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Fünf-Milliarden-Etat in KölnOpposition kritisiert Haushaltsplan als „unambitioniert“

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radweg richard wagner straße

Viele Ratsparteien möchten mehr Geld in den Ausbau von Radwegen stecken.

Köln – Kämmerin Dörte Diemert ist nicht zu beneiden. Die Stadtverwaltung war auf einem guten Weg, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Doch dann kam die Corona-Pandemie und zerschlug alle Träume von einem Etat ohne neue Schulden. Bund, Land und Kommunen mussten Milliarden aufwenden, um die Wirtschaft in Gang zu halten und Arbeitsplätze zu retten. Gleichzeitig verzeichneten die Kommunen massive Einbußen bei Gewerbe- und Umsatzsteuer. Als Diemert nun dem Finanzausschuss den Haushaltsplan vorlegte, sprach sie folglich von „erschwerten Bedingungen“ bei der Ausarbeitung: „Es war wegen Corona sehr herausfordernd.“ Mit rund 5,27 Milliarden Euro Ausgaben rechnet Stadt Köln im kommenden Jahr (der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete). Dem gegenüber stehen jedoch nur etwas mehr als fünf Milliarden Euro Einnahmen, was also ein sattes Defizit von deutlich mehr als 200 Millionen Euro bedeutet.

Nun haben die Finanzpolitiker der Ratsparteien im Ausschuss ihre Änderungswünsche formuliert. Angesichts der Umstände erntete Diemert fraktionsübergreifend nachgerade mitfühlendes Lob für ihren Haushaltsentwurf. Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt verabschiedete den Haushaltsplan. Gleichzeitig brachte es eigene Änderungen ein und lehnte die Vorschläge anderer Parteien ab. SPD, Linke und FDP votierten gegen den Etat. Die finale Entscheidung trifft der Rat im November.

Mehr für Kulturförderung

„Wir fanden uns in den großen Beträgen sehr gut wieder“, bewertete Sandra Schneeloch, finanzpolitische Sprecherin der Grünen, den Haushaltsplan. Dennoch brachten sie und ihre Bündnispartner einige Änderungsvorschläge ein, in denen bestimmte Posten mehr Geld bekommen sollen. Für verschiedene Umwelt- und Klimaschutzvorhaben, etwa Ersatzpflanzungen von Straßenbäumen oder die Pflege von Naturschutzgebieten, sollen insgesamt weitere 1,7 Millionen Euro fließen, für Projekte für Stadtentwicklung und Wirtschaft 1,5 Millionen. Unter anderem möchte das Ratsbündnis ein „zusätzliches Digitalisierungspaket“ für eine Million Euro schnüren, Sportplätze sanieren, weitere 500.000 Euro in den Radwegeausbau stecken und mehr als zehn Millionen Euro in die Kulturförderung. Manche Punkte finden sich auch bei den anderen Fraktionen wieder, etwa eine bessere Obdachlosenhilfe oder den Erhalt des Projekts „Stadtteilmütter“.

Alles zum Thema Bernd Petelkau

„Der Haushaltsentwurf ist solide finanziert“, sagte CDU-Chef Bernd Petelkau, „ohne Corona hätten wir im nächsten Jahr die schwarze Null.“ „Durch stabile“ – also nicht erhöhte – „Steuern stärken wir die Wirtschaft.“ Es sei sinnvoll, mehr Mittel für die Digitalisierung bereit zu stellen und in eine beschleunigte Bauleitplanung zu investieren, um schnelleren Wohnungsbau zu ermöglichen. Mit speziellen „Masterplänen“ sollen Sicherheit und Sauberkeit verbessert werden. Petelkau ging die SPD hart an. In den Jahren unter SPD-Führung sei in Köln „nichts passiert“, etwa im Schulbau. Und mit Umschichtungen aus der Kulturförderabgabe wolle die SPD in ihren Änderungsvorschlägen die freie Kulturszene „radikal beschneiden.“

„Keine zehn Kilometer Radweg“

Petelkau bezieht sich bei der letztgenannten Kritik auf das Vorhaben der Sozialdemokraten, aus der Kulturförderabgabe 4,5 Millionen Euro abzuziehen, um sie unter anderem als „Veedelsgeld“ in Projekte und Maßnahmen zu geben, die das Zusammenleben der Menschen in den Stadtteilen fördert. Den gesamten Haushaltsentwurf bewertete SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten als „zu unambitioniert“. Er lasse nicht erkennen, „wie Köln aus der Krise herauskommen soll.“ Unter anderem fordert die SPD einen kommunalen Wohnungsbaufonds in Höhe von 500 Millionen Euro über die nächsten fünf Jahre, um damit jährlich 2000 neue, öffentlich geförderte Wohnungen zu errichten. Auch müssten Kitas gebührenfrei sein und weit mehr als im Etat vorgesehen in die digitale Ausstattung der Schulen investiert werden. Als einen wichtigen Punkt stellte Joisten die personelle Ausstattung der Verwaltung heraus, die dringend verbessert werden müsse. Denn aktuell sei die Verwaltung „nicht in der Lage, ihre Aufgaben im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zufriedenstellend zu erledigen.“ Die Pläne zur Förderung von Radwegen hält Joisten für unterfinanziert, „damit schaffen Sie im nächsten Jahr keine zehn Kilometer Radweg.“

„Mutlos und ohne Veränderungswille“ sei der Haushaltsplan, kritisierte Güldane Tokyürek, Fraktionschefin der Linken, auch wenn sie durchaus „gute Ansätze“ sehe. Einige sozialen Projekte wie die Arbeitslosenzentren würden gefördert, was sie lobte - jedoch als nicht ausreichend bemängelte. Des Weiteren solle unter anderem der Öffentliche Nahverkehr ab dem kommenden Jahr für Schülerinnen und Schüler kostenlos sein, ebenso die Kitas für einkommensschwache Familien. Auch die Linken haben einen eklatanten Personalmangel bei der Verwaltung identifiziert, der behoben werden müsse. Damit die defizitären Kliniken der Stadt Köln in städtischer Hand bleiben, müsse ihnen ein Darlehen über 50 Millionen Euro gewährt werden, um Investitionen zu tätigen. Auch die Bezirksvertretungen möchte die Linke stärken und mit zehn Millionen Euro eine „Solargenossenschaft“ gründen, um Dächer und Fassaden städtischer Gebäude für die Nutzung von Sonnenenergie zu ertüchtigen.

Stadt mahnt Haushaltsdisziplin an

„Wir hatten einen Wumms erwartet, es ist aber ein laues Lüftchen“, kommentierte FDP-Geschäftsführer Ulrich Breite den Haushaltsplan. Auf den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs und der Digitalisierung sowie der Schaffung neuen Wohnraums „reagiert der Haushalt mit Stillstand.“ Auch sei die Kalkulation der zu erwartenden Steuereinnahmen wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie „vorsichtig ausgedrückt, sehr ambitioniert“, monierte Breite.

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Am 9. November wird der Stadtrat in seiner Sitzung final über den Haushalt abstimmen. Dann wird sich zeigen, welche der nun angebrachten Vorschläge der Parteien dort Niederschlag finden. Die Verwaltung warnt aber schon jetzt vor zu großen Sprüngen und mahnt eine „dauerhaft strenge Haushaltsdisziplin“ an. Und sollte es sogar „ungeplante Verbesserungen“ geben, sollten diese „nicht zur Finanzierung neuer Daueraufgaben“ verwendet werden, sondern zum Schuldenabbau oder zur „Sanierung des Vermögens“. Nur so könne die Stadt dauerhaft handlungsfähig bleiben. „Erklärtes Ziel ist es, bis 2025 wieder zu einem strukturell ausgeglichenen Haushalt zurückzukehren“, sagte die Verwaltung.