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Sabrina Carpenter in KölnKonzert im Palladium wird zur Live-Therapiesitzung

Lesezeit 3 Minuten
Sabrina Carpenter steht in weißem Minirock mit dem Rücken zu einem großen herzförmigen Spiegel.

Sabrina Carpenter bei ihrem Konzert in Glasgow. In Köln vergab der Veranstalter keine Fotoerlaubnis.

Sabrina Carpenter ist durch ihre Rolle in einer Disney-Channel-Serie bekannt geworden. Jetzt emanzipiert sie sich als Sängerin.

„How many sluts are in the building?“, ruft Sabrina Carpenter in ihr weißes Mikrofon mit rotem Glitzerherz. Und die „sluts“ (deutsch: „Schlampen“) kreischen als Antwort begeistert auf. Es ist nicht der erste Kreisch-Tornado an diesem Abend, zum Ende lassen sich selbst im hinteren Teil des Palladiums leichte Ohrenschmerzen nicht vermeiden. Nach einer Entschuldigung an die Mütter und Väter der vorwiegend jungen Frauen im Publikum für den harten Ausdruck, steigt Carpenter mit „Because I liked a boy“ ein. In dem Song besingt Carpenter, wie sie plötzlich wegen einer unschuldigen Verliebtheit Ziel einer Hasskampagne wird.

Sabrina Carpenter stand schon jung im Rampenlicht, ist ein weiterer Disney-Star, der sich endlich von seinen Fesseln als Teenie-Idol lösen will. Bekannt wurde sie mit ihrer Rolle in der Disney-Channel-Serie „Das Leben und Riley“, einem Spin-Off der 90er-Comedyserie „Das Leben und ich“. Heute konzentriert sie sich auf ihre Musik, hat mit „emails i can’t send“ ihr erstes Album mit „Island Records“ rausgebracht. Alle vorherigen Alben erschienen unter dem Disney-Musiklabel „Hollywood Records“. „Seit dem letzten Album fühle ich mich viel sicherer, ich selbst zu sein“, sagt die Sängerin beim Konzert in Köln.

Sabrina Carpenter unterstützt Taylor Swift auf iher Tour

Das Palladium ist am Samstagabend ausverkauft, ursprünglich sollte Carpenter in der kleineren Live Music Hall auftreten. Es ist das erste von zwei Konzerten der US-Sängerin in Deutschland, am Dienstag steht sie in Berlin auf der Bühne – das letzte Konzert ihrer Tour. Viel Zeit zum Durchatmen hat Sabrina Carpenter danach aber nicht, ab August unterstützt sie Taylor Swift auf ihrer „The Eras Tour“ in Lateinamerika, Australien und Singapur. Ein perfektes Match, wie schon bei Carpenters Konzert in Köln klar wird: Vor Beginn der Show dröhnt Swifts „All too well“ aus den Boxen und verursacht Begeisterungsstürme, hochgehaltene Handys, die die noch dunkle Bühne filmen, und lautstarkes Mitsingen. Carpenter-Fans sind auf jeden Fall auch Swift-Fans. Ob es andersrum genauso gilt, wird sich noch zeigen.

Das Köln-Konzert entpuppt sich schnell als Therapie-Sitzung – für Carpenter wie für die Fans. Sie erzählt, wie es zu ihrem Song „Tornado Warnings“ kam, in dem sie von einer Beziehung zu einem Mann erzählt, die so falsch ist, dass sie davon nicht mal ihrem Therapeuten erzählen kann. „Ich saß einmal abends in einem Park mit jemandem, der mir sehr wichtig ist und dann kam eine Tornado-Warnung. Und ich habe gedacht: Das ist ein Zeichen.“ Für ihr Konzert stellt sie drei Regeln auf: Wasser trinken, auf seine Freunde aufpassen und ausrasten. Sie wirbelt über die Bühne, dreht sich mit schwingendem Rock vor dem überdimensionalen, herzförmigen Spiegel mit LED-Beleuchtung wie ein Teenie im Kinderzimmer – als würde niemand zugucken.

Ihre Fans hat Carpenter aber trotzdem im Fokus, fragt immer wieder, ob es allen gut geht. „Hat kürzlich jemand hier geweint? Sich gerade getrennt?“ Ein Fan erzählt, dass sie von ihrem Ex mit ihrer gemeinsamen besten Freundin betrogen wurde. Carpenter stellt interessiert Nachfragen, hält dem Fan immer wieder ihr Mikrofon hin. Der Ex habe es beim Abschlussball gebeichtet. Doof, findet Carpenter. Es sei viel besser, das selbst rauszufinden und dann die Reifen des Betrügers zu zerschlitzen. Habe sie natürlich nie gemacht, beteuert sie. Dann wird es versöhnlich: Die junge Frau ist zwar traurig, aber auch endlich bereit weiterzuziehen. Stichwort für Carpenter, die „Baby One More Time“ von Britney Spears anstimmt. „Den Song singe ich immer, wenn ich bereit bin, weiterzuziehen.“

Zur Zugabe singt Carpenter „Nonsense“, der Song hat mittlerweile mehr als 300 Millionen Streams bei Spotify. Sie sagt, sie bewerte ihr Publikum immer nach der Lautstärke. Das Palladium kreischt als Antwort. „Ihr seid auf jeden Fall die Lautesten.“