In Köln will ein Unternehmen mit einem neuen Riesen-Tresor eine Alternative bieten.
Ein Roboter soll die Schließfächer rund um die Uhr zugänglich machen – aber ist das sicher?
Köln – Noch ist an der Fenster-Werbung zu sehen, wer in dem Gebäude bis vor kurzem gearbeitet hat: Der Lieferdienst Flink hatte hier ein Auslieferungslager. Doch nun kommt das Gegenteil. Statt „schnell raus“, heißt es demnächst „sicher drin bleiben“. Im Gebäude am Kaiser-Wilhelm-Ring/Ecke Herwarthstraße wird derzeit von der Münchner Firma Trisor umgebaut.
Hier entsteht eine vollautomatische Tresoranlage mit 5300 Schließfächern. Noch ist nur ein leerer Raum zu sehen, aber in den nächsten Monaten wird im Erdgeschoss des Gebäudes, das einst dem Gerling-Konzern gehörte und die konzern-typische Außenfassade mit den hohen Fenstern hat, ein Tresorraum aus Stahlbeton aufgebaut. Mit 15 Zentimeter dicken Wänden, 100 Tonnen schwer, 70 Quadratmeter groß. Darin eingefügt werden die Schließfächer, die von einem Roboter auf Kundenwunsch ausgeben werden.
Geschäftsführer Marco Wild, selbst Kölner, erklärt die Geschäftsidee: „Immer mehr Banken schließen ihre Filialen und damit fallen Schließfächer weg. Hier machen wir ein neues Angebot.“ Und das habe auch noch einen wesentlichen Vorteil: Denn weil die Anlage vollautomatisch läuft, sind die Schließfächer unabhängig von Öffnungszeiten und Personal rund um die Uhr an sieben Tagen zugänglich.
Natürlich nur unter hohen Sicherheitsbedingungen. Die Kunden brauchen eine Chipkarte, einen Pin und müssen sich dann auch noch mit ihrem Fingerabdruck ausweisen. Erst dann reagiert der Roboter im Betonkubus und bringt das Schließfach in kleine Kabinen.
Sicherheit für Tresor-Kunden
Um gleich abenteuerlichen Kino-Szenarien entgegenzutreten: „Mit einem abgeschnittenen, tiefgefrorenen Finger kommt man hier nicht herein“, sagt Marco Wild. Denn lebende Finger hätten eine gewisse elektrische Spannung und das spüre das Lesegerät. Keine Chance hätten auch Einbrecher, die die Betonwände durchbohren wollen. Allein für ein faustgroßes Loch brauche man sieben Stunden. Bis dahin würde man das am Ring längst bemerkt haben. Trotzdem: Ein Wachschutz ist 24 Stunden anwesend und zu normalen Geschäftszeiten auch Beratungspersonal für Menschen, die nicht mit der Technik allein bleiben möchten.
Die Schließfächer gibt es in drei Größen – von kleinen für Unterlagen bis großen mit einem Fassungsvermögen von 20 Kilo, in denen Goldbarren Platz haben. Die Fächer kosten zwischen 25 bis 62 Euro im Monat. Versichert werden kann bis zu einer halben Million.
Autohändler und Gastronomen
In Berlin gibt es Trisor seit einem Jahr, gerade wurde eine Niederlassung in München eröffnet. „Es gibt bei uns nicht den typischen Kunden“, sagt Wild. Da sei ein Herr, der alte Fotoalben mit Erinnerungswert sicher verstauen möchte. Es gebe Gastronomen, die nachts ihre Einnahmen einschließen und Autohändler, die Papiere und Schlüssel lagern. In München gebe es sogar auch Kooperationen mit Banken, die eben keine eigenen Schließfächer mehr haben. „Viel Kunden wollen aber einfach gar nichts erzählen.“
Sechs bis sieben Millionen Schließfächer gebe es derzeit noch bei Banken, es würden immer weniger, sagt Wild. Trisor plant bis Mitte 2023 sieben weitere Standorte. Die Kölner Filiale soll Ende des Jahres eröffnet werden. Doch bevor der eigentliche Tresor in Modultechnik eingebaut werden kann, muss nun die Statik auf die tonnenschwere Last vorbereitet werden. Im Keller werden dazu Stahlträger und -pfeiler eingezogen.
Während im Erdgeschoss noch Original-Oberlichter aus der Gerling-Zeit vorhanden sind, stieß der neue Mieter auch im Keller auf ein Relikt der Vergangenheit: einen klassischen kleinen Tresorraum mit Eisengitter. Er soll erhalten bleiben. So schließt sich der Kreis am Ring.