Die Bewohner des Kölner Stadtteils Rondorf fürchten erneute Überflutungen. Zusätzliches Unbehagen löst eine geplante Neubebauung aus.
Initiative gegründetAngst vor Überschwemmung bei Starkregen wird durch Neubauten in Rondorf verschärft
Starkregen ist dieser Tage für viele Menschen ein beklemmendes Thema. Viele erinnern sich an den Mittwoch, 14. Juli 2021: Als massive Niederschläge die Eifel und das Ahrtal verwüsteten, gab es auch in Köln außergewöhnlich hohe Niederschlagsmengen. In Rondorf, zum Beispiel, an der Adlerstraße, schwappte das Wasser über die Eingangstüren, flutete Keller und Wohnräume. Der halbe Stadtteil wurde überschwemmt, weil das Kanalsystem für größere Mengen Wasser nicht ausgelegt ist. Bis zu 40 Zentimeter stand das Wasser über Bordstein-Niveau.
„Ich habe meinen Bruder das erste Mal weinen sehen“, sagt Sabine Działas, die Tür an Tür mit ihrem Bruder wohnt. „Man hatte die Gülle im Keller. Wenn man das Klopapier aus Rondorf an den Leitungen kleben hat, dann schmeißt man wirklich alles weg“, schildert Dzialas die Erlebnisse.
Anwohner in Rondorf schützen sich vor Hochwasser
Die Anwohner haben sich Flutschots – einsetzbare Barrieren – eingebaut. So schützen sie Haustüren und insbesondere die Kellerfensterschächte vor eindringendem Starkregen. „Wir sitzen hier alle im selben Boot. Wenn ein Haus untergeht, gehen hier alle neun Häuser unter“, sagt Nachbar Gordon Fischer, ein Architekt. Er beriet die Nachbarn, wie man sich vor eindringendem Wasser schützen kann. Bis zu 6500 Euro hat jeder für Schutzmaßnahmen ausgegeben.
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Die Angst bleibt mit jedem Regen und nun wird sie bei den Anwohnern und Anwohnerinnen durch weitere Baumaßnahmen noch verschärft.
Neben der geplanten Bebauung Rondorf Nordwest, ist direkt an der Autobahn, Ecke Falkenweg und Adlerstraße, eine weitere Neubebauung mit 66 Wohneinheiten und einer sechszügigen Kita geplant. Die Bebauung soll bis zu dreieinhalb Stockwerke haben, der schmale, gepflasterte Falkenweg, müsste auf vier Meter verbreitert werden.
Die Anwohner sind entsetzt und werden aktiv, gründen eine „Initiative Falkenweg“ und gehen an Stadt, Politik und Stadtentwässerungsbetriebe heran. Sie sammeln über 270 Unterschriften. Ihr Hauptargument: „Noch mehr Wasser? Das hält kein Kanal aus!“, sagen sie. Ihre Berechnung: Das Wasser füllt das Rückhaltebecken bereits jetzt um 75 Prozent. „Ich kann bei dem Gedanken gar nicht mehr schlafen, wenn hier weitere Flächen versiegelt werden“, sagt Dzialas.
„Das Kanalnetz ist ausreichend dimensioniert und entspricht dem Stand der Technik auch für die neue Bebauung Rondorf Nordwest und Falkenweg“, setzt Birgit Konopatzki, Leiterin Unternehmenskommunikation bei der Steb, der Sorge entgegen.
Kanäle sind nicht für Regenmassen bei Starkregen ausgelegt
Anders sei es bei Starkregen. „Die Kanäle haben die Aufgabe, das Abwasser zu sammeln und zur Kläranlage zu leiten. Häufig wird die hydraulische Leistungsfähigkeit der Kanalisation in Frage gestellt, da bei Starkregenereignissen das Wasser auf der Straße steht“, erklärt sie. Die Abwasserkanäle seien nicht dafür ausgelegt, extremen Starkregen abzuleiten. „Die bei derartigen Ereignissen anfallenden Regenmenge übersteigt das Fassungsvermögen um ein Vielfaches“, so Konopatzki. Es sei zunächst geplant, ein bestehendes Regenrückhaltebecken am Kirschweg in Hahnwald so umzubauen, dass bei Starkregen mehr Regenwasser zwischengespeichert werden könne.
Für das neue Plangebiet Rondorf Nordwest liege überdies ein Entwässerungskonzept vor. Das Regenwasser soll versickern, sofern es nicht durch starken KFZ-Verkehr belastet ist. „Das Konzept sieht weiterhin vor, dass bei stärkeren Regen das belastete Wasser unterirdisch zurückgehalten wird“, so Konopatzki. Wenn es noch stärker regnet, werde das Wasser über Notwasserwege – in der Regel sind das die Straßen – in spezielle Retentionsräume geleitet. „Diese sind für ein 100 jährliches Starkregenereignis ausgelegt“, erklärt Konopatzki weiter. Die Flächen seien in der Planung gesichert.
Für den Falkenweg liegt ein solches Entwässerungskonzept nicht vor, da das städtebauliche Verfahren noch nicht so weit fortgeschritten ist. Dem Wunsch der Anwohner, den Kanal zu ertüchtigen, setzt die Steb nicht nur Kosten entgegen. Die hierfür erforderlichen Durchmesser würden nicht in die Straße passen, die Überflutungsgefahr würde sich nur in tiefer gelegene Bereiche des Kanalnetzes verlagern.
Für die Anwohner stellen sich weitere Fragen, die derzeit für sie nur unbefriedigend beantwortet sind: Warum braucht es hier eine Kita für 150 Kinder? Wie soll der Verkehr geregelt werden und wie ist eine schmale Straße wie der Falkenweg auf vier Meter zu verbreitern?
Zum Thema Kanalisation wird es auf der kommenden Sitzung der Bezirksvertretung Antworten geben. Da möchte die Steb die verschiedenen Entlastungsmaßnahmen, im Rahmen einer aktuellen Stunde, am Montag, 17. Juni, ab 17 Uhr, im Bezirksrathaus vorstellen.