehrfache Körperverletzung.

Ein grundloses Anrempeln führte zum Streit

Der Anklage zufolge gingen die beiden, die am Clevischen Ring wohnten, gegen zwei Uhr über den Wiener Platz, als sie jener Gruppe begegneten. Der Streit soll damit begonnen haben, dass der jüngere Afghane einen Mann „grundlos anrempelte“. Der daraus entstehende verbale Streit eskalierte.

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Treffen die Vorwürfe zu, zückte der Jüngere ein Klappmesser und verletzte damit mehrere Kontrahenten, auch solche, die schlichten wollten; der Ältere habe zugeschlagen. Als ein 43-jähriger Vater von drei Kindern, hingefallen sei, habe der Jüngere mehrfach auf ihn eingestochen, sein Begleiter das Opfer mit Schlägen und Tritten traktiert.

23 Schnittverletzungen erlitt der am Boden liegende Mann, vorwiegend im Oberkörper. Von einer „massiven Einblutung im Brustkorb“ ist in der Anklageschrift die Rede. Der 43-Jährige starb im Krankenhaus. Am Clevischen Ring, Ecke Genovevastraße, nahmen Polizisten die Afghanen fest. Der Ältere, den sein Begleiter versehentlich mit dem Messer verwundet hatte, wurde unter Bewachung ebenfalls in eine Klinik gebracht.

Psychiatrische Untersuchung

Gunnar Borchardt, Verteidiger des jüngeren Angeklagten, erklärte, vor einer möglichen Einlassung wolle er das schriftliche Ergebnis der psychiatrischen Untersuchung seines Mandanten abwarten. Nadine Krahé, die dem Älteren beisteht, sagte, Angaben zur Sache würden nicht gemacht, wohl aber zur Person. Aus der Erklärung, die sie verlas, geht hervor, das der 33-Jährige in seiner Heimat schon als Kind und auch später extreme Gewalt erlebt hat. Immer wieder sei seine Familie von den Taliban ins Visier genommen worden.

Er selber, der sich unter anderem als Teppichhändler, Taxifahrer und Lkw-Fahrer für die Nato durchgeschlagen habe, sei einige Zeit in einem „Erdloch“ gefangen gehalten und gezielt in Verkehrsunfälle verwickelt worden. Schließlich sei die Gefahr so groß gewesen, dass er sich in die Türkei abgesetzt habe.

Im Oktober 2015 kam er nach Deutschland. Nach der Ankunft sei er in Depressionen verfallen, sagte der 33-Jährige; dagegen habe er unter anderem Medikamente und Haschisch eingesetzt. 2016 habe er erfahren, dass seine Frau, Mutter seiner drei Kinder, in Kabul an einem Hirntumor starb. Sein Asylantrag ist abgelehnt worden. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.