Warum Köln einen Touristenboom erlebt und sich fast auf einer Stufe mit Berlin sieht.
Satirischer WochenrückblickFür Kölle ist es nie zu späti!
Mittendrin im langen Brücken-Wochenende, die nächsten Feiertage und der Sommer in Sicht, macht diese Nachricht gute Laune. „Wir sind fast in einer Liga mit Berlin – und das wollen wir zeigen“, jubelt Jürgen Amann, der Chef von Köln-Tourismus angesichts steigender Touristenzahlen, die in diesem Jahr das Vor-Corona-Niveau erreichen dürften.
Wer würde da widersprechen? Höchstens Steffen Baumgart, der mit dem Effzeh gegen die Berliner Hertha gerade dafür gesorgt hat, dass der alten Dame die Luft ausgeht.
Bevor Sie sich jetzt verwundert die Augen reiben, weil Ihnen außer dem Dom bloß Junggesellenabschiede in der Altstadt, Ballermann-Sauftouren, der Ganzjahres-Karneval und unzählige Baustellen einfallen, erweitern Sie Ihren Horizont. Begeben Sie sich auf die Suche nach der Kölner Museumsinsel, einem Szenekiez wie Kreuzberg, dem Prenzlauer Berg oder dem kölschen Mauerweg.
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Damit liegen Sie voll im Trend. Urlaub vor der Haustür, im Berlin des Westens. Was sind schon die Hackeschen Höfe gegen die noch original heruntergekommenen Bahnbögen von Ehrenfeld und den abgerockten Biergarten von „Bumann & Sohn“?
Die Kreativen der Körnerstraße haben es bisher nicht geschafft, die Kölsch-Kneipe „Em Höttche“ zu gentrifizieren wie die Hauptstadt-Hipster, die ohne veganes Hundewurst-Netzwerk auf dem Prenzlberg nicht überlebensfähig wären.
Der Tourismus-Chef lobt das kölsche Gleisdreieck mit der Schrottkunst im Odonien in unmittelbarer Nachbarschaft zu zwei Großbordellen. Dagegen ist die gleichnamige Berliner Bahnbrache mit ihren Wildwuchsflächen, die sich aus alten Gleisanlagen, Signalresten und Wassertümpeln entwickelt hat, tote Hose. So sehen in Köln alle Bahntrassen aus, auf denen Züge durch die Hinterhöfe der Stadt fahren.
Für die legendäre kölsche Büdchen-Kultur, die der Tourismus-Chef als sehenswert hervorhebt, ist es eher Auszeichnung als Anbiederei, dass es in Köln mindestens zwei Büdchen gibt, die sich nach dem Hauptstadt-Vorbild „Späti“ nennen. In Nippes und im Agnesviertel.
Das ist ein weiterer Beweis der legendären kölschen Toleranz einer Stadt, die aus seiner Sicht als Kulturstandort unterschätzt wird und den Sauftouristen den Kampf ansagt. Recht hat der Mann. Es ist nie zu späti!