Köln – Die Stadt könnte jährlich rund 65 Millionen Euro an Zuschüssen des Landes Nordrhein-Westfalen verlieren. Die schwarz-gelbe Landesregierung plant eine Neuberechnung des kommunalen Finanzausgleichs. Einer Mitteilung der Verwaltung an den Finanzausschuss zufolge würden Landkreise profitieren, kreisfreie Städte jedoch deutlich Einbußen hinnehmen müssen. Köln wäre die am stärksten betroffene Kommune. Stadtkämmerin Dörte Diemert schlug daraufhin Alarm.
Mit dem kommunalen Finanzausgleich beteiligt das Land die Gemeinden an NRW-eigenen Steuereinnahmen. Wer wie viel bekommt, hängt unter anderem vom Finanzbedarf der Kommune ab, etwa welche Fläche, wie viele Einwohner oder wie viel Sozialaufwendungen sie hat. Zugrunde gelegt wird außerdem die Finanzkraft der jeweiligen Gemeinde, und genau da setzt eine mögliche Änderung an, die die kreisfreien Städte benachteiligen würde.
Die Finanzkraft wird aktuell mit einem einheitlichen sogenannten Hebesatz berechnet. Nun jedoch soll es nach Willen der Landesregierung unterschiedliche Hebesätze für kreisfreie Städte wie Köln und kreisangehörige Gemeinden geben – wobei letztere einen höheren Satz bekommen sollen. „Es wird unterstellt, dass die kreisfreien Städte aufgrund ihrer Zentralität und Wirtschaftskraft grundsätzlich höhere Hebesätze bei den Grundsteuern und bei der Gewerbesteuer durchsetzen können, ohne hierdurch Wettbewerbsnachteile zu erleiden“, erläutert die Kämmerei. „Das bewirkt strukturell eine Umverteilung weg von den kreisfreien Städten hin zu den kreisangehörigen Städten und Gemeinden“.
Stadt: „Inakzeptabel und verfassungswidrig“
Würde die Berechnung so bleiben wie bislang, bekäme Köln etwa 32 Millionen Euro mehr an Zuweisungen. Mit der geplante neuen Berechnung würde Köln dagegen rund 33 Millionen Euro weniger bekommen. „Der strukturelle jährliche Effekt ist somit mit rund 65 Millionen Euro zu beziffern“, rechnet die Verwaltung. Und das nicht nur im kommenden Jahr. „Diese negativen Verteilungseffekte kämen jedes Jahr zu Tragen.“
Das Land wolle eine „verfassungsrechtlich fragwürdige Ungleichbehandlung der kreisfreien Städte einführen“, kritisiert die Kämmerin in der Mitteilung und wird wenig später noch deutlicher: Die vorgesehenen „Eingriffe in die Ausgleichsystematik des kommunalen Finanzausgleichs“ sei „inakzeptabel und verfassungswidrig“. Deshalb beabsichtige die Stadt, sich gemeinsam mit anderen Städten an einer Verfassungsbeschwerde zu beteiligen.
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„Die pauschale Benachteiligung von großen Städten ergibt keinen Sinn und verursacht schwere finanzielle Nachteile für Städte wie Köln“, moniert Sandra Schneeloch, finanzpolitische Sprecherin der Kölner Grünen. „65 Millionen Euro weniger will die schwarz-gelbe Landesregierung unserer Stadt zugestehen. Genauso hoch liegen die erwarteten Verluste der Kölner Messe durch Corona für dieses Jahr. Wir sind auf dieses Geld angewiesen und können die Einschnitte angesichts des gewaltigen Finanzbedarfs für die Pflege und den Ausbau der Kölner Infrastruktur nicht hinnehmen.“ Diemert habe bei der Verfassungsbeschwerde „unsere volle Unterstützung“, sagt Schneeloch. „Wir teilen die Einschätzung der Verwaltung. Daher unterstützen wir, dass alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden, um einen höheren Finanzierungsanteil für Köln zu erreichen“, erklärt auch Niklas Kienitz (CDU).
FDP kritisiert Landes-CDU
Er ist indes in der schwierigen Lage, dass seine Partei Teil der Landesregierung ist, die die neue Rechenweise des Finanzausgleichs im Dezember im Landtag beschließen möchte. Zu ebenjener Regierung gehört auch die FDP. Doch zumindest die Kölner Liberalen wollen von der Novelle nichts wissen. „Die CDU ist stark im ländlichen Raum und möchten ihren Leuten dort etwas Gutes tun“, mutmaßt Ulrich Breite Geschäftsführer der FDP-Ratsfraktion. „Eine Benachteiligung der kreisfreien Städte ist nicht tragbar“, sagt Breite weiter.
„Wir sind ohnehin schwer gebeutelt durch Corona; die Pandemie kostet uns langfristig hunderte Millionen. Die CDU/FDP-geführte Landesregierung sendet ein fatales Signal mitten in einer epochalen Krise. Die Millionen, die Köln künftig weniger bekommen soll, werden an vielen Stellen fehlen, zum Beispiel beim Bau von Kindergärten oder Schulen“, sagt Gerrit Krupp, finanzpolitischer Sprecher der SPD und Vorsitzender des Finanzausschusses. „Eine so dramatische Benachteiligung, von der Köln am stärksten betroffen wäre, hat es in den letzten 20 Jahren nicht gegeben. Der neue Ministerpräsident Hendrik Wüst sollte sich nicht wegducken, sondern seine Minister in die Schranken weisen“, zürnt Jörg Detjen (Linke).
Auch der Städtetag NRW unterstützt die verfassungsrechtliche Überprüfung der neuen Berechnungsmethode, sagt die Verwaltung.