Niehl/Riehl – Schon seit Jahrzehnten leiden die Anwohner der Boltensternstraße unter Abgas und Lärm des enormen Verkehrs auf der rund zwei Kilometer langen Verkehrsachse. Gerade das hohe Lkw-Aufkommen wird beklagt – ist die Boltensternstraße doch eine Haupt-Route für Frachtverkehr aus dem Norden in Richtung Mülheim, aber auch zur Innenstadt.
Bisher gab es mangels Ausweich-Routen keine Hoffnung, dass sich etwas bessert. Doch nun hat die Bezirksvertretung Nippes eine mögliche Lösung: Um die Boltensternstraße von Lkw zu entlasten, solle die Verwaltung die Strecke durch den Niehler Hafen für den Schwerverkehr öffnen. Den Prüfauftrag der SPD-Fraktion beschloss sie einstimmig. „Wir wollen erreichen, dass mehrere hundert Anwohner vom Lkw-Verkehr entlastet werden“, so SPD-Mandatsträger Sönke Geske. „Die Hafentrasse verläuft in etwa parallel zur Boltensternstraße, und könnte den Lkw-Verkehr auffangen.“
Laut des städtischen Lkw-Führungskonzepts von 2012 gehört der Niehler Abschnitt zwischen Industriestraße und Niehler Gürtel aq (Auffahrt zur Mülheimer Brücke) zur Kategorie 1 der am stärksten belasteten städtischen Routen, mit 2000 bis 4000 Lkw innerhalb von 24 Stunden. Der Abschnitt in Riehl – von Niehler Gürtel bis Riehler Straße – gehört zur zweiten Kategorie, mit einem Lkw-Aufkommen zwischen 1000 und 2000 binnen 24 Stunden. Genauere Werte soll eine Verkehrszählung auf der Boltensternstraße bringen, die die Politiker mitbeschlossen.
1000 Menschen im direkten Umfeld
Eine Statistik hierüber gibt es nicht. Nimmt man die Kommunalwahl-Stimmbezirke als groben Anhaltspunkt, leben deutlich mehr als 1000 Menschen im direkten Umfeld der Boltensternstraße – an der Flemingstraße, den Hochhäusern an der Boltensternstraße selbst, sowie in den Gebäuden auf dem Gelände der Sozial-Betriebe Köln (SBK), die nah zur Hauptverkehrsstraße stehen. Auch in Richtung Riehler Ortszentrum gibt es zwischen Barbara- und Riehler Straße eine durchgehende Häuserreihe an der Boltensternstraße.
Im Sommer 2010 hatte die Stadt einen lärmmindernden „Flüsterasphalt“ auf der Straße verlegen lassen, auch mit Geld aus dem Konjunkturpaket II. Um Raser abzuschrecken, wird entlang der Straße regelmäßig mobil geblitzt.
Von der Einfahrt am Westkai könnten Lkw auf der Straße „Am Niehler Hafen“ über das Gelände fahren – bis zum Kuhweg, von wo Auffahrten in Richtung Mülheimer Brücke und zur Innenstadt führen. Auch an der Kreuzung Friedrich-Karl-/Boltensternstraße verläuft eine Zufahrt in den Hafen.
Neben weniger Lärm und Abgas für Anwohner sowie geringerer Unfallgefahr hoffen die Politiker auch, dass Lkw zügiger voran kommen: Sie müssten sich die Hafen-Route nicht mit Autos teilen. „Zudem gibt es dort keine Ampeln; im Vergleich zur Boltensternstraße sparen Lkw-Fahrer bis zu sieben Ampelschaltungen“, so Geske.
Stärkere Belastung am Rheinufer
Bündnis 90/Grüne gaben zu bedenken, dass Erholungssuchende am Rheinufer stärker belastet werden würden. „Für die Luft an der Riehler Aue könnte die Strecke kritisch sein“, so Bärbel Hölzing. FDP-Mandatsträger Biber Happe – der den Prüfauftrag jedoch ebenso wie die Grünen mitbeschloss – warnte vor einem Verkehrs-Nadelöhr an der Stelle, wo der Kuhweg aus dem Hafen auf die MülheimerBrückenzufahrt An der Schanz trifft. „Ich kann als Anwohner gegen 14, 15 Uhr schon jetzt dem Stop-and-Go-Verkehr in Richtung Mülheimer Brücke zusehen.“ Zudem ist die Fahrbahn im Niehler Hafen in schlechtem Zustand; sie müsste zunächst erneuert werden, bevor dort Lkw fahren können. Es gibt auch einen Bahnübergang im Hafen; wenn ein Güterzug dort her fährt oder sogar rangiert, wartet man sehr lange. Zudem sind die Straßen im Hafen nicht städtisch, sondern gehören der Häfen und Güterverkehr Köln (HGK). Jene müsste mit einer Lkw-Öffnung einverstanden sein.
Kritisch könnte die Lkw-Führung für Fußgänger und Radfahrer auf dem Kuhweg direkt an der KVB-Bahnhaltestelle Slabystraße werden. Mit dem KKHT Schwarz-Weiß und dem DJK Löwe trainieren auch zwei Sportvereine direkt am Hafen; auch für die Sportler würden die Wege gefährlicher.
Das ist noch offen. „Wir haben Kenntnis vom Antrag und bemühen uns um ein Gespräch mit der Stadtverwaltung“, so HGK-Pressesprecher Michael Fuchs. Kai Lachmann vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik stand der Idee grundsätzlich positiv gegenüber. Es habe zwar vor Jahren schon mal ähnliche Überlegungen gegeben. „Ich würde aber einen Antrag begrüßen, es noch einmal zu probieren – die Lkw-Belastung hat schließlich auch durch die A1-Brückensperrung zugenommen“, bemerkte er. „Es wird jedoch keine Sache sein, die von heute auf morgen umgesetzt werden kann.“