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Initiative im Kölner SüdenEin Radiomuseum für Raderthal

Lesezeit 3 Minuten

Eine historische Postkarte zeigt das Sendehaus in den 20er Jahren.

Raderthal – Raderthal/Dellbrück. Nachdem das eingeschossige Gebäude in der Hitzelerstraße 104 nicht mehr zur Unterbringung von Flüchtlingsfamilien genutzt werden kann, weil der bauliche Zustand zu schlecht ist, kämpft eine Initiative seit vergangenen Sommer für eine naheliegende neue Nutzung. Das Radiomuseum in Dellbrück, eine Initiative von Privatleuten, sucht eine neue Bleibe.

1999 gegründet residiert es derzeit etwas abgelegen auf einem ehemaligen Werksgelände. Mehr als 4000 Exponate haben die Macher zusammengetragen, darunter ein Phonograph von 1916, Tonbandgeräte, Volksempfänger und Kofferradios. Und die sollen, so die Idee, in die Hitzelerstraße umziehen, an einen Ort, der selbst zum Anschauungsobjekt der Rundfunkgeschichte taugt. In dem 1926 als Rundfunksender erbauten Gebäude war eine technische Anlage untergebracht, die mit zwei großen Antennen, die nicht mehr erhalten sind, das Radiosignal für die Kölner Haushalte verbesserte.

TH Studenten vermaßen Gebäude

Die Initiative verfolgt die Umsetzung ihrer Idee langfristig. Viele kleine Schritte sollen den Umzug, für den Geld, politische Beschlüsse und die Zustimmung der Denkmalpfleger erforderlich sein werden, gründlich vorbereiten. Dazu zählt auch die „Bauaufnahme“ des sanierungsbedürftigen Gebäudes, die Architekturstudenten der TH Köln in der Pfingstwoche durchgeführt haben. Mit Lasergeräten haben sie die Maße des Gebäudes erfasst und seine Struktur digital abgebildet. Andreas Henseler, Ehrenvorsitzender der Freien Wähler und ehemaliger Schuldezernent, gehört zum „Netzwerk Radiomuseum“ und hat vom jüngsten Schritt in einer Pressemitteilung berichtet. Im Frühjahr 2020, wenn der genaue Bedarf für Renovierung und Umzug feststeht, will das Netzwerk beginnen, private und öffentliche Förderer zu werben. Bis dahin arbeiten die Studenten an Entwürfen für einen Umbau und an einem Ausstellungskonzept.

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Studenten der TH Köln haben das Gebäude schon mal vermessen, Vorarbeit für einen möglichen Umbau.

Für den Sender, den der Rheinische Verein für Denkmalpflege im Dezember 2018 zum Denkmal des Monats erklärt hatte, würde das Radiomuseum aus Henselers Sicht eine „denkmalnahe Nutzung“ bedeuten – und wahrscheinlich auch die Rettung. Das Gebäude sei in desolatem Zustand, schreibt der Rheinische Verein. Insbesondere das Dach müsse instand gesetzt werden. Der Verein spricht sich dafür aus, den „markanten Bau als Denkmal für die Geschichte des Medienstandorts Köln“ zu erhalten

Offenbar kommt die Idee generell gut an. Neben dem Förderverein, der das Radiomuseum trägt, zählen zu den Unterstützern Publizisten wie Martin Stankowski, Hermann Rheindorf, der frühere Hörfunkdirektor des WDR Wolfgang Schmitz, Bürgervereine aus der Umgebung, die frühere Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner und der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings. Krings hatte im vorigen August bei einem ersten Vernetzungstreffen in der Nachbarschaft des Raderthaler Senders auf die erhaltenswerte Architektur des einstöckigen Baus hingewiesen. Sie sei ein „enormer Schatz“. Senkrecht orientierte Fenster, ein Dachüberstand, ein Grundriss, der in Flügel aufgeteilt ist, zweigeteilte Türblätter: Er zählt den Baustil zur „sachlichen Architektur“, die weitgehend der damaligen Funktion des Gebäudes entspreche. Aus kulturhistorischer Sicht markiere der Bau den Beginn des Massenmediums Radio.

Studenten der TH Köln haben das Gebäude schon mal vermessen.

Das Museum als neue Nutzung für das historische Gebäude soll aber nicht nur für Architekturfreunde oder Nostalgiker relevant sein. Für Karin Lange, Vorsitzende des Museumsvereins, spielt die politische Dimension des damals neuen Massenmediums auch heute noch eine Rolle. „Der Rundfunk ist von den Nationalsozialisten missbraucht worden“, sagt sie. Und während die lebenden Zeitzeugen immer weniger und die Schreihälse im Internet und auch auf der Straße wieder mehr würden, sei der Sender ein Stück Zeitgeschichte, anhand dessen sich schnell Parallelen zur heutigen Rolle der Medien aufzeigen ließen, ist sie überzeugt.