Winrich Granitzka ist am vergangenen Freitag (28. Juni 2024) auf einer Urlaubsreise verstorben.
Polizist, Politiker, KarnevalistKöln trauert um Winrich Granitzka – „Einer der besten Polizeiführer des Landes“
Was genau geschehe nach dem Tod, das sei für ihn nicht vorstellbar, sagte Winrich Granitzka vor ein paar Jahren am Ende eines langen Interviews mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dass man sich nach dem irdischen Leben in irgendeiner Form wiedersehe, davon war der gläubige Christ damals überzeugt. Aber nicht in derselben Körperlichkeit, fügte er hinzu. „Man trifft sich nicht im Himmel und denkt: Der schon wieder.“
Am vergangenen Freitag ist Winrich Granitzka in Bratislava in der Slowakei gestorben, fünf Tage nach seinem 81. Geburtstag. Der ehemalige Leitende Polizeidirektor in Köln und spätere Kölner CDU-Fraktionschef war mit seiner Ehefrau auf Donaukreuzfahrt. Er hinterlässt zwei Söhne.
Trauer und Anteilnahme sind überwältigend: in der Politik, in der Stadtgesellschaft und innerhalb der Polizei, bei der Granitzka sich in den 80 und 90er Jahren bis zu seiner Pensionierung 2003 bundesweit einen Ruf als „Krisenmanager“ spektakulärer Großlagen erworben hatte. „Einer der besten Polizeiführer des Landes“ sei er gewesen, sagt Jürgen Mathies, Kölner Polizeipräsident von 2016 bis 2017 und danach Staatssekretär im NRW-Innenministerium. Granitzka war in den 90ern Mathies' Vorgesetzter bei der Kölner Polizei.
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„Er war als Chef Vorbild und ließ seine Mitarbeiter nicht im Regen stehen“, sagt Mathies. Intensiv habe Granitzka sich für persönliche Schicksale eingesetzt. „Hervorzuheben ist sein Engagement für die internationale Polizeiarbeit und die Verständigung der Polizei mit den vielen Kölnern mit Migrationshintergrund“, sagt Mathies. Bevor er in Köln Polizeipräsident wurde, habe Granitzka ihn in die Stadt mit allen ihren Besonderheiten eingeweiht.
Der Berufswunsch Polizist war schon im Kindesalter eindeutig, wie Granitzka einmal verriet: „Auf dem Gymnasium bekamen wir eine holzschnittartige Broschüre, in der die Polizei vorgestellt wurde. Ich wohnte in Treis an der Mosel, da gab es zwei Schutzleute, die unglaublich geachtet waren. Mein Vorbild war also der klassische Dorfsheriff, der ich dann nie wurde.“
Stattdessen war Granitzka wenige Jahrzehnte später immer dann zur Stelle, wenn es brenzlig wurde in Köln. Ob als Einsatzleiter bei den Kölner Papstbesuchen 1980 und 1987, im Führungsstab beim SEK- Zugriff nach der Geiselnahme von Gladbeck oder als Polizeiführer bei der Geiselnahme in einem Stadtrundfahrt-Bus in Deutz 1995, der Entführung einer Air-Malta-Maschine am Köln-Bonner Flughafen 1997, den Geiselnahmen in Herzogenrath und Aachen 1999 und beim Zugunglück in Brühl 2000. Granitzkas größte Aufgabe war 1999 die Einsatzleitung beim Doppelgipfel der Europäischen Union und der G8 in Köln mit 12.000 Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet.
Bei der Kölner Polizei galt „Winnie“, wie ihn viele seiner Freunde und Kollegen nannten, spätestens um die Jahrtausendwende als heimlicher Polizeipräsident. Tatsächlich leitete er „nur“ das operative Geschäft von Kriminal-, Verkehrs und Schutzpolizei. Dass ein gelernter Polizeibeamter ohne politische Erfahrung Behördenleiter wurde, war vor 20 Jahren in NRW noch völlig unüblich. Heute ist das anders.
Zielstrebig. Entscheidungsfreudig. Stark in der Analyse. Ethisch. Charismatisch. Menschlich. So beschreiben ihn viele. „Ich kenne niemanden, der bei großen Einsatzlagen so souverän war wie Winrich Granitzka“, sagt etwa Ralf Remmert, pensionierter Polizist aus Köln. Remmert kannte Granitzka beruflich, privat und aus dem Karneval. Denn auch da war der gebürtige Ostpreuße Granitzka aktiv. Eine Zeitlang als Sitzungsleiter der Grossen von 1823, einer der ältesten Kölner Karnevalsgesellschaften. Bis zuletzt gehörte Granitzka der Bürgergarde blau-gold an.
„Wer ihn kannte oder im Einsatz erlebt hat, der schätzte und achtete ihn“, sagt Volker Lange, ebenfalls ein pensionierter Polizist aus Köln und langjähriger Weggefährte. „Er war ein sehr verantwortungsvoller Mensch und vorbildlicher Einsatzleiter.“ Einen wie Granitzka, sagt Lange, „kriegst du nie wieder.“ Man habe ihn gebraucht. „Vor allem, wenn es mal eng wurde.“