Köln – Schildergasse und Hohe Straße gehören zu den am meisten frequentierten Einkaufsstraßen Deutschlands. Gekauft wird hier trotz aller Krisen immer noch – aber Umfragen haben gezeigt, dass die Passanten mit dem Umfeld nicht zufrieden sind: Zu wenig Plätze zum Ausruhen, zu wenig Grün, Leerstände, viel Schmuddel, kinderfeindliche Umgebung. Seit 40 Jahren hat sich auf den Meilen städtebaulich im Grunde nichts verändert.
In Zahlen stellt sich das so dar: Für mehr als 110.000 Passanten, die sich an einem Samstag hier durchschieben, stehen gerade einmal neun Sitzbänke zur Verfügung. Auf 54 Fast-Food-Läden kommen zwei Spielplätze und auf einer Fläche von 43 Fußballfeldern gibt es nur 205 Bäume.
Zweite Ebene für Hohe Straße und Schildergasse
Die Studierenden der TH Köln vom Fachbereich Architektur (Masterstudiengang Städtebau NRW) haben sich nun auf Anregung des Vereins Stadtmarketing und der Initiative Kölner Handelslagen, in der auch Immobilienbesitzer und die Stadt vertreten sind, in ihrer Semesterarbeit Gedanken gemacht, wie man die Straßen menschenfreundlicher machen könnte. „Einkaufen ist nicht genug“ ist der sinnige Titel.
Der originellste Vorschlag steht unter dem Motto „Himmel un Äd“: Die Straßen sollen durch eine zweite Ebene erweitert werden. Schmale Brücken, die von Hausdach zu Hausdach gehen, sollen die Möglichkeit geben, dem Gedränge vor allem in der Hohe Straße zu entfliehen. „Denn eigentlich will ja jeder schnell wieder aus der vollen Straße raus“, so ein Student.
Grünfläche auf Parkhausdächern
Auf Parkhausdächern könnten außerdem kleine Grünbereiche entstehen, in denen man sich erholen kann. „Via Spectacularis“ haben die Studenten diese Brückenverbindungen getauft – in Anlehnung an die geplante Via Culturalis auf der unteren Ebene. Denn von oben hätte man einen tollen Ausblick auf die Stadt und den Dom. „Den gibt es bisher höchstens aus dem Fitness-Studio in der obersten Etage.“
Zweiter Schwerpunkt der Vorschläge: ungenutzte Plätze beleben. In den Seitenstraßen fänden sich einige Flächen, die versteckt, vergessen und versiegelt daliegen, etwa der Laurenzplatz. Hier könnten mit Sonnensegeln und Wasserspielen Ruhezonen für Familien geschaffen oder auch Kultur geboten werden. Ausgebaut werden könnte auch der Knotenpunkt Schildergasse und Hohe Straße, wo man bisher nur auf den Steinen rund um den Brunnen sitzen kann. Hier könnten Sitzgelegenheiten und eine Pop-up-Bühne geschaffen werden.
Nord-Süd-Fahrt verschwindet im Tunnel
Auch der Offenbachplatz sollte belebt werden mit einer Bühne und einem Kiosk. Und dazu kommt ein Vorschlag, für den schon oft plädiert wurde: Die Nord-Süd-Fahrt sollte in einem Tunnel verschwinden, die Fläche begrünt werden, um so eine schöne Verbindung zwischen den bisher hart getrennten Innenstadt-Bereichen zu schaffen.
Die Studierenden sind Straßen und Plätze immer wieder abgegangen, haben vermessen und gezählt. Ihre Vorschläge sind Visionen, mit Statikern und Hausbesitzern haben sie nicht gesprochen, ob etwa die Brücken tatsächlich umsetzbar wären. Professorin Yasemin Utku, die das Projekt betreut hat, sagt: „Wir wollen die Diskussion befeuern und auch ein wenig provozieren.“ Sie hofft, dass es kein Schubladenentwurf wird.
Die Pläne der Studierenden sind in den Fenstern der ehemaligen Wempe-Filiale an der Hohe Straße/Ecke Schildergasse zu sehen. Am 11. Oktober findet im Haus der Architektur eine Diskussion zu den Vorschlägen statt. Am 15. Oktober bieten die Studierenden im Rahmen des Aktionstages Innenstadt Führungen, an und am 20. Oktober gibt es am Ausstellungsraum eine offene Diskussion.