Köln – Als der Anruf der Produktionsfirma kam, hatte Balthazar Zeibig erstmal Bedenken. Er sollte den achtjährigen Boris Becker spielen, obwohl er selbst schon einige Jahre älter ist? „Soll ich das wirklich machen, habe ich mich gefragt.“ Doch der Kölner Schüler überzeugte die Macher beim Casting, das coronabedingt weitgehend online ablief. Vor allem der auch schon für den kleinen Boris typische Tennisschläger-Wutwurf (wenn auch in diesem Fall im elterlichen Wohnzimmer) gelang gut. Und damit hatte der heute 14-Jährige die Rolle.
Ausstrahlung am Donnerstag
Am Donnerstag nun wird „Der Rebell – Von Leimen nach Wimbledon“, der den Weg der Tennislegende von seiner Kindheit bis zu seinem Wimbledon-Sieg mit 17 Jahren nachzeichnet, ausgestrahlt. (Die Rolle des älteren Boris spielt der 1999 geborene Bruno Alexander.) Die ganze Familie Zeibig wird vor dem Fernseher sitzen, gesehen haben sie bisher nur einzelne Szenen. Sie sind alle mächtig stolz. „Und das Drehen hat total Spaß gemacht“, sagt Balthazar.
Zur Schauspielerei ist er gekommen, nachdem er 2018 Kinderprinz war. „Da haben mich einige Freunde angesprochen, weil ich das auf der Bühne wohl ganz gut gemacht habe.“ Inzwischen wird er von einer Schauspielagentur vertreten, hat schon in Filmen wie „Billy Kuckuck“ und „Die Läusemutter“ mitgespielt.
Seit drei Jahren hat er einmal in der Woche eineinhalb Stunden Schauspielunterricht in Köln. Mit der Schule ließen sich die überschaubaren Dreharbeiten gut vereinbaren, sagt Mutter Julia Zeibig. Es wird aber darauf geachtet, dass sie nicht gerade in Klassenarbeit-Phasen fallen. Die Noten stimmen und komische Reaktionen von Mitschülern gibt es nicht.
Mitschüler sind entspannt
„Ich habe zwei Klassenkameradinnen, die spielen auch. Da können wir uns immer unterhalten.“ In Zeiten von Tiktok, Youtube und immer mehr Streaming-Angeboten ist Schauspielern offenbar nicht mehr so exotisch wie früher.
Aber wusste Balthazar überhaupt, wer Boris Becker ist? „Klar, der ist total berühmt, auch heute noch. Der jüngste Wimbledon-Sieger aller Zeiten.“ Und ihm war auch klar: „Er hatte schon als Kind viel Stress, musste stundenlang trainieren. Das ist auch auf Kosten der Kindheit gegangen.“
Die Kölner Zeitsprung-Filmproduktion von Michael Souvignier hat mit ihm über dieses Thema gesprochen und die wenigen Filmdokumente hervorgekramt, die es von dem „kleinen“ Boris gibt – denn in den 70er Jahren waren Videoaufnahmen noch nicht an der Tagesordnung. „Da gibt es nur ganz wenige Filme. Und da habe ich mir dann viel abgeschaut. Zum Beispiel, dass Boris Becker immer eine einhändige Rückhand gespielt hat. Heute macht man eigentlich nur noch zweihändige.“
Becker-Stil trainiert
Danach wurde trainiert, um den Becker-Stil einzuüben. Balthazar hatte zwar schon einmal Tennis gespielt, doch das lag lange zurück. Deshalb musste er sechs Wochen lang zwei- bis dreimal pro Woche Tennisstunden nehmen. „Mit Holzschlägern, andere gab es ja damals noch nicht.“
Abschauen musste sich Balthazar auch die Wutausbrüche, das Aufstampfen mit den Füßen, das Brüllen von Sätzen wie „Ich will einfach nur gewinnen“ und das Schlägerwerfen – wie erwähnt überzeugte er mit seiner Darstellung der Becker'schen Starrköpfigkeit und Ungeduld.
Er selbst sei aber so ziemlich das Gegenteil, sagt seine Mutter. Eher geduldig. Das kommt einem im Schauspielberuf wohl auch entgegen. Fünf Tage war Balthazar im Sommer zu Dreharbeiten in Aschaffenburg. „Es waren alle sehr nett. Das war total schön.“
Unter Druck wie Boris damals würde er sich nicht fühlen, sagt er. „Ich mache nur, wozu ich Lust habe.“ Schauspieler möchte er schon gerne werden. Aber er sieht es realistisch. „Wenn’s klappt, dann klappt’s. Aber ich weiß, dass es schwer ist.“
„Der Rebell – Von Leimen nach Wimbledon“, RTL, Donnerstag, 16. Dezember, 20.15 Uhr.