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Sternekoch im RheinauhafenKämpfer gegen das Schickimicki-Image

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Daniel Gottschlich hat im Rheinauhafen das Restaurant für seine gastronomische Vision entworfen. „Ich mag das Moderne, Urbane“, sagt er.  

Köln-Innenstadt – Ein Sternekoch mit Restaurant im Rheinauhafen: Da denkt man nicht unbedingt zuerst an einen 36-Jährigen, der seinen Körper großflächig mit Tätowierungen zugepflastert hat und in einer Rockband für das Schlagzeug zuständig ist. Gäbe es den Titel „lässigster Sternekoch Kölns“, er ginge an Daniel Gottschlich.

Für einen noch einigermaßen jungen Mann, der Verantwortung für zwei kleine Töchter, ein gutes Dutzend Mitarbeiter und ein großes Restaurant auf zwei Stockwerken in einer der teuersten Kölner Lagen trägt, wirkt Gottschlich nicht nur lässig, sondern auch erstaunlich locker. Belasten tue ihn die Verantwortung nicht, sagt er morgens bei einer Flasche Cola in seinem Restaurant „Ox & Klee“, bevor der Spaziergang durchs Quartier beginnt. „Ich habe Selbstvertrauen. Und immer gute Laune.“

Wenig Infrastruktur

Alteingesessen ist Gottschlich im Rheinauhafen nicht gerade. Er hat sein Restaurant an der Adresse Im Zollhafen 18 erst vor einem guten Jahr, am 14. September, eröffnet. Gegen den Rat vieler Freunde, die im Chor sangen: kannst du doch nicht machen. Das große Hadern mit dem Rheinauhafen.

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„Der Kölner an sich sagt ja: Das gehört hier nicht hin, das ist nichts für uns, das ist zu fein, zu schick, zu teuer“, fasst Gottschlich die gesammelten Urteile zusammen, während er auf der Rheinuferpromenade Richtung Süden geht. Ein Image, mit dem der Koch nur bedingt einverstanden ist. Klar, die Mieten seien hoch: „Aber nimm dir mal eine Altbauwohnung im Belgischen Viertel, da zahlst du genauso viel und alles ist erstmal Schrott. Dagegen ist ein Kranhaus mit Rheinblick nicht überteuert.“

Er kann die Kritiker aber auch verstehen: „Hier wurde jahrelang versäumt, eine Infrastruktur aufzubauen. Hier gibt es keinen Kiosk, keinen Postkasten, keinen Bankautomaten, keinen Supermarkt.“

Was ihn dann an den Rheinauhafen gezogen hat? „Ich mag das Moderne, Urbane. Und ich habe das Gefühl, dass sich hier was tut. Es eröffnen immer mehr Restaurants, die Pleiten-Nachrichten sind schon etwas älter. Und jetzt mal ehrlich: Im Sommer an dieser Promenade entlangzuspazieren, das ist doch einmalig.“

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Daniel Gottschlich vom „Ox und Klee” ist der große Aufsteiger des Jahres in Köln. 

Viele Hafenbewohner haben ihren neuen Nachbarn bereits zum Essen besucht; „eine Kundin“, freut sich Gottschlich, als er an der Galerie Reitz vorbeikommt, über die Galeristin. Nur die prominenteste Frau im Rheinauhafen hat ihre Nase noch nicht ins Restaurant gesteckt. „Alice Schwarzer würde ich schon mal gerne kennenlernen“, sagt Gottschlich und guckt am Frauenmediaturm hoch, in dem die Emma-Redaktion sitzt. Grundsätzlich sei er „nicht promigeil, auch wenn das sicher gut wäre fürs Geschäft“. Aber Wolfgang Niedecken, „über den würde ich mich schon freuen“, sagt der Restaurantinhaber über den in der Südstadt lebenden Musiker. „Verdamp lang her“ habe er als 13-Jähriger bei seinem allerersten Konzert in der Schulaula gesungen und geklampft. „Dessen Karriere finde ich schon beachtlich.“

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Kaffeepause in der Bäckerei Mauel im Rheinauhafen

Allein für die warme Luft lohnt sich an diesem Wintertag der Eintritt in die Bäckerei Mauel, die einzige im Rheinauhafen. „Schöne Grüße von meiner Frau“, ruft Bäckereichef David Luhr, als er Gottschlich sieht. Lässiger Handschlag. „Wenn die Kaffeemaschine im Restaurant noch aus ist, hole ich mir hier oft einen Kaffee, der ist gut.“ Gottschlich bestellt einen im Pappbecher, dann geht es weiter.

Als „verwöhntes Einzelkind“ in Troisdorf sei er aufgewachsen, erzählt der 36-Jährige. Nach dem Realschulabschluss begann er seine Ausbildung als Koch auf dem Petersberg. 2006 zog er nach Köln, 2010 eröffnete er sein Restaurant „Ox & Klee“ in der Richard-Wagner-Straße, winzig im Vergleich zum Nachfolger im Rheinauhafen. Im November 2015 kam der erste Stern.

Große Kölner Familie

Was er an Köln mag? Da muss Gottschlich nicht lange überlegen: „Die Menschen. Es gibt eine große Einigkeit über die Stadt, ein großes Wir-Gefühl. Das fühlt sich nach großer Familie an.“ Was mag er nicht? „Diese Kompliziertheit und Umständlichkeit der Verwaltung. Man dürfte den Verwaltungsapparat gerne bürgernäher gestalten.“ Eine Portion Bürgernähe hätte er beim Umbau seines Ladens gut gebrauchen, deutet er dezent an. Seine erste Wohnung in Köln? In der Rheinaustraße, ganz in der Nähe: „Da konnte ich dem Art’otel beim Bau zugucken“.

Dann wohnte er an der Richard-Wagner-Straße mit Blick auf das „Ox und Klee“. Eines Nachts stand die Küche der Wohnung in Flammen, „ich und meine damals schwangere Frau wären um ein Haar verbrannt“. Sie zogen dann auf die Aachener Straße mit Blick auf Melaten. Als die zweite Tochter unterwegs war, wanderte die Familie nach Refrath ab, wo die Schwiegereltern wohnen.

Lesen Sie weiter: Der Michelin-Testesser wehte ausgerechnet am Tag der Neueröffnung rein.

Kurze Spazierpause. Gottschlich lehnt sich an die Brüstung, die die Promenade vom Rhein trennt, und guckt auf die andere Rheinseite, dorthin, wo bald ein ganz neues Quartier entstehen wird. „Alle werden sie auf mein Restaurant gucken.“ Vergnügtes Lächeln.

Und ein Lob an den Kollegen, der das Restaurant an der Agrippinawerft 6 führt: „Das Limani gefällt mir. Die Terrassen sind geil, und das Essen ist gut.“ Wir spazieren auf die andere Seite der Rheinuferstraße, Richtung Südstadt. „Hier sieht man das Problem deutlich“, sagt Gottschlich, dreht sich um, zeigt auf die Kranhäuser. „Es haben schon viele vorgeschlagen, eine Hängebrücke über den Jachthafen zu bauen. Dass man auf so langer Strecke nicht rüberkommt, trägt zum Inselgefühl des Rheinauhafens bei.“

Die besten Cocktail-Bars in Köln

Vor dem Bürgerhaus Stollwerck bleibt er wieder stehen. „Hier habe ich tolle Konzerte gesehen.“ Freizeit hat er so gut wie nie, aber wenn, geht er gerne aus. Zu Konzerten, oder in die Südstadt-Kneipe „Schnörres“, die vor einigen Monaten in die Dreikönigenstraße umgezogen ist. Oder in die besten Cocktailbars der Stadt – „das Shepheard, Little Link, Toddy Tapper und das Seiberts“.

Fachgespräche über Wurst

Auf der Severinstraße steuert Gottschlich zielstrebig auf die Metzgerei Hennes zu, die sein Restaurant mit Wurst versorgt. Im Nu ist er mit Metzgermeister Pascal Pütz und dessen Mutter Michaela Pütz in Fachgespräche verwickelt. Dann geht es weiter die Straße runter, zum Thai-Imbiss, wo er mittags gerne etwas Leichtes isst, die Reisnudelsuppe mit Rindfleisch zum Beispiel.

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Mitarbeiterin Michaela Pütz von der Metzgerei Hennes auf der Severinstraße

Eine Faszination für Restaurants hatte er schon als kleiner Junge. „Wenn ich mit meinen Eltern essen gegangen bin, habe ich immer das teuerste Gericht auf der Karte gewählt.“ Als Achtjähriger „bekochte“ er seine Mutter zum ersten Mal: Es wurde ein Eisbecher, dazu geschlagene Sahne und geschmolzene Schokolade. Frei mit Zutaten hantieren, so muss das sein für Gottschlich. „Ich koche nicht nach Rezept.“

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Mittagessen beim Thai-Imbiss auf der Severinstraße 

Auch sein Markenzeichen entstand durch Zufall – weil sein bester Freund sich zum Frühstück immer Maggi in sein Ei träufelte. Gottschlich erfand eine Variante mit Liebstöckelsud. Das „Maggi-Ei“ bekommt jeder Gast als Gruß aus der Küche serviert. Auch der Michelin-Testesser, der ausgerechnet am Tag der Neueröffnung hereinwehte. Stunden zuvor hatten noch Drähte aus den Wänden geragt, in der Küche flossen Schweiß und Tränen. Als der Kritiker wieder rauswehte, sagte er nur ein Wort: „Danke“.