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Stadtarchiv-EinsturzDie Stadt Köln muss auf jeden Fall bezahlen

Lesezeit 3 Minuten

Das Trümmerfeld kurz nach dem Einsturz des Stadtarchivs und des benachbarten Wohnhauses.

  1. Der Rechtsstreit im Zusammenhang mit dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs kostet die Stadtverwaltung gewaltige Summen.
  2. Selbst wenn die Kommune und die KVB keine Schuld treffen sollte, geht ein Teil der Anwaltskosten zulasten der Steuerzahler.

Köln – Der Rechtsstreit im Zusammenhang mit dem Einsturz des Historischen Archivs wird die Stadtverwaltung gewaltige Summen kosten. So absurd es scheinen mag: Selbst wenn die Kommune und ihre Verkehrs-Betriebe keinerlei Verschulden treffen sollte, geht ein Teil der Anwaltskosten in Millionenhöhe letztlich zulasten der Steuerzahler. Die Honorare für die von der Verwaltung beauftragen Spezialkanzleien sind hoch – und die Bauunternehmen als Prozessgegner werden im Fall ihrer Niederlage wohl nicht vollständig dafür aufkommen müssen.

Noch bevor das Gerichtsverfahren begonnen hat, wurden mehr als 8,5 Millionen Euro an die Anwälte überwiesen. „Wir müssen schon eine gewisse Summe investieren, damit unsere Interessen optimal vertreten werden“, sagt die Leiterin des Rechtsamtes, Ursula Herx.

Kurz nach dem durch den U-Bahnbau verursachten Unglück vor gut sieben Jahren hat die Kommune zwei angesehene Rechtsanwaltsbüros hinzugezogen. Die Mönchengladbacher Kanzlei Kapellmann und Partner soll die Schadensersatzklage führen.

Die im Rheinauhafen ansässige Sozietät Kanzlei CMS Hasche Sigle vertritt die Stadt im Verfahren gegen mehrere Leihgeber, die dem Archiv Urkunden, Briefe, Fotos, Tonbänder und anderes Material überlassen hatten. Sie wollen wissen, was mit ihrem Eigentum geschehen ist. Stadtdirektor Guido Kahlen schätzt den Einsturzschaden auf 1,2 Milliarden Euro. Zwei der größten Posten sind die Wiederherstellung beschädigter Archivdokumente und der Bau eines neuen Archivs.

Mehr als fünf Meter Aktenordner

Sollte das Unglück, wie von mehreren Experten angenommen, durch einen Baufehler entstanden sein, muss der Verursacher für die Folgen aufkommen. Die Arbeitsgemeinschaft der Unternehmen für den U-Bahn-Bau geht allerdings von einem anderen Szenario aus; ein unabwendbarer Wassereinbruch in der Baugrube habe den Einsturz ausgelöst, ein Naturereignis demnach. Die Gutachter am Waidmarkt werden ihre Arbeit wohl erst im kommenden Jahr beenden.

Im Büro von Amtsleiterin Herx reihen sich Dutzende Ordner mit juristischem Schriftverkehr. Im Regal erstrecken sich die Akten auf einer Breite von mehr als fünf Metern. „Im Grunde genommen läuft das so ab wie in einem Gerichtsprozess“, sagt Herx. Über die Höhe der vereinbarten Honorare will sie nichts sagen. Im Allgemeinen verlangen große Kanzleien Stundensätze von 350 bis 450 Euro. Von anderer Seite ist zu erfahren, dass der mit Kapellmann und Partner vereinbarte Satz nicht höher ist als 400 Euro.

Die Kosten im Überblick

Eine finanzielle Zwischenbilanz ist einem Papier zu entnehmen, das Stadtdirektor Kahlen Anfang der Woche den Ratspolitikern vorlegte. Die Vergütung der Rechtsanwälte summiert sich auf 8,6 Millionen Euro, Reise- und Materialausgaben inbegriffen.

Weitere 6,5 Millionen Euro musste Kämmerin Gabriele Klug in die Gerichtskasse einzahlen, um die Rechnungen eines vorab bestellten Gutachters zu begleichen.

Hinzu kommen 8,5 Millionen Euro für geotechnische Berater und Ingenieurleistungen. In Anbetracht der enormen Schadenshöhe ist davon auszugehen, dass bis zur letzten Instanz gestritten wird – und die Anwaltskosten der Stadt in zweistellige Millionenhöhe steigen.

Die Kosten, die vor Prozessbeginn angefallen, muss die unterlegene Seite später nur zum Teil erstatten. Die Höhe ist grundsätzlich durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelt.

Im Fall einer erfolgreichen Klage gegen die Baufirmen würde das für die Stadt bedeuten: Von den außergerichtlichen Anwaltskosten müssten die Unternehmen voraussichtlich maximal 273.000 Euro zahlen – der Großteil ginge zulasten der Stadtkasse. Ähnliche Obergrenzen gelten für die Kostenübernahme nach Beginn eines Prozesses in der ersten Instanz sowie in der Berufung.

Angesichts des Großauftrags wundert es nicht, dass Prof. Werner Langen von der Kanzlei Kapellmann in seiner Referenzliste die Stadt Köln ganz oben führt. Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht ist immer mal wieder im Rathaus, um die Fraktionen über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren. Bis zu fünf Kanzleikollegen seien mit dem Archiveinsturz befasst, sagt er. „Das ist ein Sonderfall, der vom Gericht gesondert abgerechnet wird.“ Bei einer solch umfassenden und speziellen Materie bestehe die Möglichkeit, von der üblichen Regelung abzuweichen. „Wir streiten dafür, dass die Stadt ihren Schaden ersetzt bekommt und natürlich auch in größtmöglichem Umfang die Anwaltskosten.“