Ehrenfeld – Jahrelang stand es leer. Kaum beachtet, trotz bester Lage im Szenestadtteil Ehrenfeld. Vor eineinhalb Wochen haben sich Hausbesetzerinnen das Haus einfach genommen. Sinnigerweise gaben sie ihrer neuen Bleibe den Namen „Elster 230“. Sie wollen daraus ein selbstverwaltetes Wohnhaus für obdachlose Frauen sowie ein feministisches Beratungszentrum machen.
Die Deutsche Bahn als Eigentümerin hat inzwischen reagiert und die Hausbesetzer aufgefordert, das Gebäude wieder zu verlassen. Laut den Besetzerinnen habe die Deutsche Bahn Immobiliengesellschaft dies zur Bedingung gemacht, um anschließend über einen möglichen Kauf zu verhandeln. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte eine Bahnsprecherin jedoch: „Das Gebäude ist wegen der Nähe zu stromführenden Leitungen und notwendiger Brandschutzauflagen nicht für den dauerhaften Aufenthalt von Personen und damit für eine Nutzung als Wohnraum geeignet. Im Falle eines Verkaufs muss das Gebäude gegebenenfalls sogar abgerissen werden. Insofern ist eine Umnutzung im Sinne der Besetzerinnen und Besetzer nicht realistisch.“
Nach Auskunft der Polizei-Pressestelle ist vom Eigentümer bereits Strafanzeige gestellt worden. Die rechtliche Beurteilung stehe aber noch aus. Derzeit hat die Polizei bei Streifenfahrten ein Auge auf das Haus. Es gibt auch Kontakte zu den Bewohnerinnen.
Die Zeichen stehen jedoch auf Konfrontation. „Der Forderung nach Räumung haben wir selbstverständlich eine Absage erteilt, wir werden sicher nicht unsere einzige reale Verhandlungsbasis freiwillig aufgeben“, sagte eine der Aktivistinnen, die sich Anna Meise nennt. Es einer von mehreren erfundenen Namen, um anonym zu bleiben. Auf den Gedanken, dazu Vogelnamen zu nehmen, kamen die Frauen, weil die Adresse des Hauses an der Vogelsanger Straße ist.
Erstes Gespräch war erfreulich
Zu Beginn hatte es noch anders ausgesehen. Das erste Gespräch mit dem Amt für Wohnungswesen der Stadt Köln sei „sehr erfreulich“ gewesen. „Das Amt zeigt sich offen für die Vision der Aktivisten und Aktivistinnen und ist bereit, sich mit an den Verhandlungstisch zu setzen“, berichtete die Besetzergruppe in einer ersten Mail. Sogar ein Verkaufsinteresse solle die Deutsche Bahn geäußert haben, man wolle nun Terminvorschläge für gemeinsame Verhandlungen.
Die Stadt dagegen wiegelt ab: „Eine Verwirklichung des angedachten Projekts an dieser Stelle setzt die Verhandlungsbereitschaft der Eigentümerin voraus“, erklärte eine Stadtsprecherin. Der Leiter des Wohnungsamtes stehe zwar in Kontakt mit der Gruppe, doch die Stadt habe keine Einflussmöglichkeiten.
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Das Projekt, das die Besetzergruppe im Haus Vogelsanger Straße 230 umsetzen möchte, nennt sich „Flint“. Es ist eine Abkürzung für Frauen, Lesben, Inter-, Nicht-binäre und Transidente Menschen. Die genaue Form der Nutzung soll noch in Form von Plenums-Sitzungen der verschiedenen beteiligten Gruppen erarbeitet werden. Dazu gehören die „Frauen der 1006“, eine Gruppe Obdachloser, die kurzzeitig Häuser an der Bergisch Gladbacher Straße 1006 besetzt hatten. Eingeladen ist auch die Initiative Agisra e.V., ein seit 1993 in Köln vertretener Verein, dessen Abkürzung für „Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung“ steht. Außerdem stehen die Besetzerinnen in Kontakt zum feministischen Projekt „Assata im Hof“. Beide Initiativen aus der Südstadt sind im Fortbestand bedroht, weil ihnen Räume gekündigt worden seien.
Klar ist, dass es ein von mehreren Initiativen getragenes Haus mit feministischem Arbeitsschwerpunkt bislang in Köln noch nicht gibt. Anna Meise meint: „Liebe Deutsche Bahn, ihr habt ein seit Jahren leerstehendes Haus, was sich noch im guten Zustand befindet, ihr habt augenscheinlich keine weitere Option für dieses Haus. Wir haben konkrete Ideen für eine sinnvolle Nutzung. Welchen Grund gibt es, dass ihr nicht mit uns verhandelt?“
Über den Zustand des Hauses hätten sich, so berichtet Besetzerin „Ellen Star“, Architektinnen bereits ein Bild gemacht und die Bausubstanz für in Ordnung befunden. Es müsse aber noch „viel Arbeit“ hineingesteckt werden.
www.elster230.wordpress.com