Rodenkirchen – 1926 war das Jahr des großen Hochwassers. „Als ich in den Keller ging, bin ich ins Wasser gefallen“, sagt Franz Bröhl und fügt hinzu: „Da musste ich wenigstens nicht mehr baden“. Mit Humor erinnert sich der 92-Jährige an die dramatischen Ereignisse. Er ist einer der Autoren des neuen Buches „Rodenkirchener erinnern sich“, das Cornelius Steckner im Kölner Ralf Reglin Verlag veröffentlicht und in der Stadtteilbibliothek erstmals vorgestellt hat. Zahlreiche Gäste hörten zu, und auch einige der Autoren nahmen an der Veranstaltung teil.
Das Werk umfasst die Jahre zwischen 1926 und 1946. Insgesamt 16 Zeitzeugen haben Texte geschrieben und Fotos beigesteuert. Historiker Steckner hat die Beiträge gesammelt, zusammengefasst und mit eigenen Beiträgen und Material ergänzt. „Wir haben 20 Jahre lückenlos erarbeitet“, sagte Steckner bei der Präsentation. Das Buch enthält Anekdoten, politische und soziale Ereignisse sowie knapp 150 Abbildungen.
Zum Beispiel kann der Leser anhand von Fotos nachvollziehen, wie das Haus Watrin in der Moltkestraße nach der großen Überflutung im Jahr 1926 mit Pfählen angehoben wurde, um es hochwassersicher zu machen. Berichte zeugen vom Abzug der englischen Truppen 1926 und von der Entwicklung Rodenkirchens zum Wassersportzentrum mit bis zu 50 Vereinen.
Autor Peter Rodenkirchen schreibt über „Dä Kradepohl“, den Froschtümpel, Hermann Joseph Genn skizziert Typen und Originale wie etwa „et wiesse Antünnche“, Anton Weiss. Der düngte seine Salatköpfe im Garten mit einem Spezial-Dünger, der aus dem „Loch des Abritts“ stammte. Käthe Gosse beschreibt das Leben im „Eulenhäuschen“, teilweise in kölscher Sprache: „Also, wie die Jroßeldere dat Hüsje, Maternusstrasse 38 in Rudekirche jebaut hatten, do stund die Stroß nur als lehmige Weg.“ Vom „Ühle-Hüschen“ ging man vom Hof in eine kleine Küche, in der früher Milch an die Ortsansässigen verkauft wurde. Die Oma hatte ein Pferd, das Lisa hieß, und in der Scheune hing eine Schaukel für die Kinder.
Breiten Raum nimmt die Periode von der Machtergreifung Hitlers 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 ein. Jill Beier beschreibt etwa die Verhaftungswelle vom September 1944. Sie erinnert sich, wie die Jüdin Luise Romberg verhaftet wurde, jedoch fliehen konnte und im Juni 1945 nach Rodenkirchen zurückkehrte. Im ausführlichen Anhang finden sich zahlreiche Belege und historische Hintergrundinformationen.
Rodenkirchener erinnern sich, Cornelius Steckner (Hrsg.), Zeitzeugen berichten über das Leben im alten Rodenkirchen, Ralf Reglin Verlag, 250 Seiten, 150 Abb., 28,90 Euro.
Seit Ende 2007 veranstaltet Historiker und Rodenkirchen-Kenner Cornelius Steckner in Zusammenarbeit mit Literamus, dem Förderverein der Stadtteilbibliothek, Treffen zum Thema „Rodenkirchen erinnert sich“. An den Arbeitskreisen beteiligten sich bislang rund 400 Zeitzeugen. Sie berichteten, lieferten Fotos und Dokumente aus ihrer Kindheit und Jugend. Hinzu kamen zahlreiche gemeinsame Ortstermine und Museumsbesuche. Steckner bringt die gesammelten Materialien als Bücher heraus, die aktuelle Neuerscheinung ist bereits der vierte Band der Reihe. Ein weiteres Buch über frühere Vereine, Jugendverbände, Fabriken, deren Gründer und Belegschaften ist in Arbeit. (süs)