Köln – Die Stadtspitze stellt seit einiger Zeit am jeweiligen Jahresende eine Bilanz der eigenen Erfolge vor. Jeder Dezernent listet die Projekte auf, die er als besonders gelungen einschätzt. Ein Blick auf die diesjährige Auswahl zeigt allerdings, dass sich auf der Liste sehr viele Vorhaben wiederfinden, die sich lediglich in der Planung befinden und von einer tatsächlichen Umsetzung noch weit entfernt sind. So ergibt sich ein sehr durchwachsenes Bild der städtischen Erfolge.
„Wir hatten für 2020 klare Ziele formuliert – durch die Corona-Pandemie wurde einiges auf den Kopf gestellt, und die Stadtverwaltung stand vor neuen, vor unvorhergesehenen Herausforderungen“, sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Dieser Balanceakt habe dazu geführt, dass manche Projekte hinten anstehen mussten, andere wiederum seien so drängend, dass die Stadt mehr habe erreich und vorantreiben können. Die wichtigsten Ausschnitte der Eigen-Bilanz in der Analyse.
Verkehr (Andrea Blome)
Verkehrsdezernentin Andrea Blome hat ihre Leistungsbilanz mit den Worten „Mobilitätswende vorantreiben“ überschrieben. Darunter listet sie vor allem Bau- und Planungsbeschlüsse auf, die der Stadtrat während des laufenden Jahres gefasst hat – dazu zählen unter anderem die Umgestaltung der Berrenrather Straße, der Gürzenichstraße und der Neusser Straße, die Neuordnung des Verkehrs rund um die Messe in Deutz, die Ausweitung von Tempo 30 in der Innenstadt, der Bau einer breiten Treppenanlage vor St. Maria im Kapitol, der Neubau der Kragplatte am Rheinufer vor der Altstadt, die Erweiterung der Hohenzollernbrücke sowie der bau zweier Fußgänger- und Radfahrerbrücken am Rheinauhafen und an der Bastei. Das liest sich zwar sehr zukunftsgewandt. Fakt ist aber, dass das Verkehrsdezernat keines dieser Vorhaben im Jahr 2020 umgesetzt hat. Bislang handelt es sich lediglich um Pläne, die die Stadt in den kommenden Jahren realisieren will.
Tatsächlich umgesetzt hat das Verkehrsdezernat 2020 die Umwandlung einer Autospur in eine Radspur auf Teilabschnitten der Ringe, die Einrichtung von 15 neuen Fahrradstraßen, den Umbau von sechs freilaufenden Rechtsabbiegern und das Aufstellen von acht Elektro-Ladesäulen (400 sind geplant). Darüber hinaus hat die Stadt in der Altstadt 118 Parkplätze entfernt und 25 neue Ampeln in Betrieb genommen. Die KVB hat einen On-Demand-Bus als Pilotprojekt eingerichtet und den Stadtbahn-Takt verdichtet.
Bauen (Markus Greitemann)
Die Eigen-Bilanz des Baudezernenten Markus Greitemann spiegelt wider, dass sich im Jahr 2020 nur wenig getan hat. So beruft er sich darauf, im vergangenen Juni einen städtebaulichen Vertrag für die Umwandlung des Deutzer Hafens mit der Stadttochter Moderne Stadt geschlossen und den Neubau des Stadtarchivs weitestgehend fertiggestellt zu haben. Zu den weiteren Erfolgen gehört ein Teilbebauungsplan für ein Grundstück an der Sechtemer Straße, das den Auftakt für die Parkstadt-Süd bilden soll. Am Ebertplatz wurde das Interimskonzept verlängert – die geplante Neugestaltung lässt jedoch weiter auf sich warten. Für den neuen Stadtteil Kreuzfeld hat das Baudezernat eine Bürgerbeteiligung geplant, die aber erst 2021 beginnen wird. Die Digitalisierung der Baugenehmigungen wurde 2020 ausgeschrieben – nutzbar sind diese aber wohl erst 2022. Im Schulbau verzeichnet Greitemann 15 fertiggestellte Projekte.
Klima und Soziales (Harald Rau)
Dezernent Harald Rau hat im zurückliegenden April einen Klimarat ins Leben gerufen – Köln soll 2050 klimaneutral sein. Er verweist auf 480 Anträge für das Förderprogramm Altbausanierung sowie auf drei genehmigte Anträge für das Förderprogramm Smart-City Cologne. Die Begrünung von Fassaden und Hausdächern soll ausgeweitet werden. Die Stadt hat zudem begonnen, im Grüngürtel artenreiche Wiesen anzulegen – der Großteil soll allerdings erst 2021 umgesetzt werden. Für eine Stadt, die den Klimanotstand ausgerufen hat, liest sich diese Bilanz eher überschaubar.
Die Wohnungsaufsicht, die 2020 insgesamt nur 24 Bußgelder verhängte, hat Rau personell aufgestockt. Das bei den Anwohnern umstrittene Drogenkonsummobil am Neumarkt erhielt erweiterte Öffnungszeiten. Im Sozialprogramm „Lebenswerte Veedel“ sind nun alle zuvor noch offenen Stellen besetzt.
Die Stadt hat ein Familienbüro eröffnet, das Eltern von Kindern mit einem Alter von höchstens sechs Jahren berät. Eine Jugendberufsagentur befindet sich im Aufbau. Das digitale Jugendberatungsangebot konnte „aus technischen Gründen“ nicht wie geplant im laufenden Jahr starten. Dezernent Robert Voigtsberger verweist als Erfolg auf 1000 zusätzliche Kita-Plätze und acht neue Kindertagesstätten. Die Stadt baute außerdem das Angebot für den Offenen Ganztag aus und stellte 15 neue Schulsozialarbeiter ein. Auch Voigtsberger bezieht sich in seiner eigenen Bilanz auf Projekte, die noch nicht fertig sind, so etwa auf den Neubau für das Gelände der Kinder- und jugendpädagogischen Einrichtung in Brück, der erst im nächsten Jahr eröffnet wird.
Finanzen und Verwaltung (Dörte Diemert)
Nachdem Stadtdirektor Stephan Keller als Oberbürgermeister nach Düsseldorf gewechselt ist, hat Stadtkämmerin Dörte Diemert wichtige Verwaltungsaufgaben von ihm übernommen. So war sie 2020 unter anderem als Wahlleiterin für die OB- und Kommunalwahl verantwortlich. Diemert verweist als Erfolge darauf, dass die Stadt auf klimafreundliche Finanzanlagen setzt sowie auf eine Modernisierung der Kundenzentren mit Selbstbedienungsterminals. Bußgelder lassen sich seit diesem Jahr auch an der Supermarktkasse bezahlen. Eher dürftig ist angesichts der enorm langen Wartezeiten bei der Kfz-Zulassungsstelle der Verweis darauf, dass sich Autos ab 2021 auch im Internet an- und abmelden lassen.
Kultur (Susanne Laugwitz-Aulbach)
Die Bilanz des Kulturdezernates ist besonders bescheiden: Die geplante Warhol-Ausstellung im Museum Ludwig gehört noch zu den Höhepunkten, leider musste die Eröffnung verschoben werden, ein Teil der Ausstellung ist immerhin digital zu sehen. Ansonsten listet die Dezernentin die Entwicklung des Claims „Kultur lebt in Köln“ genauso auf wie das Social-Media-Video „Osterspaziergang“, das gar mit einem Videogruß der Oberbürgermeisterin aufwarten kann. Zudem arbeitet man an einem digitalen Kalender für Kulturveranstaltungen, der möglicher weise schon 2021 online gehen soll. Immerhin durchgeführt wurde eine Werbekampagne für die Kölner Kultur in Berlin mit „großformatigen Megalights“. Das Management der knappen Räume für Künstler und Kulturschaffende war der Verwaltung indes zu komplex – damit wurde eine Unternehmensberatung beauftragt.