Köln – Rund elf Monate ist es her, dass der Bürgerverein Kölner Eigelstein einen „Hilferuf“ an Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke richtete. Anlass waren die Zustände in der Weidengasse. Der Verein beklagte sich über die „stetig steigende Zahl der Grillrestaurants mit extrem giftigen Abgasen“ und auch darüber, die Kunden der Imbissbetriebe würden im gesamten Viertel Essensreste und Abfall hinterlassen, die Vielfalt der Geschäfte schwinde, und sowohl das Tempolimit als auch die Parkregeln würden missachtet.
Der von 235 Unterzeichnern unterstützte „Hilferuf“ hatte Wirkung – zumindest, was die „Abgase“ angeht. Die Stadt gab ein „Geruchsgutachten“ in Auftrag, das in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt Gegenstand einer Aktuellen Stunde war
Weidengasse: Finale Ergebnisse des Geruchsgutachten gibt es erst im Mai
Katrin Wieland vom Umwelt- und Verbraucherschutzamt legte den Stand der Dinge dar. Zur Enttäuschung der Politiker sagte sie, zwar seien in der zweiten Februarwoche amtsintern Ergebnisse präsentiert worden, doch erst im Mai sei es soweit, sie zusammenhängend in einem Gesamtgutachten mit Schlussfolgerungen zu veröffentlichen. Mehrmals machte sie deutlich, es müssten gerichtsfest „schädliche Umwelteinwirkungen“ nachgewiesen werden, die gegen die Geruchsimmissionsrichtlinie verstoßen, bevor die Verwaltung „ordnungsbehördliche Maßnahmen“ ergreifen könne.
Bisher gebe es keine rechtliche Handhabe, den Betrieben, die mit einem Holzkohlegrill arbeiten, den Einbau einer bestimmten Filtertechnik vorzuschreiben, der mit hohen Kosten verbunden sei. Die Abluftanlagen der Lokale würden regelmäßig überprüft; Beanstandungen habe es bislang nicht gegeben, die Grenzwerte würden eingehalten. Allerdings gelte es, zweierlei zu unterscheiden: die Messung direkt an der Abluftanlage, die ein Schornsteinfeger vornehme, und die Berechnung, durch die festgestellt wird, wie weit die Emission in die Nachbarschaft hineinwirkt. Zudem betonte Wieland, das Geruchsgutachten treffe keine Aussage darüber, ob die Emissionen giftig seien.
Kölner Weidengasse: Seit 2003 Angebot von Grillrestaurants gewachsen
2003 bot der erste Gastronom in der Weidegasse auf Holzkohle gegrillte Kebabspieße an. Mittlerweile gibt es sechs solcher Lokale mit insgesamt zehn Abluftanlagen. Christian Döring, Kinderarzt aus dem Viertel, sagte, der Qualm enthalte große Mengen an Feinstaubpartikeln, was sehr wohl ein „toxikologisches Problem“ darstelle, eines, das besonders Kinder und Schwangere betreffe. Auch Burkhard Wennemar, Vorsitzender des Bürgervereins, hob darauf ab, das Problem gehe über die Geruchsbelästigung hinaus, und berief sich auf einen Experten des Fraunhofer-Instituts, als er sagte: „Da, wo Geruch ist, ist auch Gift.“
Überdies brachte er das Bundesimmissionsschutzgesetz ins Spiel, nach dem „nicht genehmigungsbedürftige Anlagen“ so zu errichten und zu betreiben sind, dass „nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden“ müssen. Nach dem „Stand der Technik“ könnten rund 90 Prozent der Gerüche herausgefiltert werden, sagte Wennemar. Vorbildlich sei Mannheim; dort forciert die Verwaltung die Nachrüstung mit Filteranlagen.
Stadt Köln fehlt derzeit Rechtsgrundlage, um Maßnahmen anzuordnen
Katrin Wieland beharrte darauf, dass die Stadt für eine Intervention eine Rechtsgrundlage brauche; die bestehende sei nicht so eindeutig, „als dass wir sofort handeln könnten“. Bezirksbürgermeister Hupke sagte zur Dringlichkeit der Aufgabe, eine Lösung zu finden, das Problem sei bei weitem „nicht eigelsteinspezifisch“. Beschwerden diese Art kämen auch von Anwohnern des Zülpicher Platzes, aus Ehrenfeld und Mülheim. Er wies ebenfalls auf das Beispiel Mannheim hin und bemerkte, die Stadt zeige „erheblich stärkeren Biss“, als es die Kölner Verwaltung bisher tue.