Spurensuche in KölnDer frühere Posttunnel ist heute die Röhre der Heinzelmännchen
Köln – Der Kölner Hauptbahnhof ist laut, groß, voll. Die Geschäfte haben auch an Sonntagen geöffnet, Züge fahren die ganze Nacht. Für die Angestellten bleibt keine Zeit, bei geschlossenen Türen alles für die Kunden des nächsten Tages vorzubereiten.
Trotzdem sieht man auch tagsüber kaum Lieferanten, Monteure und Mechaniker, die am Bahnhof alles in Stand halten müssen. Wie also funktioniert die Logistik an einem solchen Knotenpunkt? Mit Heinzelmännchen? Fast. Die Warenlogistik der Deutschen Bahn nutzt zur Belieferung und Reparatur der Züge im Hauptbahnhof ein altes Tunnelsystem unter dem Gebäude, um sich ungestört von Einsatzort zu Einsatzort bewegen zu können.
Wolfgang Thelen, seit fünf Jahren Standortleiter der DB Warenlogistik, führt durch den Tunnel. Früher haben auch engagierte Bahn-Mitarbeiter Führungen veranstaltet, was aber aufgrund des Sicherheitskonzepts nicht mehr möglich ist. Um die Waren im Lager vor Diebstahl zu schützen, ist es wichtig, dass Thelen jederzeit weiß, wer wann im Tunnel ist, erklärt er. Und das weiß er tatsächlich. Jeden Mitarbeiter, dem er im Untergrund des Hauptbahnhofs begegnet, begrüßt er. „Natürlich kenne ich alle Namen. Bei 63 Mitarbeitern wäre ich ja sonst auch ein schlechter Chef“, sagt der 55-Jährige und lacht.
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Lastenaufzüge aus den 50er und 60er Jahren führen zu den Gepäckbahnsteigen
Die Führung in den Posttunnel beginnt am Breslauer Platz. Hier befindet sich auch der Lieferantenzugang für die anderen Läden im Hauptbahnhof. An diesem Ende des Tunnels sind die Lastenaufzüge, mit denen die Waren auf die für Reisende nicht zugänglichen Gepäckbahnsteige zwischen den Personenbahnsteigen der Bahnhofshalle befördert werden. Nur die Gleise 8 bis 11 werden über Personenaufzüge beliefert, Thelen nimmt den Aufzug zum Gleis zwischen den Bahnsteigen 5 und 6. Die Türen schließen sich, der Fahrstuhl setzt sich in Bewegung und bleibt nach 20 Zentimetern stehen.
„Die Aufzüge sind aus den 50er oder 60er Jahren“, hatte er zuvor gesagt. Nach einigen Minuten des Knöpfedrückens und Ruckelns an der Tür fährt der widerspenstige Aufzug wieder 20 Zentimeter nach unten. Die Tür öffnet sich. Beim Aufzug für Gleis 1 und 2 klappt die Fahrt bis zum Gepäckbahnsteig problemlos. Während der Wartezeit der Züge im Bahnhof werden von hier aus, abseits der Fahrgäste, Reparaturen getätigt, der Müll entsorgt und der Nachschub für das Bord-Bistro geladen.
Das historische Hauptpostamt musste einer Wohnanlage weichen
Gebaut wurde der alte Posttunnel 1873, um den Bahnhof mit dem damaligen Postzentrum in der Nähe zu verbinden. Das Gebäude in der Stolkgasse 4 war nur ein Gebäude in einem riesigen Postkomplex, der sich vom Bahnhof ausgehend über die Marzellenstraße bis an die Tunisstraße erstreckte. Auch das heutige Hilton-Hotel gehörte dazu, vor allem aber die heutige Residenz am Dom.
Für die Seniorenwohnanlage musste 1997 das historische Hauptpostamt weichen, das im Krieg völlig ausgebrannt war und später vereinfacht wiederaufgebaut wurde. Auch nach dem Krieg diente das Haus dem Postbetrieb, vor der Umstellung der Post auf Lieferungen durch Lkw wurden dort alle Päckchen, Briefe und Gepäckstücke gelagert und zugewiesen, das Hauptpostamt belieferte die gesamte Stadt und ihre Umgebung.
3600 Quadratmeter umfasst der alte Posttunnel
Heute lagern unter der Stolkgasse hauptsächlich Lebensmittel und Ausrüstung für die Bord-Bistros der Bahn. Getränke und Snacks türmen sich in der großen, modernisierten Halle, seitdem das Logistikzentrum 1996 von der Bahn übernommen wurde. Das ehemalige Postgebäude gehört mittlerweile einer Immobilienfirma, die die Räumlichkeiten außerdem auch wieder an eine Postfiliale vermietet hat. Die Tunnel nutzen außer der Bahn zwei Gastronomiebetriebe, die ihre Waren ebenfalls über die Zugänge im Bahnhof verteilen.
3600 Quadratmeter umfasst der Bereich des alten Posttunnels inklusive der Lagerhalle unter der Stolkgasse. Etwa 120 bis 140 Züge werden pro Woche von hier aus beladen. Die Warenmenge schwanke, sagt Thelen.
Hinter den Aufzügen macht der Tunnel einen leichten Knick nach links und führt an der Kirche St. Mariä Himmelfahrt vorbei. Unten wurde zwar alles saniert und mit neuen Abluftanlagen ausgestattet, aber die Gewölbe und der Tunnel selbst sind gleich geblieben. Etwa 100 Meter und einen weiteren Linksknick später erreichen die Besucher dann das Ende des alten Posttunnels, der hier in die Lagerhalle mündet.
Der Kölner Architekt Joachim Schürmann entwarf das Haus, durch dessen Atrium die Luft für die Kühlhäuser angesaugt wird. In der Mitte steht eine riesige Platane. Hier beendet Wolfgang Thelen die Führung, durch ein Treppenhaus geht es an die Oberfläche. Heinzelmännchen waren im Tunnel übrigens nicht zu sehen.