Die Festival-Band Provinz verwandelte den 4000-Menschen-Saal in eine sorgenfreie Sommerwiese. Zwei Fans durften sogar auf der Bühne tanzen.
Kölner Palladium dreimal ausverkauftProvinz spielt den Sound des Heimkommens
Vor fast sechs Jahren waren sie schon mal in Köln. Damals verirrten sich nur etwa zehn Zuschauer vor die Bühne im Blue Shell. Mittlerweile ist sogar das Mülheimer Palladium zu klein für die Indie-Pop-Band Provinz. Am Montag spielte sie das erste von drei ausverkauften Konzerten als Teil ihrer „Heimweg“-Tour.
Provinz in Köln: Vom Blue Shell ins Palladium
Die Kölner Entwicklung steht exemplarisch für den Erfolgskurs, den die vier Jungs aus dem Ravensburger Vorort Vogt eingeschlagen haben. 2012 gegründet, dümpelten sie lange in der Belanglosigkeit herum. Als sie gerade ihren Groove fanden, bremste die Corona-Pandemie sie aus.
Doch das Momentum konnten sie halten. Heute sind sie mit über 1,5 Millionen monatlichen Spotify-Hörerinnen und -Hörern eine feste Größe auf den Festival-Bühnen der Republik. Ihr Erfolgsrezept funktionierte auch schon bei AnnenMayKantereit, Von Wegen Lisbeth und Caspar: schnörkelloser Indie-Pop.
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Köln: Palladium wird zur sorgenfreien Sommerwiese
Der rote Theatervorhang im Palladium war ein Vorbote für die Dramaturgie, die die Setliste zu bieten hatte: von der Sommer-Hymne bis zum herzzerreißenden Liebeslied. Begleitet von einer effektvollen Lightshow legte die Band los. Mit „Zimmer“ und „Liebe zu dritt“ verwandelten sie den 4000-Personen-Saal in eine sorgenfreie Sommerwiese.
In den ersten Songs geht es um jugendliche Probleme, die – wie selbst sagen – rückblickend unwichtig, damals aber das Wichtigste auf der Welt waren: die erste Trennung, Heimweh und Fifa-zocken. Über der Band erscheint ein überdimensionierter Lichtwecker, der einen Sonnenaufgang simuliert. Das Gefühl des Heimkommens - ob physisch an einen sicheren Ort oder emotional zu alten Freunden - spielt an diesem Abend immer wieder eine Rolle.
Gefühlvolles Mitsing-Konzert
Drei Viertel der Band sind miteinander verwandt: Sänger Vincent Waizenegger, Keyboarder Robin Schmid und Bassist Moritz Bösing sind Cousins. Schlagzeuger Leon Sennewald fügte sich später in die Runde ein. Was ihre Klangfarbe von anderen Größen absetzt, ist Schmids Keyboard. Der Klavier-Sound, der bei anderen oft wie eine Abkürzung zum emotionalen Song wirkt, ist die Seele vieler Provinz-Hits.
Was Provinz zur Event-Band macht, ist die Extraschippe Mühe, die sie sich gibt, um ihre Fans mitzunehmen. Die nehmen das dankend an, klatschen, singen, johlen und tanzen mit. Exemplarisch dafür ist der Walzer, den zwei Freundinnen auf Einladung der Band auf der Empore über der Bühne während des Songs „3/4 Takt*“ tanzen. Auch, wenn das „immer ein bisschen Risiko“ mit sich bringt, so Waizenegger. Die Diskografie bietet sich für ein gefühlvolles Mitsing-Konzert an. Waizenegger muss bestimmte Refrains und Strophen nur anstimmen und das textsichere Publikum übernimmt den Rest.
Band Provinz: Duden-Definition hält nicht mit
Wenn der Anfang wie eine sorgenfreie Sommerwiese war, dann ist es zum Ende hin auf der Wiese dunkel geworden und die Gespräche werden ernster. Der Liebeskummer ist jetzt Hauptthema, auch vom Älterwerden und Rechtsruck in der Gesellschaft singen die sympathischen Jungs vom Dorf. Das Durchatmen zwischen den Songs fällt schwerer. Am Ende dreht der Saal nochmal zur Abschlussparty auf, alle Sorgen werden zu „Spring“ rausgetanzt.
Im Duden steht, dass eine Provinz eine Gegend ist, „in der (mit großstädtischem Maßstab gemessen) in kultureller, gesellschaftlicher Hinsicht im Allgemeinen wenig geboten wird.“ Die vier Jungs aus dem Ravensburger Vorort warfen in der Großstadt Köln diese Definition mit Elan um.