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Georgische Priester und afrikanische DiktatorenWie ein Kölner die Trikots fast aller Länder sammelt

Lesezeit 4 Minuten
Sammler Andy Bunk vor einem Teil seiner Sammlung

Das Deutschlandtrikot von 1994 weckte Andy Bunks Leidenschaft. Seine Sammlung zählt mittlerweile fast 800 Trikots.

Andy Bunk hat alle 211 Trikots der FIFA-Mitgliederländer gesammelt. Wie ihm das gelang und was er jetzt noch vorhat.

Zu fast jedem Trikot, das in seinem Arbeitszimmer hängt, kann Andy Bunk eine erstaunliche Geschichte erzählen. Sie führen in den Keller von Uli Borowka, zu dschibutischen Nationalspielern oder nach Äquatorial-Guinea, zur persönlichen Schneiderin des Diktators.

Fast 800 Nationaltrikots umfasst die erstaunliche Sammlung von Andy Bunk mittlerweile. Darunter sind seit diesem Sommer, auch alle Trikots der 211 FIFA-Mitgliedstaaten. Als einem der ersten Sammler in Deutschland und wenigen Menschen weltweit, ist es Andy Bunk gelungen, diese Sammlung zu vervollständigen. Im Gespräch mit ihm wird klar, warum das so schwer ist.

„Zum Glück dünsten die ganz gut aus“

„Ich war schon immer so ein Länder-Nerd“, sagt der 38-jährige Förderschullehrer. Hinter ihm hängen dicht an dicht etwa 100 bunte Trikots auf einer Kleiderstange. Darüber, an der Wand, weitere Shirts: die besonderen Highlights seiner Sammlung.

Ein im Spiel getragenes Trikot der italienischen Fußball-Legende Paolo Maldini oder das Trikot von Antonio Rüdiger, das er im Viertelfinale der vorletzten EM getragen hat. Dafür, dass viele der Stoffe hier im Spiel getragen wurden, riecht es im Zimmer erstaunlich frisch. „Zum Glück dünsten die Trikots ganz gut aus“, sagt Bunk lachend. Seit 2019 arbeitet er an seiner Sammlung.

Trikots im Kleiderschrank

Auch Bunks Kleiderschrank ist prall gefüllt mit Fußball-Garderobe.

„Ich interessiere mich aber eher für die kleineren Nationen“ stellt Bunk klar: „Ein altes Deutschlandtrikot habe ich schon hundertmal gesehen, aber wenn ich durch Zufall ein altes Trikot einer kleinen Nation sehe, denke ich mir: Cool, das hat noch keiner.“

Zwei Jahre Recherche für ein Dschibuti-Trikot

Dafür recherchiert er schonmal mehrere Jahre hinter einem einzigen Trikot hinterher. An der Tür hängt ein Dschibuti-Trikot. „Das sind die Trikots, die am schwierigsten zu bekommen sind“, sagt er, während er das blaugrüne Trikot zeigt.

Die Trikots sind nicht im freien Verkauf und die Mannschaft macht nur selten Spiele. Schwierig also an den begehrten Stoff zu kommen, für Sammler wie Bunk aber eine willkommene Herausforderung.

Über 100 Spieler und Mitarbeiter der Nationalmannschaft des ostafrikanischen Staats hat er angeschrieben. In Internetforen, auf Social Media und Ebay machte er auf sein Gesuch aufmerksam. Lange ohne Erfolg. Nichtmal die deutsche Botschaft konnte ihm ein Shirt organisieren.

Nach zweijährigen Bemühen klappte es dann doch, ein Mitarbeiter der Nationalmannschaft hatte ihm ein Trikot besorgt. Über einen Briten, der in Dschibuti arbeitete und das Trikot nach Europa mitnahm, landete das Shirt schließlich bei Andy Bunk im Briefkasten in Köln.

Trikot-Jagd im Internet

Die Geschichte zeigt: Bunk steht nicht mit Pappschild im Stadion. Seine Trikotjagd findet im Internet statt. Über Whatsapp-Gruppen, Internetforen und Social Media ist er gut mit anderen Sammlern und Mannschaftsbetreuern vernetzt. Er hat zahlreiche vorgefertigte Ebay-Suchanfragen, die er morgens in der Hoffnung nach neuen Fundstücken abklappert.

Trikot vor seinem Kleidschrank

Für das Israel-Trikot (oben links) wurden ihm schon einmal 1500 Euro geboten

Eine davon brachte ihn unverhofft in Kontakt mit dem ehemaligen Gladbach-Spieler Uli Borowka. „Als ich den Namen auf seinem Ebay-Profil sah, klingelte es natürlich direkt bei mir.“ Bunk fragte beim als „Eisenfuß“ bekannten Abwehrspieler, ob er noch weitere Trikots habe. „Dann hat er bei sich im Keller gewühlt und noch ein altes Israel- und Ägypten-Trikot gefunden und mir verkauft“, erzählt Bunk.

Von Priestern und Diktatoren

Nicht nur die Menge, sondern auch die Wege, die die Trikots zurücklegen, bis sie in Bunks Kleiderschrank landen, machen seine Sammlung so außergewöhnlich. Vom FIFI-Wild-Cup 2006 in Sankt Pauli, von dem er ein Trikot von Grönland ergatterte, über einen georgischen Priester, der die Kinder der Nationalspieler tauft und Bunk ein im Spiel getragenes georgisches Trikot der diesjährigen EM besorgte: Hinter jedem Hemd steckt eine kuriose Geschichte. Einmal ließ er sich sogar eine komplette Ladung von 30 Guayana-Trikots anfertigen, um das Trikot der Britischen-Jungferninseln sein Eigen nennen zu können.

Bis in höchste politische Sphären hat ihn seine Leidenschaft schon gebracht. Um an ein Trikot der Frauenmannschaft von Äquatorial-Guinea zu kommen, nahm er Kontakt zu einer Frau in Spanien auf, die zwei Trikots im Internet anbot. „Am Ende stellt sich heraus, dass sie nicht nur die Trikots der Nationalmannschaft macht, sondern auch die persönliche Schneiderin vom Diktator Teodoro Obiang ist und eigentlich seine Anzüge maßschneidert“, erzählt Bunk.

Mit den 211 FIFA-Trikots hat er jetzt einen lang ersehnten Meilenstein erreicht. Der 38-jährige träumt davon, die Trikots mit den zahlreichen Anekdoten einmal in einer Ausstellung zu zeigen. Auf seinem Internet-Blog und Instagram-Kanal listet er die Trikots schon fein säuberlich auf.

„Früher wollte ich mal alle Länder der Welt bereisen, als Lehrer ist das jetzt natürlich schwierig“, sagt er. Durch seine Leidenschaft kommt er vielleicht doch noch mit allen Staaten in Kontakt, auch mit den kleinsten. Sein neues Ziel: die Trikots aller Länder der Welt im Schrank hängen zu haben. Zwei ozeanische Inselstaaten fehlen noch: Kiribas und Palau. Seine Fühler hat Andy Bunk aber schon längst nach Ozeanien ausgestreckt.