Köln – Der Discounter Aldi Süd plant sein erstes Wohnbauprojekt in Köln am Grünen Weg in Ehrenfeld. Das Prinzip dabei: Unten entsteht ein neuer Aldi-Markt, auf dem Dach sollen nach derzeitiger Planung fünf Häuser mit rund 80 bis 100 Wohnungen gebaut werden, unter anderem will das Mehrgenerationenprojekt „Unter einem Dach“ dort mit knapp 60 Menschen einziehen.
Das Vorhaben mit dem Titel „Grüne Höfe“ soll laut Aldi Süd ein Pilotprojekt für Köln sein, weitere sollen folgen, unter anderem im Kölner Süden und in Bickendorf.
Bislang sind in Ehrenfeld auf dem Grundstück nur 20 Prozent bebaut, der größte Teil durch den 1996 erbauten eingeschossigen Aldi-Markt, fast der komplette Rest ist für 122 Parkplätze vorgesehen – und das in einer Stadt, in der kaum etwas so begehrt ist wie Grund und Boden.
Björn Just kümmert sich für Aldi Süd um Immobilien in Köln, er sagt: „Das Konzept mit dem hohen Versiegelungsgrad und der monofunktionalen Nutzung ist völlig aus der Zeit gefallen. Wir gehen mit der Fläche bislang nicht sparsam um.“
Laut Just kommen die Kunden mittlerweile häufiger pro Woche statt einmal pro Woche zum Großeinkauf, rund 40 Prozent der Kunden mit dem Rad und zu Fuß. Just sagt: „Die Rahmenbedingungen haben sich geändert, diesen Veränderungen müssen wir Rechnung tragen.“
Und seit 1996 hat sich Ehrenfeld massiv verändert, dort jetzt Wohnungen zu bauen und die Fläche besser zu nutzen, ist für Aldi Süd finanziell interessant. Das bestreitet Just auch nicht. Er sagt: „Die Frage ist, wie man die städtebauliche Reparatur vornimmt.“
Wie so viele Investoren betont Aldi den Aspekt der Nachhaltigkeit, verweist auf eine gemischte Bauweise aus Holz und Beton, auf eine insektenfreundliche Dachbegrünung, Solaranlagen, Spielflächen auf dem Dach, eine Kindertagesstätte und ein Café, möglicherweise auch einen schalldichten Proberaum für Musiker. Später soll es in einer Tiefgarage 180 Stellplätze geben.
63 Supermarkt-Standorte theoretisch geeignet
In der Vergangenheit hatte die Stadt untersucht, ob die Supermarktflächen in Köln nicht besser zu nutzen sind, etwa durch eine Bebauung über den Verkaufsflächen. Von 300 Standorten kamen 63 infrage, doch das ist eine theoretische Größe, weil nicht jeder Besitzer tatsächlich Wohnungen bauen will.
In Ehrenfeld sollen laut Just 30 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert sein, also mit einer vergleichsweise niedrigen Miete bezahlbar sein.
Wie schnell das Bauprojekt umsetzbar ist, hängt davon ab, ob es nach Paragraf 34 Baugesetzbuch abläuft oder es einen neuen Bebauungsplan braucht. Der sogenannte 34er erlaubt eine Bebauung, die sich an der Umgebung orientiert, das geht schneller als ein aufwendiges Verfahren zum neuen Bebauungsplan. Eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, ob die Stadt den Paragrafen 34 erlaubt, konnte die Verwaltung nicht beantworten. Rund drei bis vier Jahre plant Aldi aktuell selbst für die „Grünen Höfe“.
Erlaubt das Handelskonzept den größeren Markt?
Eigentlich wollte Aldi auch ein ähnliches Modell in Bickendorf an der Escher Straße umsetzen. Der Discounter wollte seine Verkaufsfläche vergrößern und Wohnungen bauen – doch das scheiterte bislang am Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Köln, das den Einzelhandel schützen soll.
Die Sorge: Je größer der Discounter in der Nähe einer Einkaufsstraße, desto gefährdeter der Einzelhandel. Auch in Ehrenfeld will Aldi die Verkaufsfläche von 1000 auf 1400 Quadratmeter vergrößern. Ob das mit dem Handelskonzept vereinbar ist, konnte die Stadtverwaltung ebenfalls nicht beantworten.
Absichtserklärung über Mehrgenerationenprojekt
Diese Woche haben die Verantwortlichen von Aldi und des Vereins „Unter einem Dach“ eine Absichtserklärung unterzeichnet, dass sie Teil der „Grünen Höfe“ sein wollen.
Es ist auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Konstellation: Auf der einen Seite ein weltweit agierendes Unternehmen, auf der anderen Seite eine Gruppe von Menschen zwischen sieben und 70 Jahren alt, die zusammen in einem Haus leben wollen, sich gegenseitig um die Kinder kümmern wollen, auch um die Pflege.
Seit 2013 auf der Suche
Doch anders als andere Gruppen wie etwa im Clouth-Quartier in Nippes wollen sie nicht gemeinsam bauen, sondern mieten. Doch seit 2013 haben sie keinen Investor gefunden – bis jetzt. Tim Reichenau sagt: „Es war nicht so leicht, einen Investor zu finden, bei dem es passt.“
Ob es am Ende tatsächlich mit dem Mehrgenerationenprojekt funktioniert, hängt ein Stück weit von den Kosten ab. Bauen ist aktuell sehr teuer, es bleibt abzuwarten, wie teuer die „Grünen Höfe“ werden. Laut eigener Aussage kann „Unter einem Dach“ nicht alles bezahlen. Sabine Baur sagt: „Es kann sein, dass wir dann abspringen müssten.“ Derzeit sind beide Partner aber optimistisch, dass die Zusammenarbeit wie geplant umsetzbar ist.