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So hoch wie der Kölner DomErste Windkraftanlage auf Kölner Stadtgebiet geplant

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Die vorläufige Darstellung des geplanten Windrads auf dem Gelände des Stammheimer Klärwerks

Die vorläufige Darstellung des geplanten Windrads auf dem Gelände des Stammheimer Klärwerks

Auf einer Bürgerveranstaltun haben Stadtentwässerungs-Betriebe ihre Pläne vorgestellt. Auch der Abstand zu umliegenden Wohngebieten steht fest.

Der Kölner Dom ist nur sieben Meter höher als das, was die Stadtentwässerungs-Betriebe (Steb) auf dem Gelände des Stammheimer Großklärwerks planen. Christian Gattke, Geschäftsbereichsleiter Planung und Bau, stellte jetzt auf einer Bürgerveranstaltung die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für ein 150 Meter hohes Windrad vor.

Die Anlage könnte künftig ein Sechstel des steigenden Energiebedarfs des Klärwerks decken und einen Beitrag zur angestrebten Klimaneutralität der Stadt leisten. Laut Studie sei das Windrad zulässig, so Gattke. Der Mindestabstand zur umliegenden Wohnbebauung liege bei 550 Metern und damit weit über dem Grenzwert.

Das Windrad könnte in zwei bis drei Jahren fertiggestellt sein

Auch bei der Geräuschentwicklung liege man unter den zulässigen Maximalwerten. Allein beim Schattenwurf werde die maximale Dauer von 30 Stunden pro Jahr überschritten. Zeitweise, bei sonnigem Wetter, müsse das Windrad deshalb abgeschaltet werden. Sollte die Genehmigung erteilt werden, könnte es die erste Windkraftanlage auf Kölner Stadtgebiet werden.

Denkbar sei, dass die Anlage in zwei bis drei Jahren stehe, so Klärwerks-Leiter Joachim Vasen auf Anfrage. Geprüft werde derzeit auch ein Windrad auf dem Klärwerks-Gelände in Langel. In Stammheim könne durch den Bau des Windrads sowie weiterer Photovoltaikanlagen die Stromerzeugung mithilfe von Klärgas reduziert werden.

Die Anlage soll auch der Verbesserung der städtischen CO2-Bilanz dienen

Das überschüssige Gas könne stattdessen städtischen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden – ein Beitrag zur Verbesserung der CO₂-Bilanz sowohl der Stadt als auch der Steb: „Mit jedem weiteren Schritt, ob Photovoltaik oder Windrad, werden wir zu Energielieferanten“, so Joachim Vasen.

Für die Besucher der Informationsveranstaltung in der Stammheimer Schützenhalle war es die zweite Kröte, die sie an diesem Abend zu schlucken hatten. Zunächst ging es um den geplanten Rheindüker vom Klärwerk Richtung Niehl. Die bisherigen Rohre, durch die Abwasser aus dem Linksrheinischen nach Stammheim geleitet wird, haben nach fast 100 Jahren Betriebsdauer ihre Altersgrenze weit überschritten.

Massive Einschränkungen für die Stammheimer Anwohner

110 Millionen Euro wollen die Steb in den kommenden Jahren in neue Leitungen investieren, die parallel zu den alten unter dem Rhein entlanggeführt werden. Lag die Kapazität bisher bei maximal 4000 Litern pro Sekunde, sind künftig 6000 Liter möglich. Sicherer und verlässlicher werde das Abwassersystem sein, versprach Projektleiter Christian Heinze.

Doch für die Stammheimer bedeutet das „Jahrhundertprojekt“ während der Bauphase massive Einschränkungen. Die Schächte für die beiden neuen Rohre werden ab 2025 von Stammheim aus mithilfe eines Bohrkopfs vorgetrieben. Anschließend werden die beiden Stahlbetonrohre mit Durchmessern von 3,2 und zwei Metern abschnittsweise eingepresst.

Alternative Anlieferungsrouten seien nicht umsetzbar

Schwertransporte und sonstiger Lkw-Verkehr zur Baustelle auf dem Klärwerks-Gelände sollen über den Stammheimer Ring abgewickelt werden, „meistens in den Abendstunden und nachts“, so Heinze. Laut Steb bestehen allein die Rohre aus 500 Einzelstücken, dazu kommt der An- und Abtransport von Maschinen und Aushub.

Etliche Anwohner beschwerten sich über das Verkehrskonzept. „Es ist heute schon so, dass bei Lkw-Verkehr die Häuser wackeln und erschüttert werden“, so eine Bewohnerin des Stammheimer Rings. Die Straße sei zudem in einem schlechten Zustand. Alternativen, etwa die Anlieferung über die Schiene oder den Rhein, seien jedoch nicht umsetzbar, so Heinze, der den direkten Anwohnern des Stammheimer Rings die Beweissicherung von Baumängeln anbot.

Die Belastungsgrenze der Bevölkerung ist erreicht.
Teilnehmer der Bürgerveranstaltung

Auch die geplante Windkraftanlage im Westen des Klärwerk-Areals stieß nicht auf große Gegenliebe. Zu den unangenehmen Gerüchen des Klärwerks kämen künftig die Geräusche des Windrads. Auch Fluglärm und Bahnverkehr gelte es bereits zu ertragen: „Die Belastungsgrenze der Bevölkerung ist erreicht“, sagte ein Teilnehmer. Letztlich seien die rund 60 Meter langen Rotorblätter auch eine Gefahr für die Vögel der angrenzenden Rheinaue, so mehrere Besucher: „Das Windrad sollte an anderer Stelle gebaut werden.“

Joachim Vasen sagte auf Anfrage, der Standort sei sicher „nicht perfekt“. Andere Grundstücke der Steb kämen aber gar nicht infrage. Ein kleineres Windrad mit nur 100 Metern Höhe würde laut Christian Gattke nur ein Viertel Leistung erzeugen und sei damit nicht mehr wirtschaftlich.

Für die Stammheimer sollen die geplanten Großprojekte aber zumindest einen positiven Effekt haben: Wenn der neue Rheindüker fertig ist, soll der alte Düker so ertüchtigt werden, dass er Klärschlämme aus Stammheim zur Verbrennung nach Merkenich leiten kann. Die Schlammtransporte per Lkw fallen damit weg.