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ZwangsversteigerungUnternehmer siegt gegen Russland

Lesezeit 4 Minuten

Franz Sedelmayer streitet seit 18 Jahren mit der Russischen Föderation vor Gericht.

Franz Sedelmayer kämpft gegen niemand geringeren als die Russische Föderation – und gewinnt. Der Münchner Geschäftsmann erhebt Entschädigungsansprüche gegen Russlands Regierung in Millionenhöhe. Deshalb wurde nun das Haus Aachener Straße 240-244, einst Sitz einer sowjetischen Handelsvertretung, beim Amtsgericht Köln zu seinen Gunsten zwangsversteigert. Zwar wird das Zuschlagsgebot erst am kommenden Mittwoch offiziell verkündet, aber Sedelmayers Anwalt Reiner Heyer rechnet damit, dass durch die Auktion etwa 600 000 Euro auf das Konto seines Mandanten fließen. Und die nächsten Zwangsvollstreckungen gegen die Russischen Föderation hat Sedelmayer bereits in die Wege geleitet.

Anfang der 1990er ging Franz Sedelmayer nach St. Petersburg, um mit seiner Firma unter anderem die russische Miliz mit Uniformen und kugelsicheren Westen auszustatten. Der damalige russische Präsident Boris Jelzin ließ Sedelmayers Firmensitz, eine aufwendig sanierte Gründerzeitvilla, enteignen. Dagegen ging der Münchener, der heute in Frankreich lebt, juristisch vor – mit Erfolg. 1998 verurteilte das internationale Schiedsgericht in Stockholm Russland zu 4,9 Millionen Euro Entschädigungszahlung. Das Kammergericht Berlin entschied, dass die Ansprüche in Deutschland vollstreckt werden könnten. Seitdem sucht Sedelmayer nach pfändbarem russischen Eigentum. Nachdem der Versuch scheitere, bei einer Raumfahrtausstellung in Berlin eine russische Rakete zu konfiszieren, kaprizierte er sich auf Immobilien. (og)

Seit 18 Jahren liefert sich der Bayer einen beispiellosen Gerichtsstreit mit der Russischen Föderation. Damals hatte er mit Geschäftspartnern eine Villa in Sankt Petersburg als Firmensitz übernommen und für viel Geld sanieren lassen. Der damalige Russische Präsident Boris Jelzin wollte jedoch den prunkvollen Bau als Residenz nutzen und enteignete Sedelmayer kurzerhand. Ihm sei dadurch ein Schaden in Höhe von etwa fünf Millionen Euro entstanden, sagt er.

Alles zum Thema Aachener Straße (Köln)

Die holt er sich jetzt mit immer neuen Zwangsvollstreckungen Stück für Stück zurück. Dazu macht er sich in ganz Europa auf die Suche nach Immobilien, die dem russischen Staat gehören – um sie pfänden zu lassen. Fündig wurde er dabei vor allem in Köln. Ein Haus der Russischen Regierung an der Friedrich-Engels-Straße in Sülz kam bereits zu Sedelmayers Gunsten unter den Hammer.

Anwalt spricht von einem Trick

Nun also das Gebäude Aachener Straße 240-244. Dessen Verkehrswert liegt bei 1,3 Millionen Euro. Doch so einfach gibt sich die Russische Föderation nicht geschlagen. Sie übertrug einer Russischen Firma, die zu 100 Prozent dem Kreml gehört, ein langfristiges Nutzungsrecht für die Gebäude. Somit kann die Firma bei der Zwangsvollstreckung mitverhandeln. Grundstück und Gebäude an der Aachener Straße sind in vier Flurstücke unterteilt.

Mit einem juristischen Winkelzug schafften es die Anwälte der russischen Firma, ein entscheidendendes Flurstück des Gebäudes aus der Auktion herauszunehmen: der Trakt mit Toreinfahrt und Eingängen. Ein Käufer könnte also alle anderen Gebäudeteile ersteigern, käme aber nicht herein, weil ihm der Eingang nicht gehört. „Damit ist das Gebäude im Grunde nutzlos. Es schreckt die Bieter ab. Das war ein Trick“, sagt Anwalt Heyer. „Das war ein schlichter Betrugsversuch“, sagt Sedelmayer. Und tatsächlich: Es gingen kaum Gebote ein.

Schließlich bekam die russische Firma für rund 600 000 Euro den Zuschlag, der in der kommenden Woche rechtmäßig verkündet werden soll. „Die wollen es in der Zwangsversteigerung kaufen, um es später teurer weiter zu veräußern“ und somit den Schaden für die russische Regierung gering zu halten, glaubt Anwalt Heyer. Seinem Mandanten ist dieser Ausgang dennoch recht. „Mehr war unter diesen Umständen nicht zu holen“, sagt Sedelmayer.

Sedelmayer will weiter kämpfen

Die nächsten Zwangsvollstreckungen stehen bald an. In der Friedrich-Engels-Straße werden in den nächsten Monaten zwei weitere russische Objekte zwangsversteigert, sagt der Unternehmer. Verkehrswert der Häuser: 5,1 Millionen Euro. Auch im schwedischen Lidingö soll eine ehemalige russische Handelsvertretung zwangsvollstreckt werden, die laut Sedelmayer etwa sieben Millionen Euro wert ist. Und er wird weiter nach pfändbarem russischen Eigentum suchen. Und hat nicht nur Immobilien im Sinn. „Sollte ich erfahren, dass die russische Regierung Ersatzteile bei Mercedes bestellt hat, versuche ich, die zu pfänden. Die Russen werden noch viel von mir hören“, sagt er und lacht.